Rz. 80

Kombination zwischen Ketten- und Dreiecks-vGA. Unternehmensgruppen mit einer Sparten-, Geschäftsbereichs- oder Business-Unit-Organisation bilden ihre organisatorische Gliederung regelmäßig auch in den Beteiligungsverhältnissen ab. Die operativen Gesellschaften der jeweiligen Sparte bzw. des jeweiligen Geschäftsbereichs sind in diesem Fall einer Obergesellschaft, z. B. Spartenobergesellschaft, nachgeordnet, die vielfach als (Zwischen-) Führungsholding agiert und ihrerseits einer Spitzeneinheit (Top-Holding) nachgeordnet ist. Innerhalb solcher Konzernstrukturen können Vorteilsgewährungen zwischen nachgeordneten Gesellschaften verschiedener Beteiligungsketten/-stränge erfolgen, d. h. eine nachgeordnete Gesellschaft, z. B. Enkel- oder Großenkelgesellschaft, einer Beteiligungskette gewährt einer nachgeordneten Gesellschaft einer anderen Beteiligungskette einen Vorteil. In diesem Fall liegt eine vGA an eine nahestehende Person vor. Die steuerliche Beurteilung stellt eine Kombination aus den Grundsätzen zu Ketten-vGA (Rz. 76 ff.) und Dreiecks-vGA (Rz. 71 ff.) dar: Die Weiterleitung des Vorteils im Wege mehrerer vGA erfolgt entlang der Beteiligungskette der vorteilsgewährenden Gesellschaft bis zum ersten gemeinsamen (mittelbaren) Gesellschafter mit der vorteilsempfangenden Gesellschaft und wird sodann – bei einlagefähigen Vorteilen – entlang der Beteiligungskette der vorteilsempfangenden Gesellschaft im Wege mehrerer verdeckter Einlagen ("Ketten-Einlage") weitergeleitet.

 

Rz. 81

 
Praxis-Beispiel

Die M-GmbH ist zu jeweils 100 % an der T1-GmbH und an der T2-GmbH beteiligt. Die T1-GmbH ist zu 100 % an der E1-GmbH und die T2-GmbH ist zu 100 % an der E2-GmbH beteiligt. Die E1-GmbH ist Inhaberin eines Patents, das Ergebnis eigener Forschungs- und Entwicklungstätigkeit ist. Der gemeine Wert des Patents beträgt 2 Mio. EUR. Die E1-GmbH veräußert dieses Patent an die E2-GmbH zu einem Kaufpreis von 200.000 EUR.

Die E2-GmbH ist als Enkelgesellschaft nahestehende Person der M-GmbH und ist – über die M-GmbH – nahestehende Person sowohl der T1-GmbH als auch der E1-GmbH. Der verbilligte Verkauf des Patents stellt eine vGA an die E2-GmbH (nahestehende Person der E1-GmbH) in Form einer verhinderten Unterschiedsbetragsmehrung dar, die durch das Gesellschaftsverhältnis der E1-GmbH zur T1-GmbH veranlasst ist.

Bei der E1-GmbH ist der bilanzielle Unterschiedsbetrag i. S. v. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG außerbilanziell um 1,8 Mio. EUR zu erhöhen (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG). Ist ein Bestand im steuerlichen Einlagekonto vorhanden, ist zudem zu prüfen, ob die abgeflossene vGA zu einer Verwendung des Einlagekontos führt.

Die vGA ist nicht der vorteilsempfangenden E1-GmbH zuzurechnen, sondern – entlang der Beteiligungskette – dem jeweils übergeordneten Gesellschafter, d. h. vorliegend der T1-GmbH. Die T1-GmbH erzielt mit der vGA einen Beteiligungsertrag i. S. v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG, der buchhalterisch zu erfassen ist. Die T1-GmbH verwendet die vGA zur Weiterleitung an die M-GmbH. Der hieraus resultierende bilanzielle Aufwand ist durch das Gesellschaftsverhältnis zur M-GmbH veranlasst. Die auf dieser Ebene vorliegende vGA ist deshalb nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG außerbilanziell hinzuzurechnen. Der Beteiligungsertrag ist bei der T1-GmbH nach § 8b Abs. 1 KStG steuerfrei und deshalb außerhalb der Steuerbilanz wieder zu kürzen (./. 1.800.000 EUR). Nach § 8b Abs. 5 Satz 1 KStG gelten 5 % dieses Beteiligungsertrags als nicht abzugsfähige Betriebsausgabe, die außerbilanziell wieder hinzuzurechnen ist (+ 90.000 EUR). Es verbleibt auf Ebene der T1-GmbH als Ergebniswirkung die Hinzurechnung der 5 %igen Kostenpauschale.

Sowohl bei der E1-GmbH als auch bei der T1-GmbH ist zu prüfen, ob eine Einlagenrückgewähr i. S. v. § 27 Abs. 1 KStG vorliegt.

Die M-GmbH empfängt die von der T1-GmbH weitergeleitete vGA als Beteiligungsertrag i. S. v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG, der bei ihr nach § 8b Abs. 1 KStG – unter Hinzurechnung der 5 %igen Kostenpauschale (§ 8b Abs. 5 KStG) – steuerfrei ist. Die erhaltene vGA wird von der M-GmbH für die Beteiligung an der T2-GmbH verbraucht, deren Tochtergesellschaft E2-GmbH den Vorteil tatsächlich erhalten hat. Infolge der verdeckten Einlage in das Vermögen der T2-GmbH liegen nachträgliche Anschaffungskosten auf die Beteiligung an der T2-GmbH vor. Die steuerliche Beurteilung auf Ebene der M-GmbH entspricht mithin derjenigen bei "normaler" Dreiecks-vGA (Rz. 71 ff.).

An die verdeckte Einlage in das Vermögen der T2-GmbH schließt sich eine verdeckte Einlage der T2-GmbH in das Vermögen der E2-GmbH an ("Ketten-Einlage"). Die Werterhöhung der Beteiligung an der E2-GmbH infolge der verdeckten Einlage ist ertragswirksam zu erfassen und wie folgt zu buchen:

 
Beteiligung E2-GmbH 1.800.000 EUR an a. o. Ertrag 1.800.000 EUR

Der bilanzielle Ertrag aus der verdeckten Einlage ist außerbilanziell wieder zu kürzen (./. 1.800.000 EUR, § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG). Die Weiterleitung des Vorteils im Wege der verdeckten Einlage ist mithin auf Ebene der T2-GmbH...

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