Leitsatz

1. Auch bei einer gewerblich geprägten Personengesellschaft (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 EStG) ist die Un­ternehmensidentität Voraussetzung des Abzugs des Gewerbeverlustes nach § 10a GewStG.

2. Die Unternehmensidentität kann deshalb fehlen, wenn eine Personengesellschaft zunächst originär gewerblich tätig ist, anschließend Einkünfte aus Gewerbebetrieb kraft gewerblicher Prägung erzielt und dabei Vorbereitungshandlungen hinsichtlich einer künftigen (wieder) originär gewerblichen Tätigkeit vornimmt.

 

Normenkette

§ 10a, § 2 GewStG, § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, hatte ursprünglich in einer auf dem Boden eines Kiesunternehmens errichteten und nur im Zusammenhang mit der Auskiesung genehmigten Produktionshalle Beton- und Zementprodukte hergestellt. Später handelte sie mit Zement und vermietete die Halle an ein Unternehmen, das dort Fertiggaragen herstellte und seinen Fertigbeton von einer Organgesellschaft der Klägerin bezog, die wiederum von der Klägerin beliefert wurde. Die Klägerin ließ die Lieferungen gegen Kostenerstattung von jährlich 12.000 EUR durch Personal des Kiesunternehmens ausführen; eigenes Personal beschäftigte sie nicht. Im Jahr 2002 stellte die Mieterin die Produktion ein und kündigte das Mietverhältnis zum Ende des Jahres 2003; die Halle wurde von ihr im Dezember 2003 geräumt. Wegen der Produktionseinstellung geriet auch die Organgesellschaft in Schwierigkeiten und musste später liquidiert werden. Damit fielen zugleich die Lieferungen der Klägerin an die Organgesellschaft weg, sodass die Klägerin den Handel mit Zement zum 30.9.2003 einstellte. Im November 2003 beauftragte die Klägerin dann eine Un­ternehmensberatungsgesellschaft, die erforderlichen Anträge für einen Eintritt in die Genehmigung der Produktionsanlage zur Herstellung von Betonfertigsteinen zu stellen. Erst im Jahr 2005 nahm die Klägerin tatsächlich eine eigene Produktion von Betonsteinen in einem Teil der Halle auf; die übrigen Nutzflächen vermietete sie an Landwirte.

Noch im Jahr 2003 war auf die Klägerin im Wege der Anwachsung das Vermögen einer als Bauträger und Immobilienverwalter tätigen KG übergegangen, zu dem ehemals zum Verkauf bestimmte, jetzt aber vermietete Grundstücke mit einem Wert von 1,74 Mio. EUR sowie Vorräte und unfertige Bauleistungen gehörten. Die durch die Anwachsung untergegangene KG beschäftigte 74 Arbeitnehmer.

Für die Klägerin waren zum Ende der Jahre 2000 – 2002 vortragsfähige Gewerbeverluste festgestellt worden, die ausschließlich aus der Zurechnung von Verlusten der Organgesellschaft herrührten. Nach einer Außenprüfung vertrat das FA die Meinung, dass die Verlustvorträge im Jahr 2003 durch Wegfall der Unternehmensidentität untergegangen seien. Auch die Verluste des Jahres 2003 könnten nicht mit künftigen Gewinnen verrechnet werden. Dementsprechend wurde auf den 31.12.2003 nur ein vortragsfähiger Gewerbeverlust i.H.d. von der angewachsenen KG übernommenen Verluste festgestellt.

Die dagegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg (FG Köln, Urteil vom 15.10.2013, 7 K 265/08, Haufe-Index 6420236, EFG 2014, 473).

 

Entscheidung

Auch die Revision blieb erfolglos. Der BFH entschied, dass Unternehmensidentität nicht allein wegen der gewerblichen Prägung der Klägerin gewahrt geblieben sei. Wie jede Personengesellschaft könne auch eine gewerblich geprägte Gesellschaft zwar gleichzeitig nur einen Betrieb, nacheinander aber mehrere Betriebe unterhalten. Hier sei der alte Handelsbetrieb untergegangen und mit dem angewachsenen Bauträgerbetrieb einen anderen Betrieb aufgenommen worden. Die Planungen zur Aufnahme eines Beton­produktionsbetriebs hätten bis zum Auslaufen des Handelsbetriebs das Stadium von Vorbereitungshandlungen noch nicht überschritten, könnten also keine Unternehmensidentität vermittelt haben.

 

Hinweis

1. Das Urteil klärt die im Schrifttum umstrittene Frage, ob gewerbesteuerlich bei einer gewerblich geprägten Personengesellschaft Verluste ungeachtet ihrer konkreten Tätigkeit mit künftigen Gewinnen verrechnet werden können. Die Befürworter dieser Auffassung ziehen einen Vergleich mit Kapitalgesellschaften, deren Unternehmensidentität für die Dauer ihres Bestehens unverändert bleibt. Demgegenüber können gewerblich tätige Personengesellschaften die Identität ihres Gewerbebetriebs wechseln. Verlustvorträge können dann nur bei Beibehaltung der Identität mit künftigen Gewinnen verrechnet werden.

Der BFH entscheidet sich nun dafür, die gewerblich geprägte Personengesellschaft nicht den Kapitalgesellschaften, sondern den gewerblich tätigen Personengesellschaften gleichzustellen. Die Hoffnung, eine dauerhafte Nutzbarkeit von Verlustvorträgen durch Wahl der Rechtsform einer gewerblich geprägten Personengesellschaft, also typischerweise einer GmbH & Co. KG erreichen zu können, haben sich damit nicht erfüllt.

2. Sollte die GmbH & Co. KG dazu verhelfen, Verlustvorträge über Unternehmensumstrukturierungen hinweg nutzbar zu halten, kann sie die Funktion nach der hiesigen Entscheidung des BF...

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