Rz. 46

Geschäftsvorfallbezogene Betrachtungsweise. Es ist jeweils bezogen auf den konkreten Geschäftsvorfall zu beurteilen, ob eine bestehende Unterschiedsbetragsminderung oder verhinderte Unterschiedsbetragsmehrung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und deshalb vGA i. S. v. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist.[1] Die vGA kann nicht dadurch neutralisiert bzw. rückgängig gemacht werden, dass die ursprünglich vereinbarten Bedingungen nachträglich an jene angepasst werden, die fremde Dritte unter gleichen oder vergleichbaren Verhältnissen abgeschlossen hätten. Das entsprechende "Gegengeschäft" ist vielmehr steuerlich gesondert zu beurteilen. Ein entsprechender Ersatzanspruch stellt nach ständiger Rechtsprechung des BFH[2] das Gegenstück zu der (verdeckten) Ausschüttung dar und ist als solcher als verdeckte Einlage zu behandeln.[3] Im Hinblick auf das Vorliegen einer Unterschiedsbetragsminderung kommt es insofern nicht auf den bilanziellen Saldo an.

 

Rz. 47

Behandlung von Rückgewähransprüchen. Vorteilsgewährungen an einen Gesellschafter sind grundsätzlich geeignet, Rückgewähransprüche der vorteilsgewährenden Kapitalgesellschaft gegenüber dem vorteilsempfangenden Gesellschafter auszulösen. Rückgewähransprüche können hierbei ihre Anspruchsgrundlage haben in:[4]

  • Satzungsklauseln, die bestimmen, dass der Gesellschafter der Kapitalgesellschaft gegenüber zur Rückgewähr der vGA ggf. nebst einer angemessenen Verzinsung für den Zeitraum zwischen der Vorteilsgewährung und der Rückerstattung verpflichtet ist;[5]
  • Ansprüchen auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage wegen Beeinträchtigung des Nennkapitals, z. B. §§ 57, 62 AktG bzw. §§ 30, 31 GmbHG;[6]
  • in zivilrechtlichen Anspruchsgrundlagen, z. B. Herausgabeanspruch wegen ungerechtfertigter Bereicherung gem. § 812 BGB, Schadensersatz wegen unerlaubter Handlung gem. § 823 BGB.[7]

Ungeachtet des konkreten Rechtsgrundes für einen Rückgewähranspruch der Kapitalgesellschaft ist die entsprechende Forderung nicht geeignet, die Unterschiedsbetragsminderung oder verhinderte Unterschiedsbetragsmehrung nachträglich zu neutralisieren oder nur in ihrem Saldo fortbestehen zu lassen (Rz. 6). Der Rückgewähranspruch ist vielmehr als Einlage zu erfassen.[8] Besteht ein Anspruch auf eine angemessene Verzinsung, ist die entsprechende Forderung als Ertrag und nicht als Einlage zu erfassen.[9] Nichts anderes gilt, wenn der vGA-auslösende Geschäftsvorfall nachträglich wieder aufgehoben wird; auch in diesem Fall wird die vGA nicht rückgängig gemacht.[10] Wird der vGA-auslösende Geschäftsvorfall rückgängig gemacht, kann allenfalls ein (Teil-)Erlass der Steuer oder die Nichtberücksichtigung des die Steuer auslösenden Vorgangs gemäß § 163 Abs. 1 AO geboten sein.[11]

 
Hinweis

Während Einkünftekorrekturen nach den Grundsätzen einer vGA oder einer verdeckten Einlage nicht rückgängig gemacht werden können, sondern entsprechende Ausgleichszahlungen der vorteilsempfangenden Gesellschaft gesondert zu beurteilen sind, ist in Tz. 5.5.1. Buchst. d) VWG-Verfahren[12] eine sachliche Billigkeitsmaßnahme geregelt, die im Ergebnis die Möglichkeit einräumt, eine Einkünftekorrektur nach § 1 AStG rückgängig zu machen. Hiernach sollen Vorgänge, die zu einer (ausschließlich) auf § 1 AStG zu stützenden Berichtigung geführt haben und die durch Ausgleichszahlungen ausgeglichen werden, außerhalb der Bilanz mit dem zu Zwecken der Berichtigung vorgenommenen Zuschlag zu verrechnen sein. Dies soll allerdings nur dann gelten, wenn die Ausgleichszahlungen innerhalb eines Jahres nach Bekanntgabe des berichtigten Steuerbescheids tatsächlich geleistet worden sind. U. a. angesichts dieser Billigkeitsregelung werden bei Einkünftekorrekturen im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen in der Betriebsprüfungspraxis überwiegend Einkünftekorrekturen nach § 1 AStG angestrebt. Dies ist jedenfalls bei sog. "wertauffüllenden" Einkünftekorrekturen (§ 1 Abs. 1 Satz 4 AStG) oder der sog. Mediankorrektur nach § 1 Abs. 3 Satz 4 AStG zwingend.[13]

[1] Vgl. BFH, Urteil v. 14.3.2006, I R 38/05, BFH/NV 2006 S. 1515; BFH, Urteil v. 5.3.2008, I R 12/07, BFHE 220 S. 454; BFH, Urteil v. 23.10.2013, I R 89/12, BFH/NV 2014 S. 797. Siehe ferner Gosch, in Gosch, KStG, 3. Aufl. 2015, § 8 KStG Rz. 398.
[3] Siehe hierzu auch BMF, Schreiben v. 12.4.2005, IV B 4-S 1341-1/05, VWG-Verfahren, BStBl 2005 I S. 570, Tz. 5.5.1 Buchst. a.
[4] Siehe im Einzelnen hierzu Klingebiel, in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 8 Abs. 3 KStG Teil D Rz. 1714 ff., Stand: 10/2018.
[7] Vgl. z. B. BFH, Urteil v. 2...

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