Leitsatz

Die durch das WachstumsStG geregelte Verdoppelung des Höchstbetrags für Handwerkerleistungen ist erstmals bei Aufwendungen anzuwenden, die im Veranlagungszeitraum 2009 geleistet und deren zugrunde liegende Leistungen nach dem 31.12.2008 erbracht worden sind.

 

Normenkette

§ 35a Abs. 2 Satz 2 EStG i.d.F. d. JStG 2008, § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG i.d.F. d. WachstumsStG, § 35a Abs. 3 EStG i.d.F. d. FamLeistG

 

Sachverhalt

Dem Steuerpflichtigen entstanden im Streitjahr 2008 für Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsarbeiten Kosten von 4.267 EUR. Das FA gewährte eine Steuerermäßigung in Höhe von 600 EUR. Der Steuerpflichtige begehrte stattdessen eine Steuerermäßigung von 854 EUR mit der Begründung, dass das Gesetz zur "Beschäftigungssicherung durch Wachstumsstärkung" den Höchstbetrag von 600 EUR auf 1.200 EUR verdoppelt habe und noch 2008 in Kraft getreten sei. Das FG wies die Klage ab (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26.1.2010, 3 K 2002/09, Haufe-Index 2300176, EFG 2010, 725).

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision aus den unter den Praxis-Hinweisen erläuterten Erwägungen zurück.

 

Hinweis

Der Streitfall ist nur mit Blick auf die beiden – mit einem Tag Abstand – verabschiedeten Gesetze vom 21.12.2008 und vom 22.12.2008 sowie den dazu jeweils ergangenen Anwendungsvorschriften verständlich. Dann offenbart sich allerdings ein "Durcheinander"im Gesetzgebungsverfahren. Schlussendlich konnte daraus der betroffene Steuerpflichtige allerdings keinen Vorteil ziehen.

1. Laut § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG i.d.F. d. JStG 2008 vom 20.12.2007 (BGBl I 2007, 3150) ermäßigte sich für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die in einem Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden, die tarifliche Einkommensteuer auf Antrag um 20 %, höchstens um 600 EUR, der Aufwendungen des Steuerpflichtigen. Dieser Höchstbetrag sollte nun, so jedenfalls die Absicht des Gesetzgebers, mit Wirkung ab 2009 auf 1.200 EUR verdoppelt werden. Dazu kamen gleich zwei Änderungsgesetze: Zum einen das Gesetz zur "Beschäftigungssicherung durch Wachstumsstärkung" (WachstumsStG) vom 21.12.2008 (BGBl I 2008, 2896) und zum anderen das Familienleistungsgesetz (FamLeistG) vom 22.12.2008 (BGBl I 2008, 2955). Nach § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG i.d.F. des WachstumsStG beträgt der Höchstbetrag 1.200 EUR (Art. 1 Nr. 3 des Gesetzes). Das findet sich auch in § 35a Abs. 3 EStG i.d.F.d. Familienleistungsgesetzes (FamLeistG) vom 22.12.2008 (Art. 1 Nr. 13 des Gesetzes). Gleich zweimal, aber insoweit noch widerspruchsfrei, formulierten auch die Anwendungsregelungen, dass der Höchstbetrag von 1.200 EUR erstmals bei Aufwendungen anzuwenden ist, die im VZ 2009 geleistet und deren zugrunde liegende Leistungen nach dem 31.12.2008 erbracht worden sind (§ 52 Abs. 50b Satz 4 EStG i.d.F. d. WachstumsStG und § 52 Abs. 50b Satz 5 i.d.F. d. FamLeistG).

2. Laut Art. 4 Abs. 3 WachstumsStG trat die Verdoppelung des Höchstbetrags aber bereits am Tag nach der Verkündung in Kraft, also am 30.12.2008. Bedauerlicherweise galt dies nicht auch für die Anwendungsregelung des § 52 Abs. 50b Satz 4 EStG i.d.F. d. WachstumsStG; denn die trat erst zum 1.1.2009 in Kraft (Art. 4 Abs. 1 WachstumsStG). Somit lag eine rückwirkende Rechtsänderung vor, weil hierdurch die – zunächst uneingeschränkte – Anwendung des erhöhten Förderbetrags zwei Tage später zusätzlich davon abhängig gemacht wurde, dass die Leistungen im Jahr 2009 erbracht und bezahlt worden sind. Diese Rückwirkung ist indessen verfassungsrechtlich unbedenklich, weil der Steuerpflichtige zwischen dem 30.12. und 31.12.2008 keine schützenswerten Dispositionen im Hinblick auf die durch die fragliche Norm erhöhte Subventionierung getroffen hatte und sich auch kein schutzwürdiges Vertrauen auf den Bestand der Gesetzesänderung hatte bilden können. Die Vorinstanz hatte den Fehler auch gesehen und insoweit ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers angenommen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 18.10.2012 – VI R 65/10

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