Abgesehen von einer generellen Aussage über die Sanierbarkeit des Krisenunternehmens, sollte die Sanierungsfähigkeitsprüfung zweckmäßigerweise die im Folgenden beschriebenen 3 Elemente umfassen.

Analyse der Ist-Situation

Zunächst ist eine Analyse des Ist-Zustandes in Form einer quantitativen und qualitativen Erfassung der gegenwärtigen Unternehmenssituation inklusive einer detaillierten Analyse und Beschreibung der Krisenursachen, häufig gegliedert nach endogenen und exogenen sowie leistungs- und finanzwirtschaftlichen Krisenursachen, erforderlich. Die detaillierte Erfassung der Ist-Situation bildet die wesentliche Entscheidungsgrundlage und dient darüber hinaus zur nachträglichen Beurteilung des Erfolges der umgesetzten Sanierungsmaßnahmen. Die Grundlage der Analyse des Ist-Zustandes stellt regelmäßig die detaillierte Beschreibung des Unternehmens dar. Zu erfassen sind dabei insb.

  • die bisherige finanz- und leistungswirtschaftliche Unternehmensentwicklung,
  • die Rechtsform,
  • die Standorte,
  • die Mitarbeiterzahl und -entwicklung,
  • die Struktur und Organisation des Managements,
  • die Finanzierungsstruktur,
  • die Struktur der Mittelverwendung,
  • die bestehenden Beteiligungsverhältnisse,
  • die Breite und Tiefe des Produktprogramms und
  • der Ablauf der Leistungsprozesse.

Die Krisenursachenanalyse sollte eine Analyse der Finanz- und Ertragslage, eine Analyse des Managements und der Organisation, eine Analyse der Unternehmensumwelt und eine Analyse der strategischen Lage beinhalten.[1]

Identifikation und Beurteilung der Handlungsalternativen

Des Weiteren ist es notwendig, einen Überblick über die generell verfügbaren Sanierungsinstrumente inklusive einer Empfehlung über die in der gegenwärtigen Unternehmens- und Marktsituation am besten geeigneten Sanierungsinstrumente zu generieren.[2] Hierfür sind aus dem Spektrum der möglichen Sanierungsmaßnahmen diejenigen herauszufiltern, die eine Wiedergewinnung der erforderlichen Ertragskraft und der finanziellen Stabilität mit höchster Wahrscheinlichkeit gewährleisten. Darüber hinaus ist zu prüfen, inwieweit die Sanierungsmaßnahmen gegenüber den verschiedenen mit dem Sanierungsunternehmen in Beziehung stehenden Interessengruppen durchsetzbar erscheinen.[3] Zur Auswahl der optimalen Sanierungsinstrumente können die identifizierten Handlungsalternativen bspw. nach Stärke und Dauer ihrer Erfolgswirkung systematisiert und beurteilt werden. Hierbei können Sofortmaßnahmen, operative Maßnahmen und strategische Maßnahmen voneinander abgegrenzt werden, was Tab. 1 verdeutlicht.[4]

 
  Sofortmaßnahmen Operative
Maßnahmen
Strategische
Maßnahmen
Finanzwirtschaftliche Maßnahmen

- Aufrechterhaltung der Liquidität durch kurzfristige Überbrückungskredite oder Gesellschafterdarlehen

- Realisierung von Forderungen

- Aussetzung geplanter oder bereits laufender Investitionen

- Zins- und Tilgungsaussetzung

- Stundungsvereinbarung

- Erhöhung der Kreditlinien

- Bewirkung der Freigabe von Kreditsicherheiten

- Factoring

- Antrag auf Reduktion von Ertragsteuervorauszahlungen

- Antrag auf Staatshilfen (wie z. B. Corona-Überbrückungs- und Neustarthilfe)

- Buchsanierung

- Zins- und/oder Schuldenerlass

- Kapitalumwandlung (Debt-Equity-Swap)

- Umschuldung

- Kapitalerhöhung

- Verkauf von Unternehmensteilen
Leistungswirtschaftliche Maßnahmen

- Einstellungsstopp

- Lagerabbau

- Absatzstimulation durch Ansprache der Schlüsselkunden

- Austausch des Managements durch ein Krisenmanagement

- Kündigungen, Kurzarbeit mit Antrag auf Kurzarbeitergeld, Sozialplan

- Aufhebungsverträge

- Einführung von Arbeitszeitmodellen

- Kostensenkungsmaßnahmen

- Optimierung der Aufbau- und Ablauforganisation

- Veränderung der Breite und Tiefe des Produktprogramms

- Optimierung der Lagerhaltung

- Outscourcing

- Verkürzung der Entwicklungszeiten
Rechtliche Maßnahmen - Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens - Umgestaltung des Unternehmens in eine Fortführungsgesellschaft

Tab. 1: Systematisierung der Sanierungsmaßnahmen

Definition der Soll-Situation

Schließlich sollte die Sanierungsfähigkeitsprüfung eine detaillierte Beschreibung der durch die Umsetzung der Sanierungsmaßnahmen angestrebten Unternehmenssituation (Soll-Zustand) beinhalten, um einerseits eine konkrete Sanierungszielsetzung zu formulieren und anderseits den Wirkungsgrad der Sanierungsinstrumente ex post beurteilen zu können. Der Erfolg der Sanierung kann durch den Vergleich des ursprünglich beschriebenen Ist-Zustandes mit dem tatsächlich erreichten Zustand des Unternehmens nach Abschluss der Unternehmenssanierung gemessen werden. Durch Vergleich mit dem vorab definierten Soll-Zustand kann schließlich der Zielerreichungsgrad ermittelt werden. Eine Präzisierung des Sanierungskonzeptes ist insb. auch in zeitlicher Dimension erforderlich und sollte eine Prognose hinsichtlich der kurz-, mittel- und langfristigen Wirkungen der verfügbaren Sanierungsinstrumente inklusive einer Abschätzung der Unternehmensentwicklung bei Umsetzung der empfohlenen Sanierungsmaßnahmen enthalten.

Konkretisierung der Sanierungsfähigkeitsprüfun...

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