Leitsatz

Die Veräußerung von Mitunternehmeranteilen an mehr als drei am Grundstücksmarkt tätigen Gesellschaften bürgerlichen Rechts ist auch dann der Veräußerung der zu den jeweiligen Gesamthandsvermögen gehörenden Grundstücke gleichzustellen, wenn es sich bei den Gesellschaften um gewerblich geprägte Personengesellschaften i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG handelt. Die Gewinne aus den Anteilsveräußerungen sind daher – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – als laufende Gewinne aus gewerblichem Grundstückshandel im Rahmen der ESt-Veranlagung (Gewinnfeststellung) und der GewSt-Veranlagung des Gesellschafters (der Obergesellschaft) zu erfassen.

 

Normenkette

§ 15 Abs. 2 EStG, § 7, § 9 Nr. 2 GewStG, § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO

 

Sachverhalt

Eine Ein-Mann-GmbH & Co. KG hatte zusammen mit ihrer Komplementär-GmbH mehrere Personengesellschaften gegründet, überwiegend in der Rechtsform einer GbR. Diese Objektgesellschaften sollten jeweils eine Immobilie erwerben und halten. Am 15.12.1993 erwarben sechs der Objektgesellschaften jeweils ein Mehrfamilienhaus. Eine Woche später veräußerte die KG ihre Anteile an den betreffenden Objektgesellschaften an einen Dritten. Damit erzielte sie einen Gewinn von ca. 227 000 DM.

Für die Objektgesellschaften waren jeweils negative laufende Einkünfte festgestellt worden. Diese gingen zunächst auch in die Gewinnfeststellung und den GewSt-Messbescheid der KG ein. Nach einer Außenprüfung vertrat das FA aber die Ansicht, die Gewinne aus der Veräußerung der Mitunternehmeranteile seien einkommensteuerlich nicht tarifbegünstigt und unterlägen bei der KG auch der GewSt.

Die dagegen erhobene Klage hatte beim FG keinen Erfolg (FG Berlin, Urteil vom 21.03.2006, 7 K 4006/03, Haufe-Index 1512029, EFG 2006, 1069).

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte das FG-Urteil. Die KG sei mit dem Verkauf der Gesellschaftsanteile an Grundstücksgesellschaften als gewerbliche Grundstückshändlerin tätig geworden. Es seien mehr als drei Anteile innerhalb kurzer Zeit veräußert worden.

 

Hinweis

1. Das Urteil zeigt, dass man der Besteuerung als gewerblicher Grundstückshändler nicht dadurch entgehen kann, dass für jedes Grundstück eine Personengesellschaft gebildet wird, um anschließend die Gesellschaftsanteile zu veräußern.

2. Die Gleichstellung eines Anteils an einer Grundstückspersonengesellschaft mit einem Zählobjekt i.S.d. der Drei-Objekt-Grenze ist bereits seit Jahren ständige Rechtsprechung des BFH. Die bisher entschiedenen Fälle betrafen aber vermögensverwaltende Personengesellschaften, für die über § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO in vollem Umfang eine Bruchteilsbetrachtung gilt. Die im Gesamthandseigentum stehenden WG werden anteilig den Gesellschaftern zugerechnet.

Im Besprechungsfall waren die Objektgesellschaften aber gewerblich geprägte Personengesellschaften i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG. Denn ihre Tätigkeit beschränkte sich zwar auf die Vermögensverwaltung, ihre Gesellschafter waren aber ausschließlich eine GmbH und eine GmbH & Co. KG. Bei gewerblich geprägten Personengesellschaften ist das Gesamthandsvermögen Betriebsvermögen und wird in erster Linie der Personengesellschaft zugerechnet. Das schützt aber, wie der BFH hier ausführt, nicht vor einer Behandlung der Gesellschaftsanteile als Zählobjekt. In diesem Punkt werden vermögensverwaltende und gewerblich geprägte Personengesellschaften gleich behandelt.

3. Ist der gewerbliche Grundstückshändler ohnehin Gewerbetreibender, wie hier die klagende GmbH & Co. KG, geht der Gewinn aus der Veräußerung von Personengesellschaftsanteilen zwar in den Bilanzgewinn des Anteilsveräußerers ein. Er wird aber als tarifbegünstigter Gewinn i.S.d. § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG behandelt, wenn sämtliche Anteile an der Objektgesellschaft veräußert worden sind. Zugleich ist der Gewinn grundsätzlich weder auf der Ebene der Objektgesellschaft noch beim Gesellschafter Bestandteil des Gewerbeertrags. Aus der Behandlung der Anteilsveräußerung als gewerblicher Grundstückshandel folgt nun, dass der Gewinn einkommensteuerlich nicht tarifbegünstigt ist und außerdem beim Gesellschafter der GewSt unterliegt.

4. Der Rechtsstreit betraf das Jahr 1993, sodass der heutige § 7 S. 2 GewStG noch keine Anwendung fand. Die Vorschrift regelt jetzt, dass der Gewinn aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils zum Gewerbeertrag der Personengesellschaft gehört, soweit er nicht auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligten Mitunternehmer entfällt.

In der Konstellation des Besprechungsfalls waren diese Voraussetzungen erfüllt, weil beide Mitunternehmer Gesellschaften waren. Der Gewinn würde also bereits auf der Ebene der Objektgesellschaft der GewSt unterliegen. Wenn der Gewinn nach dem Besprechungsurteil auch beim Gesellschafter als Gewerbeertrag erfasst wird, könnte man eine Doppelbelastung mit GewSt befürchten. Diese wird aber durch die Kürzung des Gewerbeertrags beim Gesellschafter nach § 9 Nr. 2 GewStG vermieden.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 05.06.2008, IV R 81/06

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