Leitsatz

Die Erhebung des Solidaritätszuschlags zur KSt für 2007 ist verfassungsgemäß.

 

Normenkette

§§ 1ff. SolZG, Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 19 Abs. 3, Art. 20 Abs. 2 und Abs. 3, Art. 105 Abs. 2, Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 und Abs. 3 GG, § 35 EStG 2007

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine GmbH, gegenüber der das FA den Solidaritätszuschlag für 2007 ausgehend von der als Bemessungsgrundlage maßgebenden KSt festgesetzt hat.

Einspruch und Klage (FG Köln, Urteil vom 14.01.2010, 13 K 1287/09, Haufe-Index 2323104, EFG 2010, 1063), mit denen die Klägerin geltend machte, die Erhebung des Solidaritätszuschlags sei verfassungswidrig, blieben ohne Erfolg.

 

Entscheidung

Ebenso erging es der Klägerin mit ihrer Revision, die der BFH aus den unter den Praxis-Hinweisen genannten Gründen als unbegründet zurückwies.

 

Hinweis

Im angesprochenen Urteil hatte der BFH die in jüngster Zeit viel diskutierte Frage zu entscheiden, ob mit Blick auf den VZ 2007 die Vorschriften des SolZG insbesondere gegen Art. 2 Abs. 1 bzw. Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen. Das Gericht hat dazu nun das SolZG nach allen Regeln der Kunst und mit größter Sorgfalt auf entsprechende Verfassungsverstöße abgeklopft. Es hat allerdings – wie dies auch überwiegend erwartet worden war – keine Verfassungsverstöße feststellen können und deshalb die Ausgangsfrage verneint.

1. Der BFH verneint zunächst einen Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 GG, weil aus seiner Sicht die Gesetzgebungskompetenz des Bundes die Erhebung des Solidaritätszuschlags als Ergänzungsabgabe (i.H.v. 5,5 % der Bemessungsgrundlage für VZ ab 1998) umfasst und also das SolZG verfassungsgemäß zustande gekommen ist.

a) Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebung über die Steuern, wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht (Art. 105 Abs. 2 GG). Das ist nach Maßgabe des Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG bei Ergänzungsabgaben zur ESt und KSt der Fall, wobei der Bund aber nach der Rechtsprechung des BVerfG unter der Bezeichnung "Ergänzungsabgabe" keine Steuer einführen darf, die den Vorstellungen des Verfassungsgebers zur Ergänzungsabgabe widerspricht. Vor allem darf er keine Ergänzungsabgabe einführen, die die Bund und Ländern gemeinschaftlich zustehende ESt und KSt (Art. 106 Abs. 3 S. 1 und 2 GG)"aushöhlen" würde. Dies ist allerdings beim Solidaritätszuschlag bis zum VZ 2007 nicht der Fall, denn der Satz von 5,5 % liegt bereits nur geringfügig höher als die vom Bundesrat während der Beratungen des Finanzverfassungsgesetzes vergeblich angestrebte Begrenzung von Ergänzungsabgaben auf 5 % der ESt und KSt. Nach der Überzeugung des BFH setzt eine Aushöhlung der Bund und Ländern gemeinschaftlich zustehenden ESt und KSt eine schwerwiegende Belastung durch die dem Bund allein zustehende Ergänzungsabgabe voraus, die bei einem Satz von 5,5 % aber zu verneinen ist. Dies wiederum weist der BFH penibel anhand der Steuereinnahmen (nach Verteilung auf Bund, Länder und Gemeinden) nach.
b) Auch die fehlende zeitliche Befristung des Solidaritätszuschlags beim Erlass des SolZG ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Ganz abgesehen davon, dass das BVerfG bereits entschieden hat, dass eine Ergänzungsabgabe nicht von vornherein zu befristen oder nur für einen kurzen Zeitraum zu erheben ist, hat sie ohnehin die Funktion, einen zusätzlichen Finanzbedarf des Bundes ohne Erhöhung der Verbrauchsteuern zu decken. Es muss also ein ausschließlicher Mehrbedarf des Bundes vorliegen, für dessen Deckung die Erhöhung der ESt und KSt keine befriedigende Lösung darstellt, weshalb eine zusätzliche Anhebung der Verbrauchsteuern unerlässlich ist. Das aber ist beim Solidaritätszuschlag, der ab 1995 zur Abdeckung der "Wiedervereinigungskosten" eingeführt wurde, jedenfalls bis zum Streitjahr der Fall gewesen, wie der BFH wiederum anhand der konkreten Aufwendungen des Bundes nachweist. Insoweit war es auch nicht erforderlich, die Einnahmen aus dem Solidaritätszuschlag zweckgebunden für den "Aufbau Ost" zu verwenden.
c) Der Gesetzgeber war auch nicht von Verfassung wegenverpflichtet, das SolZG wegen der fehlenden zeitlichen Befristung ab dem VZ 2007 aufzuheben. Zwar darf eine Ergänzungsabgabe, die ja einen "vorübergehenden" aufgabenbezogenen Mehrbedarf des Bundes abdecken soll, kein dauerhaftes Instrument der Steuerumverteilung sein oder werden, weil ein "Dauerbedarf" über Steuereinnahmen zu decken ist. Entsprechend kann auch eine ursprünglich verfassungsgemäß beschlossene Ergänzungsabgabe im Zeitablauf verfassungswidrig werden, wenn sich die Verhältnisse, die für die Einführung maßgebend waren, grundlegend ändern. Dazu muss allerdings die Änderung der Verhältnisse eindeutig sein und offensichtlich feststehen, was mit Blick auf den Solidaritätszuschlag bis 2007 nicht der Fall ist. Immerhin bestand 2007 noch ein ganz erheblicher wiedervereinigungsbedingter Finanz(mehr)bedarf des Bundes, den der BFH auflistet. Das Gericht macht insoweit allerdings auch deutlich, dass die entsprechenden Sonderlasten fortlaufend sinken, weshalb durchaus in...

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