Rz. 56

"Vorweggenommene Gewinnausschüttung". Die Vereinbarung einer Tantieme als erfolgsabhängige Vergütungskomponente wirft in besonderem Maße Abgrenzungsfragen auf, weil sie als gewinnabhängige Gehaltskomponente eine Vorab-Teilhabe am Gewinn vermittelt und – jedenfalls wirtschaftlich – eine "vorweggenommene Gewinnausschüttung" darstellt.[1] Sie sind jedoch übliche Gehaltsbestandteile und deshalb grundsätzlich anzuerkennen. Für die steuerliche Anerkennung von Tantiemeversprechen dem Grunde nach sind unter vGA-Gesichtspunkten insbesondere folgende Grundsätze zu beachten:

  • bei Tantiemezusagen gegenüber beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern die Einhaltung der für diesen Personenkreis geltenden formalen Sonderbedingungen (Rz. 11 ff.);
  • die klare und eindeutige Bestimmung der Bemessungsgrundlage der Tantieme und des anzuwendenden Prozentsatzes, sodass die Vereinbarungen eine eindeutige betragsmäßige Ermittlung der Tantieme zulassen.[2]

Im Hinblick auf die Bemessungsgrundlage der Tantieme wird von der Finanzverwaltung der handelsrechtliche Jahresüberschuss vor Abzug der Gewinntantieme und der ertragsabhängigen Steuern zugrunde gelegt.[3] Von dieser Berechnungsgröße sind insbesondere Verlustvorträge abzusetzen.[4] In zeitlicher Hinsicht ist zu berücksichtigen, dass der Tantiemeanspruch ungeachtet seiner Fälligkeit eine jährliche Vergütung darstellt und deshalb die Vereinbarungen zum Beginn eines Wirtschaftsjahres vorliegen müssen; anderenfalls geht die Rechtsprechung zeitanteilig von vGA aus.[5]

 

Rz. 57

Angemessenheit der Höhe nach. Nach der Rechtsprechung spricht eine widerlegbare Vermutung gegen die Vereinbarkeit der Tantieme mit dem Fremdvergleichsgrundsatz, wenn sie mehr als 50 % des Gewinns beträgt, wobei diese 50 %-Grenze bei einem wie bei mehreren Geschäftsführern gleichermaßen gilt.[6] Im Einzelfall kann eine Überschreitung dieser 50 %-Grenze mit dem Fremdvergleichsgrundsatz zu vereinbaren sein. Dies hat der BFH etwa in der Anlaufphase bei angemessener Gesamtausstattung[7], bei Bestellung mehrere Gesellschafter-Geschäftsführer[8] oder für Fälle bejaht, in denen die höhere Tantieme durch betriebsinternen Fremdvergleich bestätigt wurde (Fremdgeschäftsführer).[9] Ferner gehen Rechtsprechung[10] und Finanzverwaltung[11] davon aus, dass der Fremdvergleichsgrundsatz ein Verhältnis von fixen zu variablen Vergütungsbestandteilen von wenigstens 75 % zugunsten der fixen und höchstens 25 % zugunsten der variablen Vergütungsbestandteile erfordert. Für dieses Regelaufteilungsverhältnis sind die Verhältnisse im Zeitpunkt der Tantiemezusage und nach Maßgabe des zu diesem Zeitpunkt prognostizierten Gewinns maßgeblich.[12] Abweichungen von dieser 75 %-25 %-Relation erkennt die Finanzverwaltung in der Gründungsphase der Gesellschaft, bei vorübergehenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Gesellschaft und bei stark risikobehafteten Geschäftszweigen an.[13] Ferner ist zu berücksichtigen, dass das Regelaufteilungsverhältnis von der Rechtsprechung als widerlegbare Vermutung verstanden wird, sodass Abweichungen im Einzelfall durch "good business reasons" begründet sein können, die der Steuerpflichtige darzulegen hat.

[1] Vgl. BFH, Urteil v. 27.3.2001, I R 27/99, BStBl 2002 II S. 111; Gosch, in Gosch, KStG, 3. Aufl. 2015, § 8 KStG Rz. 1236.
[2] Siehe hierzu auch Lang, in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 8 Abs. 3 KStG Teil D Rz. 450 ff., Stand 10/2018.
[3] Vgl. BMF, Schreiben v. 1.2.2002, IV A 2-S 2742-4/02, BStBl 2002 I S. 219, Tz. 1. Zu Rohgewinn- und Umsatztantiemen siehe Lang, in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 8 Abs. 3 KStG Teil D Rz. 492 ff., Stand: 10/2018.
[4] Vgl. BFH, Urteil v. 17.12.2003, I R 22/03, BStBl 2004 II S. 524; BFH, Urteil v. 1.4.2003, I R 78-79/02, BFH/NV 2004 S. 86. Zu weiteren Korrekturen siehe Lang, in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 8 Abs. 3 KStG Teil D Rz. 454 ff., Stand: 10/2018.
[12] Vgl. Gosch, in Gosch, KStG, § 8 KStG Rz. 1260.

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