BMF, 02.11.1998, IV C 2 - S 2244 - 2/98

Es ist gefragt worden, wie die verdeckte Einlage von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft i.S. des § 17 Abs. 1 EStG (wesentliche Beteiligung) in eine andere Kapitalgesellschaft zu bewerten ist. Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird hierzu wie folgt Stellung genommen:

 

1. Gesellschafterebene

 

a) Behandlung wie eine Veräußerung der eingelegten Anteile

Für den Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft steht auf Grund der Änderung durch das Steueränderungsgesetz 1992 die verdeckte Einlage seiner im Privatvermögen gehaltenen wesentlichen Beteiligung an der Kapitalgesellschaft in eine andere Kapitalgesellschaft der Veräußerung der Anteile gleich § 17 Abs. 1 Satz 2 EStG). An die Stelle des Veräußerungspreises tritt in diesen Fällen der gemeine Wert der Anteile § 17 Abs. 2 Satz 2 EStG), so daß sich der Veräußerungsgewinn aus dem Veräußerungsgeschäft wie folgt ermittelt:

Gemeiner Wert der Anteile

./. Anschaffungskosten

./. Veräußerungskosten

= Veräußerungsgewinn

 

b) Nachträgliche Anschaffungskosten für die bestehenden Anteile an der aufnehmenden Kapitalgesellschaft

Die verdeckte Einlage einer im Privatvermögen gehaltenen wesentlichen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft in eine andere Kapitalgesellschaft führt für den Gesellschafter zu nachträglichen Anschaffungskosten seiner bestehenden Beteiligung an der anderen, aufnehmenden Kapitalgesellschaft. Der Wert der Beteiligung an der aufnehmenden Kapitalgesellschaft ist um den gemeinen Wert der eingelegten Beteiligung zu erhöhen (vgl. BFH vom 26.7.1967, I 138/65, BStBl 1967 III S. 733 und vom 12.2.1980, VIII R 114/77, BStBl 1980 II S. 494).

Auf der Gesellschafterebene kommt es somit jeweils zum Ansatz des gemeinen Werts. Kann dieser nicht aus zeitnahen Verkäufen abgeleitet werden, so ist er unter Berücksichtigung des zu Teilwerten bewerteten Vermögens der Kapitalgesellschaft und ihrer Ertragsaussichten zu schätzen.

 

2. Gesellschaftsebene (aufnehmende Kapitalgesellschaft)

Auf Seiten der aufnehmenden Kapitalgesellschaft ist die verdeckte Einlage einer wesentlichen Beteiligung ihres Gesellschafters unverändert als Einlage zu behandeln. Die Fiktion der Veräußerung beim Gesellschafter hat bei der aufnehmenden Kapitalgesellschaft nicht die Fiktion eines Erwerbs vom Gesellschafter zur Folge.

Auf die verdeckte Einlage sind bei der aufnehmenden Kapitalgesellschaft vielmehr die für Einlagen geltenden einkommensteuerrechtlichen Vorschriften anzuwenden (vgl. § 8 Abs. 1 KStG; BFH vom 9.6.1997, GrS 1/94, BStBl 1998 II S. 307). Die Bewertung der in eine Kapitalgesellschaft eingebrachten wesentlichen Beteiligung richtet sich somit nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG.

Zwar sind die eingelegten Anteile auf der Gesellschaftsebene nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. b EStG höchstens mit den Anschaffungskosten anzusetzen. § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG ist aber für eine wesentliche Beteiligung vom Veranlagungszeitraum 1992 an im Wege der teleologischen Reduktion einschränkend zu verstehen. Dafür sprechen auch die Ausführungen unter 2. b in den Gründen des BFH-Urteils vom 11.2.1998, I R 89/97). Ansonsten droht die Gefahr einer doppelten Erfassung der stillen Reserven der eingebrachten Beteiligung, wenngleich nicht bei ein und demselben Steuerpflichtigen, sondern zum einen bei dem Gesellschafter und zum anderen bei der Kapitalgesellschaft. Die verdeckt eingelegten Anteile i.S. des § 17 Abs. 1 EStG sind deshalb in diesen Fällen nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Halbsatz 1 EStG stets mit dem Teilwert anzusetzen.

 

Normenkette

EStG § 17 Abs. 1

 

Fundstellen

BStBl I, 1998, 1227

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