Ziele der finanziellen Sanierung

Akuter finanzwirtschaftlicher Handlungsbedarf besteht spätestens dann, wenn das Unternehmen in eine Ertrags- und/oder Liquiditätskrise gerät. In einer sich zuspitzenden Krisensituation hat die Unternehmensleitung zu prüfen, welche Maßnahmen eingeleitet und welche Instrumente eingesetzt werden können, um das Unternehmen finanziell zu sanieren. Anzumerken ist an dieser Stelle, dass sämtliche Maßnahmen der finanziellen Sanierung, die lediglich der Beseitigung der Auswirkungen der Krise dienen, in längerfristiger Sicht die Existenz des Unternehmens nicht sicherstellen können, sofern diese Maßnahmen nicht zugleich die Ursachen der finanziellen Sanierung bekämpfen.

Die Maßnahmen der finanziellen Sanierung müssen zum einen darauf abzielen, den Wert des in die Krise geratenen Unternehmens wieder über den Wert des aufgenommenen Fremdkapitals anwachsen zu lassen, um einer bilanziellen bzw. wirtschaftlichen Überschuldung entgegenzuwirken. Zum anderen müssen die Sanierungsmaßnahmen sicherstellen, dass trotz Unsicherheiten bei den künftigen Cashflows die Fähigkeit des Unternehmens erhalten bleibt, sämtlichen Zahlungsverpflichtungen fristgerecht und vollständig nachzukommen.[1]

Kriterien zur Systematisierung finanzieller Sanierungsmaßnahmen

Das facettenreiche Spektrum der unterschiedlichen Sanierungsmaßnahmen und -instrumente kann systematisiert werden nach

  • der Bilanzseite,
  • der Rechtstellung der Kapitalgeber,
  • der Fristigkeit der Maßnahmenwirkung sowie
  • dem Zufluss von Kapital und Liquidität.
[1] Vgl. Coenenberg, 1993, S. 10.

3.1 Bilanzseitig orientierte Sanierungsmaßnahmen

Nach dem Kriterium der primär im Fokus der Maßnahmen stehenden Bilanzseite kann zwischen aktivseitigen Sanierungsmaßnahmen und passivseitigen Sanierungsmaßnahmen unterschieden werden:

  • Aktivische Sanierungsmaßnahmen dienen der Verbesserung der Vermögenshöhe und der Vermögensstruktur und zielen auf die Optimierung sowohl des Anlage- als auch des Umlaufvermögens ab.
  • Passivische Sanierungsmaßnahmen werden zur Verbesserung der Höhe des Kapitals und der Kapitalstruktur eingesetzt und können allgemein in Maßnahmen zur Optimierung des Eigenkapitals und Maßnahmen zur Optimierung des Fremdkapitals unterteilt werden.

In nachfolgender Tabelle sind beispielhaft die zur Verfügung stehenden finanziellen Sanierungsalternativen zur Optimierung der Vermögens- und Kapitalstruktur aufgelistet.

 
Aktiva Passiva
Anlagevermögen Eigenkapital
  • Strategische Desinvestitionen
  • Verkauf nicht betriebsnotwendiger Vermögensgegenstände (z. B. Finanzbeteiligungen)
  • Sale-and-lease-back-Transaktionen
  • Outsourcing, Verminderung der Wertschöpfungstiefe
  • Eigenkapitalherabsetzung
  • Eigenkapitalerhöhung
  • Einsatz von Mezzaninen Finanzierungsinstrumenten (z. B. Genussrechtskapital)
Umlaufvermögen Fremdkapital
  • Optimierung und Intensivierung des Forderungsmanagements (z. B. aktive Inkassopolitik, ABS-/Factoring-Transaktionen)
  • Kreditmanagement (Forderungsverzicht, Fremdkapitalherabsetzung, Stundung, Umschuldung)
  • Fremdkapitalerhöhung (neue Kredite)
  • Kapitalumwandlung (Debt-/Equity-Swap)
  • Wandel-/Optionsanleihen
Optimierung der Vermögensstruktur Optimierung der Kapitalstruktur

Tab. 1: Sanierungsmaßnahmen nach Bilanzseite[1]

 
Achtung

Sämtliche Maßnahmen wirken sich auf beide Bilanzseiten aus

Problematisch an der Systematisierung anhand der Bilanzseite ist allerdings, dass sämtliche Maßnahmen stets auf beide Bilanzseiten Auswirkungen haben und die einzelnen Maßnahmen damit nicht überschneidungsfrei der Aktiv- oder Passivseite zugeordnet werden können. So führt bspw. eine passivseitige Erhöhung des Eigenkapitals durch Bareinlage aktivseitig gleichzeitig zu einem Liquiditätszufluss in die Kasse, d. h. zu einer Erhöhung des Umlaufvermögens. Des Weiteren sind Sanierungsmaßnahmen denkbar, die nicht bilanzwirksam sind, wie z. B. die Freigabe von Sicherheiten durch Kreditgeber oder die Nutzung noch freier Sicherheiten (wie z. B. Betriebsimmobilien), um neue Kreditfinanzierungsquellen ausschöpfen zu können.

[1] Vgl. Brühl/Lerche, 2004, S. 191.

3.2 Sanierungsmaßnahmen nach der Rechtsstellung der Kapitalgeber

Nach der Rechtsstellung der Kapitalgeber, die die ökonomischen Wirkungen der finanziellen Sanierungsmaßnahmen tragen, ist zwischen Sanierungsmaßnahmen zu Lasten der Eigenkapitalgeber und Sanierungsmaßnahmen zu Lasten der Fremdkapitalgeber zu unterscheiden.[1]

  • Als finanzielle Sanierungsmaßnahmen, deren ökonomische Wirkungen durch die Eigenkapitalgeber getragen werden, sind die Zuzahlung bzw. der Nachschuss weiteren Eigenkapitals und die Kapitalherabsetzung mit anschließender Kapitalerhöhung zu klassifizieren.
  • Zu Lasten der Fremdkapitalgeber gehen demgegenüber sowohl der Schuldenerlass (d. h. der Forderungsverzicht) als auch der Zins- und Tilgungsaufschub (d. h. die Stundung von Forderungen). Darüber hinaus muss auch die Freigabe von Kreditsicherheiten von den Fremdkapitalgebern getragen werden.
[1] Vgl. Eisele, 1993, Sp. 1765 ff.

3.3 Sanierungsmaßnahmen nach der Fristigkeit der Wirkung

Nach dem Kriterium der Fristigkeit bzw. der Dauer der Wirkung der finanziellen Sanierungsmaßnahmen kann zwischen kurzfristigen und langfristigen Sanierungsmaßnahmen unterschieden werde...

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