Durch Gesetz v. 4.11.2016[1] wurde mit Wirkung vom 1.7.2016 die Verschonung von sog. Produktivvermögen an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts[2] angepasst und in den §§ 13a, 13b, 13c, 19a, 28 und 28a ErbStG neu geregelt. Die ErbStR 2019 und ErbStH 2019 enthalten dazu umfangreiche Erläuterungen.

Zum begünstigungsfähigen Produktivvermögen zählen neben dem eigentlichen Betriebsvermögen auch Anteile an einer GmbH, wenn der Erblasser oder Schenker am Stammkapital zu mehr als 25 % unmittelbar beteiligt war.[3] Die GmbH muss ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung im Inland, in einem Staat der EU oder des EWR haben. Begünstigt ist das begünstigungsfähige Vermögen unter den weiteren Voraussetzungen des § 13b Abs. 2 ErbStG.

Übersicht: Begünstigungen für Produktivvermögen (§ 13a Abs. 1, §§ 13c, 28a ErbStG)

 
Begünstigtes Vermögen bis 26 Mio. EUR
Regelverschonung: Abschlag 85 %
Zusätzlich: Abzugsbetrag von maximal 150.000 EUR vom Restbetrag
Optionsverschonung: Abschlag 100 %
Begünstigtes Vermögen mehr als 26 Mio. EUR
Regelverschonung: Abschlag 85 % verringert sich um jeweils einen Prozentpunkt für jede vollen 750.000 EUR, die der Wert des begünstigten Vermögens den Schwellenwert von 26 Mio. EUR übersteigt, bis auf 0 %
Optionsverschonung: Abschlag 100 % verringert sich um jeweils einen Prozentpunkt für jede vollen 750.000 EUR, die der Wert des begünstigten Vermögens den Schwellenwert von 26 Mio. EUR übersteigt, bis auf 0 %
Verschonungsbedarfsprüfung Erlass der auf das begünstigte Vermögen entfallenden Steuer, soweit der Erwerber persönlich nicht in der Lage ist, die Steuer aus seinem verfügbaren Vermögen zu begleichen
Ergänzend: Tarifbegrenzung bei Erwerbern der Steuerklasse II oder III

Erwerber von Gesellschaftsanteilen an sog. familiengeführten Unternehmen erhalten einen Vorwegabschlag bis zu 30 % vom Wert des begünstigten Vermögens (§ 13a Abs. 9 ErbStG). Der Vorwegabschlag setzt das Vorliegen bestimmter gesellschaftsvertraglicher oder satzungsmäßiger Beschränkung von Entnahmen/Ausschüttungen, Verfügungsmöglichkeiten oder Abfindungen voraus. Er wird vor Anwendung des Verschonungsabschlags nach § 13a Abs. 1 oder 10 oder § 13c ErbStG berücksichtigt und auch in den Fällen der Verschonungsbedarfsprüfung nach § 28a ErbStG gewährt. Die Beschränkungen müssen kumulativ vorliegen, tatsächlich eingehalten werden und für einen Zeitraum von 2 Jahren vor und 20 Jahren nach dem Erwerb bestehen.

Sämtliche Begünstigungen und ihr dauerhafter Erhalt sind an mehrere Voraussetzungen und Bedingungen geknüpft, die im Einzelnen erfüllt sein müssen.

3.1 Verschonungsabschlag von 85 %

Der Verschonungsabschlag (§ 13a Abs. 1 ErbStG) ist abhängig von

  • dem Einhalten einer Mindestlohnsumme innerhalb der Lohnsummenfrist von 5 Jahren,
  • dem Einhalten der Behaltensregelungen innerhalb der Behaltensfrist von 5 Jahren.

3.1.1 Mindestlohnsumme

Im erworbenen Betrieb muss der Erwerber innerhalb der Lohnsummenfrist von 5 Jahren eine Mindestlohnsumme von 400 % der Ausgangslohnsumme einhalten (§ 13a Abs. 3 ErbStG).

 
Achtung

Sonderregelung für Kleinbetriebe

Die Lohnsummenbedingung hat keine Bedeutung für Kleinbetriebe, die im Besteuerungszeitpunkt maximal 5 Beschäftigte haben. Hier muss der Erwerber aber die Behaltensbedingungen einhalten.

Für mehr als 5 aber nicht mehr als 15 Beschäftigte steigen die Anforderungen an die Mindestlohnsumme. Insgesamt gelten folgende und Mindestlohnsummen:

 
Mindestlohnsumme mehr als 5, nicht mehr als 10 Beschäftigte 250 %
  mehr als 10, nicht mehr als 15 Beschäftigte 300 %
  mehr als 15 Beschäftigte 400 %

Zur Lohnsumme gehören alle Personalaufwendungen einschließlich Sozialbeiträge. Im Wesentlichen handelt es sich um die Aufwendungen, die nach Bilanzrecht in der GuV-Position "Personalaufwand" auszuweisen sind.

Die Lohnsummenfrist beträgt 5 volle Jahre und beginnt am Tag der Entstehung der Erbschaft- oder Schenkungsteuer (regelmäßig Todestag des Erblassers bzw. Tag der Ausführung der Schenkung.

Ausgangslohnsumme ist die durchschnittliche Lohnsumme der letzten 5 abgeschlossenen Wirtschaftsjahre.

 
Praxis-Beispiel

Lohnsummenvergleich

Unternehmer U überträgt am 2.1.2023 seinen Anteil von 100 % an der U-GmbH im Wege der Schenkung an seinen Sohn S. Die Lohnsummen der GmbH in den 5 zurückliegenden abgeschlossenen Wirtschaftsjahren betrugen:

 
2018 250.000 EUR
2019 200.000 EUR
2020 350.000 EUR
2021 370.000 EUR
2022 400.000 EUR

Die Ausgangslohnsumme beträgt 314.000 EUR.

Die Lohnsummen des Zeitraums vom 2.1.2023 bis zum 1.1.2027 (tag genau) dürfen demnach 400 % v. 314.000 EUR = 1.256.000 EUR nicht unterschreiten.

Wird die Mindestlohnsumme bis zum Ende der Lohnsummenfrist nicht erreicht, wird der Verschonungsabschlag rückwirkend in demselben prozentualen Umfang vermindert, wie die Mindestlohnsumme unterschritten wird.

 
Praxis-Beispiel

Minderung des Verschonungsabschlags

Unternehmer U übertrug im Jahr 1 seinen Anteil von 100 % an der U-GmbH im Wege der Schenkung an seine...

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