Auch bei einem Mischnachlass gilt, dass Entgeltlichkeit nur insoweit gegeben ist, als Abfindungszahlungen geleistet werden. Hat im Rahmen der Realteilung eines Mischnachlasses einer der Miterben an den oder die anderen eine Ausgleichszahlung zu leisten, weil er wertmäßig mehr Vermögen übernimmt als ihm nach seiner Erbquote zusteht, führt dies zu einem – ggf. einkommensteuerpflichtigen – Veräußerungserlös einerseits und zu Anschaffungskosten andererseits.

Ein beim Empfänger der Ausgleichszahlung entstehender Gewinn ist nur einkommensteuerpflichtig, wenn er auf Betriebsvermögen oder – bei der Übertragung von Privatvermögen – auf Anteile an Kapitalgesellschaften nach § 17 EStG, ein privates Veräußerungsgeschäft nach § 23 EStG oder auf vor dem 13.12.2006 geschaffene einbringungsgeborene Anteile entfällt, für die § 21 UmwStG a. F. weitergilt. Einbringungsgeborene Anteile, die nach dem 12.12.2006 geschaffen wurden, fallen unter § 17 Abs. 6 EStG.

 
Praxis-Beispiel

Mischnachlass mit Abfindung

Miterben sind A und B zu je ½. Zum Nachlass gehören

  • ein gewerbliches Einzelunternehmen mit einem Verkehrswert von 1 Mio. EUR (Buchwert: 100.000 EUR) und
  • ein privates Wohnhaus mit einem Wert von 800.000 EUR.

Bei der Erbauseinandersetzung erhält A den Betrieb und B das Wohnhaus. Zum Ausgleich zahlt A an B eine Abfindung von 100.000 EUR, die er durch einen Kredit finanziert.

Da das von A übernommene Einzelunternehmen 1 Mio. EUR wert ist, A aber am Nachlass von insgesamt 1,8 Mio. EUR wertmäßig nur zu 50 % = 900.000 EUR beteiligt ist, hat er den ihm zugeteilten Betrieb im Wege der Realteilung zu 9/10 unentgeltlich erworben. Dementsprechend muss er 9/10 des Kapitalkontos der Erbengemeinschaft von 100.000 EUR = 90.000 EUR fortführen. Im Verhältnis seiner Zahlung (100.000 EUR) zum Verkehrswert des Betriebs (1 Mio. EUR), also zu 1/10 hat A den Betrieb entgeltlich erworben. Für den Betrag von 100.000 EUR erhält A 1/10 des Betriebsvermögens.[1] Soweit seine Anschaffungskosten von 100.000 EUR das anteilige Kapitalkonto des B von 1/10 von 100.000 EUR = 10.000 EUR übersteigen, also in Höhe von 90.000 EUR, muss er die Buchwerte der übernommenen Aktiva aufstocken. Die Darlehensschuld von 100.000 EUR ist eine Betriebsschuld, die Darlehenszinsen sind Betriebsausgaben. B entsteht ein tarifbegünstigter Veräußerungsgewinn von 90.000 EUR, denn er hat seinen kompletten Mitunternehmeranteil (1/10 des Betriebsvermögens = 10.000 EUR) für 100.000 EUR entgeltlich auf A übertragen. Das Wohnhaus hat B voll unentgeltlich erworben.

Der BFH[2] hat in Fällen, bei denen es um die Erbauseinandersetzung über Privatvermögen (Grundstücke) ging, die Ansicht vertreten, dass Anschaffungskosten vorliegen, wenn ein Miterbe mehr Nachlassvermögen übernimmt als ihm aufgrund seiner Erbquote zusteht, und er im Gegenzug Verbindlichkeiten der Erbengemeinschaft über seine Erbquote hinaus übernimmt. Das BMF[3] hat diese Rechtsprechung mit einem Nichtanwendungserlass belegt.

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