Frei von Bilanzpolitik

Der Vorteil einer Cash-flow-gestützten Unternehmensbewertung liegt u.a. darin, dass mit dem Cash-flow eine Kennzahl verwendet wird, die nicht durch buchhalterische oder bilanzpolitische Maßnahmen und kalkulatorische Ansätze beeinflusst ist.

Bei der DCF-Methode wird vom freien Cash-flow ausgegangen. Er leitet sich aus dem Cash-flow ab und weist den Teil des Cash-flow aus, der in einer Periode zur Verfügung steht, um Zahlungsansprüche der Kapitalgeber (Eigen- und Fremdkapitalgeber) abzugelten. Diese Zahlungsansprüche umfassen

  • Nettoausschüttungen an Anteilseigner (Saldo aus Gewinnausschüttungen, Kapitalrückzahlungen und Kapitaleinzahlungen) und
  • Nettoauszahlungen an Fremdkapitalgeber (Saldo aus Zinsen, Kreditrückzahlungen und Kreditaufnahmen).

Der freie Cash-flow entspricht somit den Zahlungsflüssen an sämtliche Kapitalgeber. Die Ansprüche der Fremdkapitalgeber werden dabei vorrangig, die der Eigenkapitalgeber nachrangig behandelt.

Cash-flow-Ermittlung

Die direkte Methode zur Cash-flow-Ermittlung orientiert sich an der Entstehung des Cash-flow. Sie stellt die liquiditätswirksamen Einnahmen und Ausgaben einer Periode gegenüber. Bei der indirekten Ermittlung des Cash-flow wird von seiner Verwendung ausgegangen und die liquiditätswirksamen Ausgaben und Einnahmen werden vom Jahresüberschuss subtrahiert. In der Praxis wird der indirekten Methode der Vorzug gegeben.

Abb. 3: Ermittlung des freien Cash-flow

Fremdkapitalzinsen

Ein wesentliches Kennzeichen des freien Cash-flow besteht darin, dass Fremdkapitalzinsen bei seiner Ermittlung nicht berücksichtigt werden. Die Kosten des Fremdkapitals sind im Kalkulationszinsfuß enthalten. Fremdkapitalzinsen müssen daher aus der Gewinngröße herausgerechnet werden.

Ertragsteuern

Die Ermittlung des Discounted Cash-flow kann grundsätzlich auf dem freien Cash-flow vor oder nach Steuern basieren, wobei letztere Methode etwas komplexer ist.

Da der Kalkulationszinsfuß die Renditeerwartung des Investors vor Steuern darstellt, ist es methodisch stringent, über einen Cash-flow vor Steuern auch den Unternehmenswert vor Steuern zu ermitteln. Wird hingegen ein freier Cash-flow nach Steuern verwendet, dann muss konsequenterweise auch die Ertragsteuerwirkung in den Kapitalkosten berücksichtigt sein. Wenn ein Projekt jedoch nur nach Steuern vorteilhaft ist, muss der Erwerber ein besonderes Augenmerk darauf richten, dass die dem Modell zugrunde liegenden Steuerannahmen nach der Akquisition auch tatsächlich eintreten.

Die folgenden Ausführungen beziehen sich immer auf ein Modell vor Ertragsteuern. Steuerliche Effekte sind nur insofern berücksichtigt, als die Substanzsteuern in den Kosten enthalten sind und auf diesem Weg den Cash-flow beeinflussen.

Kalkulatorische Kosten

Da kalkulatorische Kosten nicht liquiditätswirksam sind, müssen sie bei der Cash-flow-Ermittlung eliminiert werden.

Firmenwertabschreibungen

Firmenwertabschreibungen stellen die buchmäßige Tilgung von bezahlten kapitalisierten Gewinnen in der Zukunft dar. Da sie nicht zahlungswirksam sind, werden sie bei der Cash-flow-Ermittlung nicht berücksichtigt. Gegebenenfalls muss also die Firmenwertabschreibung aus dem Betriebsergebnis herausgerechnet werden.

Abschreibungen

Abschreibungen erfüllen ebenfalls nicht das Kriterium der Zahlungswirksamkeit und werden deshalb im Cash-flow nicht berücksichtigt. Das hat zur Folge, dass der Cash-flow auch nicht durch bilanzpolitisch motivierte Wertansätze verzerrt werden kann.

Bewegungsbilanz verwenden

Der Einfluss der Cash-flow-relevanten Bilanzpositionen wird am einfachsten über eine Bewegungsbilanz ermittelt. Sie weist die Veränderungen der jeweiligen Bilanzpositionen im Vergleich zur Vorperiode aus. Grundsätzlich gilt: Der Anstieg eines Aktivpostens ist gleichbedeutend mit einem Cash-Verbrauch, ein Rückgang setzt Finanzmittel frei. Bei Passivposten wirkt eine Erhöhung positiv auf den Cash-flow, ein Rückgang negativ. Deshalb schlägt sich ein gutes Management der Bestände sowie der Debitoren und Kreditoren über den Cash-flow positiv im Unternehmenswert nieder. Defizite dabei reduzieren hingegen den Unternehmenswert.

Veränderung der Rückstellungen

Die Zuführung bzw. Auflösung von Rückstellungen stellt keinen zahlungswirksamen Vorgang dar. Daher muss der Betrag, der in der Ergebnisrechnung als Aufwand oder Ertrag berücksichtigt ist, für die Cash-flow-Rechnung eliminiert werden, um einen periodengerechten Cash-flow zu erhalten.

Investitionen/Desinvestitionen

Investitionen stellen einen Abfluss an Zahlungsmitteln dar und reduzieren so den Cash-flow. Umgekehrt ist mit dem Verkauf von Anlagevermögen ein Mittelzufluss verbunden, der den Cash-flow erhöht.

Veränderung von Positionen des Nettoumlaufvermögens

Eine höhere Kapitalbindung im Vorratsvermögen und im Forderungsbestand wirkt negativ auf den Cash-flow und umgekehrt. Ein Anstieg der Verbindlichkeiten führt hingegen zu einer Freisetzung von Finanzmitteln, was wiederum positiv auf den Cash-flow wirkt.

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