Leitsatz

Es ist ernstlich zweifelhaft, ob einem Steuerpflichtigen, der ohne Gewinnerzielungsabsicht Wohnungen erwirbt und veräußert, um ein anderes Objekt weiterhin ohne Zahlung einer Zweckentfremdungsabgabe als Büroraum vermieten zu können, der Abzug eines Verlusts aus der Veräußerung der Wohnungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus der Vermietung des zweckentfremdeten Objekts versagt werden kann.

 

Normenkette

§ 2 EStG , § 9 EStG , § 15 Abs. 2 EStG , § 21 EStG , § 69 FGO

 

Sachverhalt

Die Kläger waren Miteigentümer eines mehrgeschossigen Wohnhauses in Berlin, das z.T. auch an Ärzte für deren Praxen vermietet war. Das Wohnungsamt beanstandete das und erließ Bußgeldbescheide gegen die Eigentümer und Räumungsverfügungen gegen die Ärzte. Bei Fortsetzung der Vermietung hätte eine Ausgleichsabgabe an die Stadt gezahlt werden müssen.

Durch Schaffung von Ersatzwohnraum erhofften sich die Kläger aber eine nachträgliche Genehmigung der zweckwidrigen Verwendung. Deshalb erwarben sie Objekte in anderen Stadtteilen. Ein Objekt bestand aus sieben zu errichtenden Eigentumswohnungen, von denen vier nach Fertigstellung verkauft werden konnten, während drei Wohnungen gegen Erstattung des anteiligen Kaufpreises zurückgegeben wurden. Insgesamt ergab sich bei dem Objekt ein Verlust. Das andere Objekt war eine bisher hotelähnlich genutzte Immobilie, die in Mietwohnungen umgewandelt werden sollte, um diese dann zu veräußern.

Nach Abschluss des Kaufvertrags über diese Immobilie erteilte das Wohnungsamt die erwünschte Genehmigung für die Zweckentfremdung des Wohnraums. Anschließend wurde der Kaufvertrag dahin abgeändert, dass die Kläger nur treuhänderisch für den Veräußerer als Eigentümer nach außen erscheinen sollten. Der Veräußerer erhielt für das Geschäft letztlich einen Betrag von 50.000 DM.

Die Kläger machten die Ausgaben für beide Ersatzwohnraum-Objekte weitgehend erfolglos als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Im Einspruchsverfahren trugen die Kläger vor, sie hätten Verluste aus gewerblichem Grundstückshandel erzielt. Das FA wies die Einsprüche zurück. Über die Klage ist noch nicht entschieden. Das FG gab aber dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung statt.

 

Entscheidung

Der BFH hielt die dagegen erhobene Beschwerde des FA für unbegründet. Es sei zweifelhaft, ob den Klägern die Gewinnerzielungsabsicht gefehlt habe. Selbst wenn das aber der Fall sein sollte, beständen ernstliche Zweifel daran, ob den Klägern mit der Anschaffung der Ersatzimmobilien nicht Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung entstanden seien.

 

Hinweis

1. Die Entscheidung betrifft einen außergewöhnlich gelagerten Fall und enthält weit mehr Rechtsausführungen als der Leitsatz erkennen lässt. Untersucht wird nämlich zunächst, ob nicht ein gewerblicher Grundstückshandel unterhalten wurde, dessen Verlust dann von den Klägern mit den positiven Einkünften aus der Vermietung des Mehrfamilienhauses mit Arztpraxen hätte ausgeglichen werden können. Dass ein solcher Handel bestand, liegt nicht fern, denn unstreitig sollten jedenfalls die noch fertig zu stellenden Eigentumswohnungen bald wieder verkauft werden. Lediglich die Frage der Gewinnerzielungsabsicht bleibt offen, weil bisher nicht ausreichend geprüft ist, mit welchem Verkaufspreis die Kläger hätten rechnen können.

2. Deshalb untersucht der BFH die Frage, ob nicht selbst bei erwartetem Verlust dessen Nutzung möglich wäre. Dazu käme es, wenn man die Verluste aus den Ersatzwohnraum-Geschäften als Werbungskosten bei den Vermietungseinkünften behandeln würde. Dafür scheint der BFH eine gewisse Sympathie zu hegen. Zwar sind Verluste aus der Veräußerung der Einkunftsquelle im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht zu erfassen.

Hier geht es aber nicht um die Veräußerung der Einkunftsquelle, sondern um Veräußerungsgeschäfte, die zur Erhaltung laufender Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung abgeschlossen werden. In einem solchen Fall wären dann die Anschaffungskosten Werbungskosten, der Veräußerungserlös negative Werbungskosten, also Einnahme. Beide Posten wären wohl im Jahr der Vereinnahmung bzw. Verausgabung zu berücksichtigen. Der Abzug des Saldos im Jahr der Veräußerung ließe sich m.E. kaum begründen. Diese Frage lässt der BFH aber ausdrücklich offen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 20.01.2004, IV B 203/03

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