Rz. 38

Unentgeltliche Wertabgaben. Dem Begriff der vGA i. S. v. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG (Rz. 2 ff.) kommt umsatzsteuerrechtlich keine eigenständige Bedeutung zu.[1] Liegt eine vGA vor, ist diese umsatzsteuerrechtlich nur von Bedeutung, wenn eine Leistung i. S. v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG und § 3 Abs. 1 und 9 UStG vorliegt, die entweder unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 1b und 9a UStG unentgeltlich oder nach § 10 Abs. 5 Nr. 1, Abs. 4 UStG zu einem nicht kostendeckenden Entgelt erfolgt. Hierbei können vGA, die nicht in Geld bestehen, unentgeltliche Wertabgaben darstellen, die bestehen können in der unentgeltlichen Übertragung eines Wirtschaftsguts an den Gesellschafter (§ 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG), in der unentgeltlichen Verwendung eines Wirtschaftsguts der Kapitalgesellschaft für Zwecke des Gesellschafters (§ 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG) oder in der unentgeltlichen Erbringung einer anderen sonstigen Leistung (§ 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG).

 

Rz. 39

Bemessungsgrundlagen für unentgeltliche Wertabgaben. Mangels Entgelts für die Bemessung des Umsatzes regelt § 10 Abs. 4 UStG Ersatzbemessungsgrundlagen für Zwecke der Umsatzbesteuerung. Hiernach ist:

  • bei unentgeltlichen Wertabgaben der Umsatz nach dem Einkaufspreis zuzüglich der Nebenkosten für den betreffenden Gegenstand oder einen gleichartigen Gegenstand oder mangels eines Einkaufspreises nach den Selbstkosten zu bemessen, wobei jeweils die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Umsatzes maßgebend sind;
  • bei sonstigen Leistungen i. S. v. § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG der Umsatz nach den Ausgaben zu bemessen, die zur Ausführung dieser Umsätze entstanden sind, soweit diese zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben;
  • bei sonstigen Leistungen i. S. v. § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG der Umsatz nach den Ausgaben zu bemessen.
  • Maßgebend sind bei unentgeltlichen Wertabgaben i. S. v. § 1 Abs. 2b UStG die spezifisch umsatzsteuerlichen Wertansätze "Einkaufspreis" oder "Selbstkosten", jeweils zum Zeitpunkt des Umsatzes. Als Einkaufspreis wird hierbei regelmäßig der Wiederverkaufspreis angesehen.[2] Für die Selbstkosten sind alle diejenigen Kosten zu berücksichtigen, mit denen die Kostenrechnung des Unternehmens belastet wird, wobei – "nach dem Sprachgebrauch" – sämtliche Kosten einzubeziehen sind, die für den Hersteller bei der Fertigung einer Ware bzw. beim Erbringen einer Leistung anfallen.[3]
 

Rz. 40

Unterpreislieferungen oder -leistungen. Lieferungen oder Leistungen gegen Entgelt können naturgemäß – unabhängig von der Angemessenheit des Entgelts – keine unentgeltlichen Wertabgaben darstellen. Sie sind vielmehr wie alle anderen Lieferungen oder sonstigen Leistungen gegen Entgelt zu behandeln. Sie bemessen sich deshalb grundsätzlich nach dem vereinbarten Entgelt (§ 10 Abs. 1 UStG). Allerdings kommt bei Unterpreislieferungen und -leistungen an Gesellschafter und diesen nahestehende Personen gem. § 10 Abs. 5 UStG die jeweilige Ersatzbemessungsgrundlage des § 10 Abs. 4 UStG als Mindestbemessungsgrundlage zur Anwendung, wenn diese das Entgelt übersteigt.

 

Rz. 41

Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage bei Unterpreislieferungen/-leistungen. Gesellschafter und diesen nahestehende Personen gehören als "verbundene Personen" zu dem Empfängerkreis von Lieferungen und sonstigen Leistungen, bei deren Entgeltvereinbarung Umgehung vermutet wird und bei denen deshalb der Umsatz nur dann nach dem vereinbarten Entgelt bemessen wird, wenn dieses Entgelt die nach § 10 Abs. 4 UStG maßgebliche Bemessungsgrundlage (Einkaufspreis oder Selbstkosten zum Zeitpunkt des Umsatzes, Rz. 39) überschreitet. Nach § 10 Abs. 5, Abs. 4 Satz 1 UStG kommt deshalb die Mindestbemessungsgrundlage zur Anwendung, wenn die Selbstkosten bzw. der Einkaufspreis unterschritten wird. Nach der Rechtsprechung des EuGH[4] und – nachfolgend – des BFH[5] stellt ungeachtet des Verhältnisses des Entgelts zu den Selbstkosten der vorteilgewährenden Kapitalgesellschaft das "marktübliche Entgelt" die Obergrenze der Mindestbemessung dar.[6] Das "marktübliche Entgelt" entspricht dem "Normalwert" i. S. v. Art. 72 Satz 1 MwStSystRL,[7]  der nach Rechtsprechung des EuGH den "normalen Marktpreis" darstellt.[8] Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass dieses "marktübliche Entgelt" bzw. der "Normalwert" von dem Vergleichspreis abweicht, den voneinander unabhängige Dritte unter gleichen oder vergleichbaren Bedingungen für die Lieferung oder sonstige Leistung vereinbart hätten. Insofern sollte Begriffsidentität zwischen dem sog. Fremdvergleichspreis bzw. gemeinen Wert für die Bemessung einer vGA der Höhe nach für ertragsteuerliche Zwecke (vgl. Rz. 17 ff.) und dem "marktüblichen Entgelt" für umsatzsteuerliche Zwecke bestehen, wobei die Umsatzsteuer nicht zur umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlage gehört, jedoch in die Bemessung der vGA der Höhe nach für ertragsteuerliche Zwecke einzubeziehen ist (vgl. Rz. 20).

Kommt die Mindestbemessungsgrundlage zur Anwendung, hat der vorteilsgewährende Unternehmer in Höhe der Umsatzsteuer, die auf den Unterschiedsbetrag zwisch...

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