Rz. 15

Abstrakte Eignung zum "sonstigen Bezug". Die Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung[1] muss zudem die Eignung aufweisen, beim Gesellschafter einen sonstigen Bezug i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen (sog. Vorteilsgeneigtheit).[2] Dieses Tatbestandsmerkmal der vGA hatte der BFH erstmals mit seinem Urteil v. 7.8.2002 zu Prämien für eine Rückdeckungsversicherung, die eine GmbH abgeschlossen hatte, um eine – als vGA behandelte – Pensionszusage an ihren Gesellschafter-Geschäftsführer abzudecken, entwickelt und seither in ständiger Rechtsprechung bestätigt.[3] Die Vorteilsgeneigtheit der Unterschiedsbetragsminderung erfordert nicht, dass ein Zufluss des Vorteils i. S. d. § 11 Abs. 1 EStG beim Gesellschafter erfolgtist, um die Rechtsfolge des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG auslösen zu können.[4] Es reicht aus, dass die Unterschiedsbetragsminderung dem betroffenen Gesellschafter künftig zufließen könnte. Mithin ist eine objektive bzw. abstrakte Eignung erforderlich, auf eine konkrete Eignung zur Auslösung eines Beteiligungsertrags i. S. v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG kommt es hingegen nicht an.[5]

 

Rz. 16

Eingeschränktes Korrespondenzprinzip. In der Berücksichtigung der Perspektive auch des Gesellschafters für den Tatbestand der vGA[6] kommt letztlich das eingeschränkte Korrespondenzprinzip umfassender zum Ausdruck, das zwischen einer vGA i. S. v. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG (Gesellschaftsebene) und einer solchen i. S. v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG besteht. Diese knüpfen zwar an denselben Sachverhalt an, sie sind jedoch nicht von identischen Tatbestandsmerkmalen geprägt. Insofern gilt grundsätzlich, dass sie jeweils eigenständig zu prüfen sind. Mit der Berücksichtigung der Gesellschafterperspektive werden jedenfalls solche Sachverhalte aus dem Anwendungsbereich der vGA ausgeschlossen, die einen Beteiligungsertrag auf Gesellschafterebene objektiv nicht auszulösen vermögen. Dies hat der BFH u. a. für den Fall entschieden, dass eine irische Kapitalgesellschaft freiwillig in Irland eine höhere Körperschaftsteuer zahlt, um eine Hinzurechnungsbesteuerung bei ihrem im Inland unbeschränkt steuerpflichtigen Gesellschafter zu vermeiden.[7]

[1] Klarstellend auch für die verhinderte Vermögensmehrung BFH, Beschluss v. 3.3.2010, I B 102/09, BFH/NV 2010 S. 1131.
[4] Vgl. Wassermeyer, DB 2002, S. 2668 ff.; Buciek, DStZ 2003, S. 87; Herlinghaus, GmbHR 2003, S. 381.
[5] Vgl. Wassermeyer, in Wassermeyer/Baumhoff, Verrechnungspreise international verbundener Unternehmen, 2014, Rz. 2.43; Gosch, in Gosch, KStG, 3. Aufl. 2015, § 8 KStG Rz. 246; Lang, in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 8 Abs. 3 KStG Teil C Rz. 157, Stand 10/2018.
[6] Nach Gosch soll dieses Tatbestandsmerkmal die Brücke zwischen Gesellschaft und Anteilseigner schlagen, vgl. Gosch, in Gosch, KStG, 3. Aufl. 2015, § 8 KStG Rz. 170.

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