Sachverhalt

Bei dem österreichischen Verfahren ging es um die Unternehmereigenschaft beim Betreiben einer Photovoltaikanlage ohne eigene Stromspeichermöglichkeit auf oder neben einem privaten Wohnzwecken dienenden Eigenheim, die technisch derart ausgelegt ist, dass die Stromerzeugung der Anlage dauerhaft die durch den Anlagenbetreiber insgesamt privat verbrauchte Strommenge im Eigenheim unterschreitet. Fraglich war, ob in einem solchen Fall eine wirtschaftliche Tätigkeit des Anlagenbetreibers i.S. von Art. 4 der 6. EG-Richtlinie (jetzt Art. 9 MwStSystRL) begründet wird.

Der Kläger hatte im Jahr 2005 auf dem Dach seines privaten Wohnzwecken dienenden Hauses eine Photovoltaikanlage errichtet, die mit einem Einmalbetrag gefördert worden war. Eine Stromspeichermöglichkeit in Form von Akkumulatoren bestand nicht. Der gesamte von der Photovoltaikanlage produzierte Strom wurde an das (öffentliche) Netz (im Vorlagefall an einen Stromanbieter, mit dem der Kläger einen entsprechenden Vertrag geschlossen hatte) geliefert, wobei der im eigenen Haushalt benötigte Strom wieder - zum selben Preis wie geliefert (Bruttopreis/kWh 0,181 ) - zurückgekauft wurde. Im Zeitraum 2005 bis 2008 wurden insgesamt rd. 44.600 kWh Strom in dem Haushalt verbraucht. Von der in dieser Zeit insgesamt produzierten und eingespeisten Menge von 19.801 kWh Strom aus der Photovoltaikanlage wurden 11.156 kWh dauerhaft im allgemeinen Stromnetz belassen und 8.645 kWh unmittelbar selbst verbraucht.

Nach Auffassung des Finanzamtes hatte der Kläger mit dem Betrieb der Photovoltaikanlage keine unternehmerische (wirtschaftliche) Tätigkeit begründet. Nach Berufung des Klägers setzte der unabhängige Finanzsenat Linz einen Vorsteuerüberhang zugunsten des Klägers fest. Der Betrieb einer Photovoltaikanlage erfülle die Voraussetzungen einer wirtschaftlichen Tätigkeit nach Art. 4 der 6. EG-Richtlinie, wenn er als Nutzung eines Gegenstands zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen erfolge. Diese Feststellung sei aufgrund der Gesamtheit der Gegebenheiten des Einzelfalles zu treffen. Könne ein Gegenstand - wie vorliegend - seiner Art nach sowohl zu wirtschaftlichen als auch zu privaten Zwecken verwendet werden, seien alle Umstände seiner Nutzung zu prüfen, um festzustellen, ob er tatsächlich zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen verwendet werde. In diesem Fall könne der Vergleich zwischen den Umständen, unter denen die entsprechende wirtschaftliche Tätigkeit gewöhnlich ausgeübt werde, eine der Methoden darstellen, mit denen geprüft werden könne, ob die betreffende Tätigkeit zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen ausgeübt werde (vgl. EuGH, Urteil v. 26.9.1996, Rs C-230/94 (Enkler). Dem Kläger werde für die Lieferung ins Netz der jeweils geltende Marktpreis gezahlt und damit sei auch Entgeltlichkeit gegeben. Auch sei keine Gewinnerzielungsabsicht, sondern lediglich Einnahmenerzielungsabsicht erforderlich. Da ein Stromüberschuss in der Anlage nicht nur gelegentlich entstehe, diene diese nicht ausschließlich oder überwiegend der eigenen (privaten) Stromversorgung. Dadurch sei auch das Erfordernis der Nachhaltigkeit erfüllt. Der Umstand, dass der Kläger für seinen Haushalt insgesamt mehr Strom benötigt als die Anlage erzeugt, sei unerheblich. Maßgeblich sei die überwiegend unternehmerische Nutzung des konkreten Wirtschaftsgutes "Photovoltaikanlage". Ob und in welchem Umfang privater (Strom)Konsum erfolge, sei für die Frage, ob die Anlage unternehmerisch oder nicht unternehmerisch verwendet werde, unerheblich. Der Kläger nutze die Photovoltaikanlage jedenfalls zu mindestens 10% für sein Unternehmen. Dies gelte auch dann, wenn man davon ausgehe, dass nur der überschüssige Strom in das Netz eingespeist werde (2005: "produzierter" Strom: 2.829 kWh und "überschüssiger" Strom: 1.986 kWh). Da der gesamte produzierte Strom mit Umsatzsteuer verrechnet und der selbst verbrauchte Strom wieder mit Umsatzsteuer zurückgekauft werde (ohne Vorsteuerabzug), erübrige sich auch eine allenfalls erforderliche Eigenverbrauchsbesteuerung hinsichtlich des Privatverbrauchs. Unter diesen Umständen könne der Kläger die Anlage insgesamt (zu 100%) seinem Unternehmen zuordnen und den Vorsteuerabzug aus den Anschaffungskosten der Anlage geltend machen (vgl. BFH-Urteile v. 11.4.2008, V R 10/07 und v. 18.12.2008, V R 80/07). Durch die Geltendmachung des Vorsteuerabzuges aus den Anschaffungskosten habe der Kläger bereits zum Zeitpunkt der Errichtung der Anlage die Zuordnung zum Unternehmen unzweifelhaft bekannt gegeben und es sei eine zeitnahe Zuordnung erfolgt.

Der Verwaltungsgerichtshof Österreich hegte Zweifel, ob der Betrieb einer Stromerzeugungsanlage auf einem privaten Wohnzwecken dienenden Haus in der Ausgangsverfahren gegebenen Form von Einspeisungen unter der eigenen Energiebedarfsmenge des Eigenheims dem Typus der "wirtschaftlichen Tätigkeit", wie ihn die 6. EG-Richtlinie für die nationalen Rechtsordnungen vorprägt, erfüllt.

Der Verwaltungsgerichtshof sah mit Blick auf das EuGH-Urteil v. 26.9.19...

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