Rz. 68

Die wirtschaftlichen Zielsetzungen der Betriebsüberlassung decken sich mit denen des Betriebspachtvertrags (vgl. Rz. 62). Auch die wirtschaftlichen bzw. steuerlichen Auswirkungen sind bei beiden Vertragstypen im Wesentlichen identisch.[1] So wird bspw. – analog zum Betriebspachtvertrag – die steuerliche Organschaft nicht aufgrund eines Betriebsüberlassungsvertrags begründet.[2] Einen wesentlichen Vorteil kann jedoch die Betriebsüberlassung – die sog. Innenpacht – im Vergleich zur Außenpacht des Betriebspachtvertrags bieten, wenn bspw. die überlassende Gesellschaft unter ihrem Namen eine besondere Marktgeltung für ihre Produkte etabliert hat. Eine in der Praxis übliche Vertragsgestaltung zwischen den Vertragsparteien stellt der zusätzliche Abschluss eines Beherrschungs- und/oder Gewinnabführungsvertrags dar, durch den die übernehmende Gesellschaft zur Weisung berechtigt und zum Verlustausgleich verpflichtet wird. Die rechtlich nahezu unlösbaren Abgrenzungs- und Umgehungsprobleme werden so vermieden.[3] Nachfolgend ist ein Formulierungsvorschlag über einen Betriebsüberlassungsvertrag zwischen zwei Aktiengesellschaften wiedergegeben.[4]

 

Betriebsüberlassungsvertrag

zwischen der

A Aktiengesellschaft (A)

und der

B Aktiengesellschaft (B)

§ 1 Vertragsgegenstand

(1) B überlässt A mit Wirkung vom 1. April…… (Stichtag) ihr gesamtes Anlagevermögen zu Besitz und zur Nutzung im Namen von B und für Rechnung von A.
(2) Zu dem nach diesem Vertrag von B an A überlassenen Anlagevermögen gehören auch solche Anlagen, die sich am Stichtag im Bau oder in der Montage befinden oder während der Dauer dieses Vertrags errichtet oder angeschafft werden.

§ 2 Vollmachten

(1) A wird den Betrieb von B nach außen im Namen von B führen.
(2) B erteilt A für die Dauer dieses Betriebsüberlassungsvertrags unwiderruflich die Vollmacht, im Namen von B alle Rechtshandlungen vorzunehmen, welche zur Durchführung dieses Betriebsüberlassungsvertrags notwendig und angebracht sind. B verpflichtet sich, A alle erforderlichen Sondervollmachten zu erteilen und auch sonst alle Handlungen vorzunehmen, die A stets rechtlich in die Lage versetzen, die zur Durchführung dieses Betriebsüberlassungsvertrags erforderlichen Maßnahmen nach außen im Namen von B zu treffen.

§ 3 Abtretung von Ansprüchen und Freihaltung von Verbindlichkeiten

(1) A und B haben sich während der Vertragsdauer im Innenverhältnis so zu behandeln und zu verhalten, als ob A den Betrieb von B nach außen in eigenem Namen führen würde. B tritt mit Wirkung vom Stichtag an alle Ansprüche aus Rechtsgeschäften, die A während der Vertragsdauer in Durchführung dieses Vertrags im Namen von B vornimmt, an A ab.
(2) A wird B von allen Verbindlichkeiten freihalten, die B in Durchführung dieses Betriebsüberlassungsvertrags aus Handlungen oder Unterlassungen von A oder aufgrund der Tatsache erwachsen sollten, dass B während der Dauer des Betriebsüberlassungsvertrags als Unternehmen in Anspruch genommen werden sollte, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob A ein Verschulden trifft.

§ 4 Umfang des Nutzungsrechts

(1) Der B-Betrieb wird an A überlassen, so wie er steht und liegt. Jegliche Gewährleistungsansprüche von A gegen B sind ausgeschlossen.
(2) Während der Vertragsdauer hat A den ihr zur Nutzung überlassenen Betrieb nach den kaufmännischen und technischen Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft pfleglich zu führen. A darf in diesem Rahmen Änderungen, Einschränkungen und Erweiterungen des Betriebs vornehmen.

§ 5 Investitionen

A ist berechtigt, in dem ihr von B überlassenen Betrieb Investitionen durchzuführen; dazu gehören auch Neuanlagen. Diese Investitionen erfolgen im Rahmen der Leistungsfähigkeit von B im Namen und für Rechnung von B. Die Investitionsobjekte werden Eigentum von B.

§ 6 Vergütung

A zahlt an B für die Betriebsüberlassung ein jährliches Entgelt im Betrag der jeweils für B steuerlich höchst zulässigen Abschreibungen und sonstigen steuerlich zulässigen Aufwendungen für die überlassenen Gegenstände zuzüglich eines Aufschlags von 5 % auf das für den Beginn und das Ende eines Geschäftsjahrs festgestellte arithmetische Mittel zwischen Anfangs- und Endwert des Anlagevermögens von B.

§ 7 Vorratsvermögen

B stellt A ihre am Stichtag vorhandenen Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, halbfertigen Erzeugnisse und fertigen Erzeugnisse darlehensweise zur Verfügung. A verpflichtet sich, bei Beendigung des Betriebsüberlassungsvertrags an B Vorräte gleicher Menge, Art und Güte zurückzugeben.

§ 8 Vertragsübernahme

A tritt mit Wirkung vom Stichtag an für die Dauer dieses Betriebsüberlassungsvertrags in alle am Stichtag dieses Betriebsüberlassungsvertrags bestehenden laufenden Verträgen ein, die B mit Dritten abgeschlossen hat. A verpflichtet sich, B zum Stichtag für die Dauer dieses Betriebsüberlassungsvertrags von allen Verpflichtungen aus solchen Verträgen freizustellen.

§ 9 Vertragsdauer, Kündigung

(1) Dieser Vertrag wird auf unbestimmte Zeit geschlossen. Er ist beiderseits mit einer Kündigungsfrist von 12 Monaten, jeweil...

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