Leitsatz

1. Gestattet eine Gemeinde gegen Entgelt die Nutzung einer Sport- und Freizeithalle, ist sie gem. § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG i.V.m. § 4 KStG als Unternehmer tätig, wenn sie ihre Leistung entweder auf zivilrechtlicher Grundlage oder – im Wettbewerb zu Privaten – auf öffentlich-rechtlicher Grundlage erbringt.

2. Gleiches gilt für die entgeltliche Nutzungsüberlassung der Halle an eine Nachbargemeinde für Zwecke des Schulsports. Auch eine sog. Beistandsleistung, die zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts gegen Entgelt erbracht wird, ist steuerbar und bei Fehlen besonderer Befreiungstatbestände steuerpflichtig.

 

Normenkette

§ 2 Abs. 3 UStG 1993, § 4 KStG, Art. 4 Abs. 5 der 6. EG-RL

 

Sachverhalt

Eine Gemeinde errichtete eine Sporthalle, die sie für den Schulsport benutzte, an Vereine vermietete und einer Nachbargemeinde gegen Kostenerstattung überließ. Das FA berücksichtigte weder die Vorsteuer noch die Umsätze. Das FG bestätigte die Auffassung (Sächsisches FG, Urteil vom 15.7.2009, 5 K 1593/04, Haufe-Index 2617351).

 

Entscheidung

Die Revision der Klägerin hatte Erfolg. Die Klägerin hätte zwar in Bezug auf die Überlassung der Halle an Sportler oder Sportvereine für Sportzwecke die Steuerfreiheit nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der 6. EG-RL beanspruchen können, wenn sie sich auf die RL berufen hätte. Da sie im Streitjahr den Vorsteuerabzug begehrte, war ihr das nationale Recht lieber. Das FA konnte sie nicht auf die – nicht zutreffend umgesetzte – RL-Befreiung verweisen.

 

Hinweis

Für die Besteuerung der juristischen Personen des öffentlichen Rechts (jPöR) gelten nach der neuen Rechtsprechung – im Anschluss an die EuGH-Entscheidung durch das EuGH-Urteil Isle of Wight – folgende Grundsätze:

1. Eine jPöR ist bei richtlinienkonformer Auslegung (§ 2 Abs. 3 Satz 1 UStG i.V.m. § 4 KStG entsprechend Art. 4 Abs. 5 der 6. EG-RL) Unternehmer, wenn sie eine wirtschaftliche und damit eine nachhaltige Tätigkeit zur Erbringung entgeltlicher Leistungen (wirtschaftliche Tätigkeit) ausübt, die sich innerhalb ihrer Gesamtbetätigung heraushebt. Handelt sie dabei auf privatrechtlicher Grundlage, kommt es auf weitere Voraussetzungen nicht an. Handelt sie auf öffentlich-rechtlicher Grundlage, z.B. durch Verwaltungsakt, ist sie nur Unternehmer, wenn eine Behandlung als Nichtunternehmer zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde. Dabei kommt es auf die Art der Tätigkeit, nicht auf den lokalen Markt an. Darf – nach EuGH-Vorgabe – grundsätzlich nicht auf den betreffenden (ggf. lokalen) Markt abgestellt werden, ist die Art der Tätigkeit entscheidend und sind weiter "nur unbedeutende Wettbewerbsverzerrungen" zu vernachlässigen, bedeutet dies eine wesentliche Einschränkung der Nichtsteuerbarkeit der Tätigkeiten der öffentlichen Hand. Für deren Vorsteuerabzug kann sich dies jedoch vorteilhaft auswirken.

2. Nach § 4 KStG muss sich die Tätigkeit "aus der Gesamtbetätigung" der Gemeinde "herausheben". Dieses Kriterium kann – so schon bisher die BFH-Rechtsprechung – nicht durch bestimmte Gewinn- und Umsatzgrenzen konkretisiert werden. Die Art der Tätigkeit ist entscheidend. So ist die Vermietung einer Sporthalle oder eines Parkhauses – wie Leistungen von privaten Unternehmern – hinreichend "herausgehoben".

3. Nach der neuen Rechtsprechung – entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung – sind auch sog. (entgeltliche) Beistandsleistungen zwischen jPöR steuerpflichtig, soweit diese auch von Privaten erbracht werden können.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 10.11.2011 – V R 41/10

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