Leitsatz

Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet es nicht, entgegen dem Wortlaut des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG den Vorteil aus der Nutzung eines betrieblichen Pkw für Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung eines selbstständig Tätigen außer Ansatz zu lassen.

 

Normenkette

§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6, § 8 Abs. 2 Satz 5, § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG, Art. 3, Art. 100 GG

 

Sachverhalt

Ein Rechtsanwalt, Partner einer Partnerschaftsgesellschaft, führte einen doppelten Haushalt und durfte zwei Kfz der Gesellschaft auch für private Fahrten nutzen. Diese Nutzung bewertete die Gesellschaft pauschal anhand der 1 %-Methode. Die Gesellschaft hatte ihrem Partner zudem das Recht eingeräumt, die Fahrzeuge für Familienheimfahrten zu nutzen.

Im Rahmen der Erklärung über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen begehrte die Gesellschaft erfolglos, den Vorteil für die von ihrem Partner mit den betrieblichen Fahrzeugen durchgeführten Familienheimfahrten in Höhe von 0,002 % des Bruttolistenpreises pro Entfernungskilometer außer Ansatz zu lassen.

Das FG wies die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage ab (Sächsisches FG, Urteil vom 18.9.2008, 2 K 863/08, Haufe-Index 2240232, EFG 2010, 131).

 

Entscheidung

Die Revision blieb ebenfalls erfolglos. Der BFH hielt den Ansatz des Vorteils aus der Pkw-Nutzung für Familienheimfahrten für zutreffend. Die unterschiedlichen Regelungen für Arbeitnehmer und Selbstständige seien (aus den in den Praxis-Hinweisen wiedergegebenen Gründen) gerechtfertigt und damit verfassungsgemäß.

Gegen das Urteil des BFH wurde Verfassungsbe­schwerde erhoben.

 

Hinweis

1. Die Kosten von Familienheimfahrten bei doppelter Haushaltsführung werden für Arbeitnehmer anders ermittelt als für Gewerbetreibende und Freiberufler. Vergleicht man die Regelungen, die einen eigentlich recht schlichten Lebenssachverhalt abbilden sollen, so kann sich beim Leser durchaus Verwirrung einstellen. Gleichwohl bleibt allen damit befassten Berufsgruppen nichts anderes übrig, als sich durch das Regelungsgestrüpp hindurchzubeißen. Im Einzelnen:

a) Aufwendungen für ein Kfz des Betriebsvermögens sind dem Grunde nach Betriebsausgaben. Jedoch dürfen Aufwendungen, die im Zusammenhang mit einer Familienheimfahrt im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung stehen, den Gewinn nicht mindern, soweit die Aufwendungen die Pauschalen des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG übersteigen (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Satz 3 EStG). Technisch wird diese gesetzgeberische Entscheidung in der Weise umgesetzt, dass der positive Unterschiedsbetrag zwischen 0,002 % des inländischen Listenpreises des genutzten betrieblichen Kfz pro Entfernungskilometer und der Pauschale für eine wöchentliche Familienheimfahrt dem Gewinn wieder hinzu­gerechnet wird.

b) Überlässt ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer ein Kfz, für welches er sämtliche Kosten als Betriebsausgaben abgezogen hat, und nutzt der Arbeitnehmer dieses auch für Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung, hat der Arbeitnehmer grundsätzlich lohnsteuerpflichtige Einnahmen in Höhe von 0,002 % des inländischen Listenpreises des Fahrzeugs pro Entfernungskilometer (§ 8 Abs. 2 Satz 5 EStG). Allerdings gilt dies dann nicht, wenn dem Arbeitnehmer für die Familienheimfahrten ein Werbungskostenabzug nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Sätze 3 und 4 EStG zustehen würde (§ 8 Abs. 2 Satz 5 2. Halbsatz EStG). Dies bedeutet, dass in Fällen der Fahrzeugüberlassung an Arbeitnehmer für die abzugsberechtigte wöchentliche Familienheimfahrt zwar ein Werbungskostenabzug ausgeschlossen ist (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG), allerdings auch kein geldwerter Vorteil für die Fahrzeugüberlassung zum Ansatz kommt. Dies gilt auch dann, wenn der Nutzungsvorteil rechnerisch höher wäre als der korrespondierende Werbungskostenabzug.

2. Auf den ersten Blick ist augenfällig, dass Arbeitnehmer und Selbstständige insoweit ungleich behandelt werden: Die Regelungen über die Erfassung eines geldwerten Vorteils für die Nutzung eines (eigenen) betrieblichen Fahrzeugs durch den Unternehmer einerseits und die Nutzung eines vom Arbeitgeber überlassenen Fahrzeugs durch einen Arbeitnehmer andererseits führen für Familienheimfahrten jeweils zu unterschiedlichen Ergebnissen.

Während die Vorschriften für Arbeitnehmer zu einem "Nullsummenspiel" führen, stellt sich die Situation beim selbstständigen Unternehmer, der ein betriebliches Fahrzeug für seine wöchentlichen Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung nutzt, im Ergebnis anders dar. Denn in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG gibt es keine Ausnahme von der Hinzurechnung des Zuschlags für die eine begünstigte Familienheimfahrt pro Woche. Somit muss der Unternehmer stets die positive Differenz zur Entfernungspauschale, die sich bei Überschreiten der o.g. Grenzwerte der Bruttolistenpreise ergibt, seinem Gewinn hinzu­rechnen.

3. Diese regelungstechnischen Unterscheidungen sind indes sachlich gerechtfertigt, sodass kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vorliegt.

a) Bereits...

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