Die verbindliche Auskunft soll es Steuerpflichtigen ermöglichen, die steuerlichen Konsequenzen genau bestimmter Sachverhalte bereits vor ihrer Verwirklichung abzuschätzen. Die Bearbeitung dieser Anträge stellt eine individuelle Leistung der Finanzverwaltung gegenüber dem Antragsteller dar.

Die Erteilung einer verbindlichen Auskunft steht im Ermessen der Finanzbehörde.[1] Die Ermessensentscheidung des Finanzamts umfasst die Kompetenz, ob es

  • eine verbindliche Auskunft erteilt (Entschließungsermessen) und
  • welchen Inhalt die verbindliche Auskunft hat (Auswahlermessen).[2]

Grundsätzlich besteht kein Rechtsanspruch auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft.[3] Die Finanzämter sind jedoch angehalten, bei Vorliegen der Voraussetzungen dem Antrag stattzugeben.

 
Praxis-Tipp

Verbindliche Auskunft nicht immer zielführend

Zu bedenken ist, dass ein Auskunftsersuchen die Finanzverwaltung unter Umständen hellhörig macht, eine ihr mitgeteilte Gestaltungsmöglichkeit könnte missbräuchlich [4] sein, während die Umsetzung im Veranlagungsverfahren – ohne vorherige Anfrage – vielleicht ohne weitere Prüfung hingenommen worden wäre.

Im Einzelfall ist immer abzuwägen, ob eine verbindliche Auskunft beantragt werden soll oder nicht. Der steuerliche Berater kann eine Haftung vermeiden, wenn er zumindest eine verbindliche Auskunft beantragt hat, auch wenn er sie dann nicht erhält. Auf jeden Fall muss der Steuerberater zur Einholung der Auskunft anregen.[5]

 
Hinweis

Wann keine verbindliche Auskunft erteilt wird

Die verbindliche Auskunft soll nicht erteilt werden in Angelegenheiten, bei denen die Erzielung eines Steuervorteils im Vordergrund steht (Steuersparmodell und Feststellung der Grenzpunkte für das Handeln eines ordentlichen Geschäftsleiters.[6]

Das Finanzamt wird verbindliche Auskünfte auch dann nicht erteilen, wenn zu dem Rechtsproblem in absehbarer Zeit Folgendes zu erwarten ist:

  • eine gesetzliche Regelung oder
  • eine höchstrichterliche Entscheidung oder
  • eine Verwaltungsanweisung.

Jedes Finanzamt muss für jedes Jahr eine gesonderte Liste führen, in der die Anträge auf verbindliche Auskunft einzeln eingetragen und nachvollziehbar geführt werden. In der Liste sind die Steuer-Nr., das Eingangsdatum, der Zeitpunkt und die Art der Erledigung, der Gegenstandswert und die Höhe der festgesetzten Gebühr sowie der Gegenstand der verbindlichen Auskunft mit einem Stichwort zu dokumentieren.[7]

[2] BFH, Urteil v. 29.2.2012, IX R 11/11, BFH/NV 2012 S. 1350: Kein Anspruch auf einen bestimmten rechtmäßigen Inhalt einer verbindlichen Auskunft; OFD Koblenz, Kurzinformation v. 3.8.2012, S 0224 A-St 35 1.
[6] Tz. 3.5.4 AEAO zu § 89 AO.

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