Rz. 19

Das Aktienrecht formuliert eindeutige Anforderungen an die Rechtsform der unterstellten Gesellschaft. Die durch den Beherrschungsvertrag verpflichtete Gesellschaft, die ihre Leitung dem herrschenden Unternehmen unterstellt, muss – dem Aktienrecht folgend – eine dem deutschem Recht unterliegende AG oder KGaA mit Sitz im Inland sein.[1] Aber auch eine SE mit Sitz im Inland kann – als Ausfluss der voranschreitenden europäischen Integration – die Rolle als unterstellte Gesellschaft in einem Beherrschungsvertrag einnehmen (vgl. hierzu die Ausführungen in Rz. 17). Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, so liegt kein Beherrschungsvertrag i. S. d. § 291 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 AktG und folglich auch kein aktienrechtlicher Vertragskonzern vor.[2]

 

Rz. 20

Obwohl sich der Anwendungsbereich der §§ 291ff. AktG unmittelbar nur auf Unternehmensverträge mit abhängigen Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien erstreckt, kann der Abschluss eines Beherrschungsvertrags mit einer anderen als den eben genannten Rechtsformen nicht kategorisch ausgeschlossen werden.[3] Zwar existiert bspw. für die GmbH als abhängige Gesellschaft bislang kein eigenständiges Regelwerk, jedoch finden sich vereinzelt Bestimmungen wie die §§ 14ff. KStG und § 17 KStG sowie § 30 Abs. 1 Satz 2 GmbHG,[4] die die Möglichkeit von Unternehmensverträgen mit einer GmbH als abhängige Gesellschaft unterstreichen. Tatsächlich ist auch in der unternehmerischen Praxis regelmäßig die Rechtsform der GmbH als untergeordnete Gesellschaft anzutreffen. Da allerdings keine eigenständigen Regelungen für den Fall einer abhängigen GmbH existieren, erwiesen sich in der Vergangenheit Vertragskonstellationen dieser Art in gesellschaftsrechtlicher Hinsicht als problematisch. Denn der Rückgriff auf die Vorschriften des AktG im Wege einer pauschalen Gesamtanalogie kam und kommt aufgrund der Strukturunterschiede zwischen GmbH und AG bzw. KGaA nicht infrage.[5] Mittlerweile haben jedoch die Rechtsprechung und die rechtswissenschaftliche Literatur für die GmbH unter weitgehendem Rückgriff auf die Bestimmungen des Aktienrechts eigenständige Regelungen entwickelt, die es der GmbH ermöglichen, die Rolle einer unterstellten Gesellschaft einzunehmen.[6]

 

Rz. 21

Hingegen wird bis heute in der Literatur kontrovers diskutiert, ob Personengesellschaften,[7] Genossenschaften und Vereine als untergeordnete Gesellschaft Parteien eines Beherrschungsvertrags sein können.[8] Umstritten bleibt auch die Frage, ob Anstalten des öffentlichen Rechts als Untergesellschaft fungieren können.[9] Nur Stiftungen wird bisher überwiegend die Fähigkeit, sich als abhängiges Unternehmen an Unternehmensverbindungen zu beteiligen, abgesprochen.[10]

[1] Vgl. Altmeppen, in Goette/Habersack, Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 5. Aufl. 2020, § 291 AktG Rz. 17; Schenk, in Bürgers/Körber/Lieder, Aktiengesetz, 5. Aufl. 2020, § 291 AktG Rz. 3; Koch, Aktiengesetz, 16. Aufl. 2022, § 291 AktG Rz. 5. Das deutsche Konzernrecht kann nicht den Schutz ausländischer Gesellschaften bezwecken. Vgl. hierzu grundlegend BGH, Urteil v. 13.12.2004, II ZR 256/02, BB 2005 S. 286 f.
[2] Vgl. Altmeppen, in Goette/Habersack, Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 5. Aufl. 2020, § 291 AktG Rz. 17.
[3] Vgl. Krieger, DStR 1992, S. 432.
[4] Gemäß § 30 Abs. 1 Satz 2 GmbHG gilt das Verbot der Auszahlung des zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögens der Gesellschaft an die Gesellschafter (siehe dazu § 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG) nicht für Leistungen, die bei Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags erfolgen.
[5] Vgl. BGH, Beschluss v. 24.10.1988, II ZB 7/88, BGHZ 105 S. 324; BGH, Beschluss v. 30.1.1992, II ZB 15/91, NJW 1992 S. 1452; Koppensteiner, in Zöllner/Noack, Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, 3. Aufl. 2004, Vorbemerkungen vor § 291 AktG Rz. 169; Emmerich, in Emmerich/Habersack/Schürnbrand, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 9. Aufl. 2019, § 291 AktG Rz. 7.
[6] Vgl. ausführlich Koppensteiner, in Zöllner/Noack, Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, 3. Aufl. 2004, Vorbemerkungen vor § 291 AktG Rz. 169 ff.; Emmerich, in Emmerich/Habersack/Schürnbrand, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 9. Aufl. 2019, § 291 AktG Rz. 6 ff.
[7] Die wesentliche Problematik bei Personengesellschaften als untergeordnete Vertragspartei ergibt sich aus der Tatsache, dass das Weisungsrecht der herrschenden Gesellschaft aufgrund des Beherrschungsvertrags (vgl. § 308 AktG) möglicherweise nicht mit der persönlichen Haftung der Gesellschafter der untergeordneten Gesellschaft vereinbar ist. Vgl. Emmerich, in Emmerich/Habersack/Schürnbrand, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 9. Aufl. 2019, Vorbemerkungen zu § 291 AktG Rz. 10; Altmeppen, in Goette/Habersack, Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 5. Aufl. 2020, § 291 AktG Rz. 11 ff.
[8] Vgl. zum Meinungsstand ausführlich Emmerich, in Emmerich/Habersack/Schürnbrand, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 9. Aufl. 2019, Vorbemerkungen zu § 291 AktG Rz. 10, 13; Koch, Aktiengesetz, 16. Aufl. 2022, § 291 AktG Rz. 7. ...

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