Leitsatz

Art. 26 der 6. EG-RL ist dahin auszulegen, dass er auf den isolierten Verkauf von Opernkarten durch ein Reisebüro ohne Erbringung einer Reiseleistung nicht anwendbar ist.

 

Normenkette

Art. 26 der 6. EG-RL (§ 25 UStG)

 

Sachverhalt

Minerva verkaufte u.a. auch Eintrittskarten für die Oper im eigenen Namen und auf eigene Rechnung an Endabnehmer und Reisebüros ohne Zusammenhang mit anderen von ihr erbrachten Leistungen – wie Unterbringung, Stadtführung, Shuttleservice, Bewirtung. FA und FG hielten im letzten Fall die Sonderregelung für Reisebüros nicht für anwendbar.

 

Entscheidung

Der EuGH bestätigte im Ergebnis die Auffassung von FA und FG.

 

Hinweis

1. Der XI. Senat hatte dem EuGH die Frage vorgelegt, ob die "Sonderregelung für Reisebüros" in Art. 26 der 6. EG-RL auch für den isolierten Verkauf von Opernkarten durch ein Reisebüro ohne zusätzlich erbrachte Leistungen gilt. Der EuGH hatte im Urteil Van Ginkel (vom 12.11.1992, C-163/91, Slg. 1992, I-5723) entschieden, auch wenn ein Reiseveranstalter einem Reisenden nur eine Ferienwohnung zur Verfügung stelle, sei dies kein hinreichender Grund dafür, diese Leistung vom Anwendungsbereich des Art. 26 der 6. EG-RL auszuschließen, denn auch diese Leistung könne mehr als eine Leistung umfassen, da neben der Vermietung der Wohnung noch Leistungen wie die Unterrichtung und Beratung treten, durch die der Reiseveranstalter für Ferien- und Wohnungsbuchungen eine große Auswahl anbietet.

2. Nunmehr besteht Klarheit: Art. 26 Abs. 1 der 6. EG-RL betrifft – wie § 25 UStG –"Reiseleistungen" von Unternehmern, soweit sie gegenüber den Reisenden im eigenen Namen auftreten und für die Durchführung der Reise Lieferungen und Dienstleistungen anderer Steuerpflichtiger in Anspruch nehmen. Aus dem Wortlaut dieser Bestimmung ergibt sich, dass eine Leistung eines Reisebüros nur dann unter diese Sonderregelung fällt, wenn sie die Durchführung einer Reise betrifft. Zweck der Sonderregelung für Reiseleistungen ist die Anpassung der Mehrwertsteuerregelungen an die Besonderheiten der Tätigkeit von Reisebüros und Reiseveranstalter. Charakteristisch hierfür ist, dass sie sich regelmäßig aus der Erbringung mehrerer Leistungen, insbesondere Beförderungs- und Unterbringungsleistungen, zusammensetzt, die teils im Ausland, teils in dem Land erbracht werden, in dem das Reisebüro seinen Sitz oder eine feste Niederlassung hat. Die Anwendung der allgemeinen Bestimmungen über Leistungsort, Besteuerungsgrundlage und Vorsteuerabzug würde für diese Unternehmen aufgrund der Vielzahl und der Lokalisierung der erbrachten Leistungen zu praktischen Schwierigkeiten führen, die die Ausübung ihrer Tätigkeit behindern würden

3. Der EuGH stellt klar, aus dem Urteil Van Ginkel (vom 12.11.1992, C-163/91, Slg. 1992, I-5723) lasse sich nicht ableiten, dass jede isolierte Leistung, die ein Reisebüro oder ein Reiseveranstalter erbringe, unter die Sonderregelung falle. Aus dem Urteil ergebe sich lediglich, dass die Unterbringungsleistung eines Reisebüros in den Anwendungsbereich dieser Bestimmung falle, auch wenn Gegenstand des Leistungsaustauschs nur die Unterbringung sei. Eine Leistung, die nicht mit Reiseleistungen wie der Beförderung und der Unterbringung verbunden ist, ist daher keine Reiseleistung.

 

Link zur Entscheidung

EuGH, Urteil vom 09.12.2010, C-31/10 – Minerva Kulturreisen GmbH

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