Keine ­klassische, nun unternehmens­übergreifende Aufbau­organisation vorhanden

Bei einer Wertschöpfungskette handelt es sich im Prinzip um eine Leistungsgemeinschaft, die einheitlich geführt und auf ein Ziel ausgerichtet sein muss, um den optimalen Kundennutzen und damit – wie ausgeführt – einen maximalen Wertbeitrag jedes einzelnen Kettenmitglieds zu erreichen. Eine Schwierigkeit besteht darin, dass sie keine Aufbauorganisation im traditionellen Sinne zur Verfügung hat, weil eine solche üblicherweise auf rechtliche Einheiten orientiert ist.

Für das Management von Wertschöpfungsketten werden die Werkzeuge und Führungsprinzipien des Netzwerk- und/oder Kooperationsma­nagements eingesetzt, die zwar solche Begrenzungen überwinden, gleichwohl aber rechtliche Einheiten als "Gehäuse" nutzen (müssen). Zum Beispiel können Arbeitsverträge nur zwischen einem Controller bzw. einem Manager und einem rechtlich verfassten Unternehmen geschlossen werden. Dies zeigt schon, dass die organisatorische Anbindung des Controllings an eine rechtliche Einheit erforderlich ist, obwohl dessen Aufgaben über dieses Gebilde hinausgehen. Je nach Gestaltung, Aufgabe und Größe der Wertschöpfungskette kann es sich anbieten, dass ein beteiligtes Unternehmen bzw. sein/e Controller die Aufgabe des Value Chain Controlling (mit)übernehmen.[1] Denkbar ist aber auch, dass das Controlling als spezielle Supportfunktion in einer rechtlichen Einheit außerhalb der an der direkten Wertschöpfung beteiligten Unternehmen eingerichtet wird.[2] Das in Abb. 6 dargestellte Modell zeigt die beiden Varianten anhand der üblichen Darstellung der Wertschöpfungskette von Porter.

Abb. 6: Modell der Verankerung der Controlling-Institution in Wertschöpfungsketten[3]

Beide Formen haben Vor- und Nachteile. Bei der Ansiedlung des Value Chain Controllers beim "Führungsunternehmen" können sich Bevormundungs- und Geheimhaltungsvorbehalte der Teilnehmer ergeben.[4] Sie ist aber auch eine Frage der verfügbaren Kapazitäten und fachlichen Fähigkeiten.

 
Praxis-Tipp

Rechte vertraglich vereinbaren

Jedenfalls sind vertraglich die Weisungs- und Sanktionsrechte des Führungs-Controllers bzw. seiner Unternehmensleitung zu klären sowie der Datenzugriff und der Umgang mit dem gemeinsamen Datenmaterial explizit zu vereinbaren.

Externes Controlling hat mehrere Vorteile

Heute schon üblich ist es deshalb aus beiden Gründen, die Controlling-Funktion für eine Wertschöpfungskette durch externe Dienstleister ausüben zu lassen.[5] Diese können spezielle Beratungsfirmen sein, z. B. Projektmanagementgesellschaften oder allgemeine Unternehmensberatungen, die möglicherweise das gesamte Kooperationsmanagement einer Value Chain im Lohnauftrag ohnehin erledigen. Es gibt aber auch spezielle Controlling-Dienstleister, die als sog. "externe Controller" derartige Aufträge übernehmen. Interessanterweise bieten zunehmend Wirtschaftsprüfungsgesellschaften solche Dienste an. "Extern" geführte Formen des Value Chain Management sind insbesondere für Kleinbetriebe und Mittelständler interessant, die sich zu Wertschöpfungsketten zusammenschließen. Diese Firmen sind einerseits zwar aufgrund ihrer meist technischen Kompetenz ideale Partner und können in Wertschöpfungsketten signifikante (Zusatz-)Wertbeiträge generieren; andererseits sind sie kapazitätsmäßig aber meist nicht in der Lage, die Steuerung oder das Controlling solcher Ketten zu bewerkstelligen. Es ist zu vermuten, dass sich hier ein neues Betätigungs- und Karrierefeld für firmenexterne Controller eröffnet.

Bei der Ansiedlung des Controllers beim an der Wertschöpfung teilnehmenden Führungsunternehmen wird der Value Chain Controller idealerweise dem Zentral- oder Konzern-Controller zugeordnet. Es muss aber sichergestellt werden, dass er von dessen Weisungen unabhängig agieren kann und einen fachlichen Zugriff auf alle Controlling-Stellen der die Kette bildenden Partnerfirmen bekommt. Seine "Gegenleistung" ist, dass er alle Beteiligten gleichberechtigt behandelt und ihnen die erforderlichen Führungsinformationen im gleichen Ausmaß zur Verfügung stellt wie dem Management "seines" Führungsunternehmens.

 
Praxis-Tipp

Rolle des Controllers vertraglich fixieren

Es ist selbstverständlich, dass die erforderlichen Regelungen vertraglich zwischen den Partnern einer Wertschöpfungskette fixiert werden. Dies gilt im Übrigen auch, wenn ein Modell mit einem außerhalb der Kette angesiedelten Controller gewählt wird.

[1] Nach Jehle (2005), S. 61 – 64, ist beim Aufbau einer wertorientierten Supply-Chain-Controlling-Konzeption in der Praxis von der Dominanz einer "fokalen Führungsorganisation" auszugehen. Das fokale Unternehmen wird synonym gelegentlich auch als "Hub firm", "Supply Chain Leader" u. Ä. bezeichnet.
[2] Zur Führung einer Value Chain, und in diesem Zusammenhang des Value Chain Controlling, unterscheidet Swartbooi (2010), S. 39 ff., zwischen den Varianten "external body", "any chain participant", "strong leader"; vgl. auch Bartlett/Ghoshal (2002), S. 166–174.
[3] Quelle: Nowak (201...

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