Eine besondere Rolle bei der Beurteilung des Beginns der Unternehmereigenschaft spielt die Frage der umsatzlosen Unternehmer. Nach der gesetzlichen Definition liegt die Unternehmereigenschaft dann vor, wenn der Unternehmer nachhaltig mit Einnahmeerzielungsabsicht tätig wird.[1] Ein Problem ergibt sich dann, wenn der Unternehmer aus persönlichen, rechtlichen oder anderen Gründen nicht in der Lage ist, tatsächlich Leistungen im Rahmen seines Grundgeschäfts am Markt zu erbringen.

Der EuGH[2] hat zu diesem Problem festgestellt, dass derjenige, der Vorbereitungshandlungen in ernsthafter Absicht, Umsätze am Markt zu erzielen, ausführt, die Unternehmereigenschaft erhält und diese ihm auch nicht rückwirkend wieder aberkannt werden kann. Ausgenommen davon sind lediglich Fälle des Betrugs oder des Missbrauchs. Damit muss der Unternehmer, der tatsächlich nicht mit Ausgangsumsätzen am Markt tätig wird, anhand von objektiven Kriterien nachweisen oder zumindest glaubhaft machen, dass er ernsthaft die Ausführung entgeltlicher Umsätze am Markt geplant hatte.

Ein solcher Nachweis kann regelmäßig durch Vorbereitungshandlungen geführt werden, die der Unternehmer im Rahmen der Existenzgründung ausführt. Allerdings ist hier für die Praxis zu unterscheiden, ob diese im Rahmen der Vorbereitungshandlungen in Anspruch genommenen Vorleistungen ausschließlich zur unternehmerischen Verwendung oder auch für eine private Verwendung geeignet sind.

4.1 Vorleistungen dienen ausschließlich unternehmerischen Zwecken

Soweit die bezogenen Vorleistungen ausschließlich für unternehmerische Zwecke verwendet werden können, wird mit Ausführung dieser Vorbereitungshandlungen schon die Unternehmereigenschaft begründet. Diese Voraussetzung ist dann erfüllt, wenn die erworbenen Gegenstände oder bezogenen sonstigen Leistungen ihrer Art nach nur zur unternehmerischen Verwendung oder Nutzung bestimmt sind oder in einem objektiven und zweifelsfrei erkennbaren Zusammenhang mit der beabsichtigten unternehmerischen Tätigkeit stehen.

Damit stehen dem Unternehmer schon ab diesem Zeitpunkt die Vorsteuerbeträge nach § 15 Abs. 1 UStG zu. Sollte es später nicht zur Ausführung von Umsätzen im Grundgeschäft kommen, kann die Unternehmereigenschaft nicht rückwirkend aberkannt werden. Eine Ausnahme besteht hier lediglich in den Fällen, in denen ein Missbrauch oder Betrug vorliegt.

4.2 Vorleistungen können auch nichtunternehmerischen Zwecken dienen

Bezogene Lieferungen oder sonstige Leistungen, die sowohl unternehmerischen Zwecken als auch nichtunternehmerischen Zwecken dienen können (z. B. Einkauf eines Computers oder eines Pkw), können vom Unternehmer auch sofort dem Unternehmen zugeordnet werden. Die Finanzverwaltung muss in diesen Fällen prüfen, ob durch objektive Anhaltspunkte die unternehmerische Verwendung nachgewiesen werden kann. Bei Gegenständen, die typischerweise für nichtunternehmerische Zwecke verwendet werden können (z. B. Freizeitgegenstände) ist bei dieser Prüfung ein besonders hoher Maßstab bei dem Nachweis der entsprechenden Verwendungsabsicht anzulegen. Hier kann insbesondere durch Vornahme einer unangekündigten Umsatzsteuer-Nachschau zeitnah eine Prüfung erfolgen.

 
Praxis-Tipp

Sofortentscheidung über den Vorsteuerabzug

Zu beachten ist, dass auch in diesen Fällen sofort über den Vorsteuerabzug zu entscheiden ist. Die Entscheidung kann nicht zurückgestellt oder im Rahmen einer vorläufigen Veranlagung von der späteren Ausführung entgeltlicher Umsätze abhängig gemacht werden. Eine zunächst angenommene Unternehmereigenschaft kann verfahrensrechtlich nur dann rückgängig gemacht werden, wenn später festgestellt wird, dass objektive Anhaltspunkte für die Verwendungsabsicht im Zeitpunkt des Leistungsbezugs nicht vorlagen, die Verwendungsabsicht nicht im guten Glauben erklärt wurde oder ein Fall des Missbrauchs oder des Betrugs vorliegt.

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