Leitsatz

Darlehen aus Policendarlehen dienen auch dann i.S.d. § 10 Abs. 2 S. 2 Buchst. a EStG unmittelbar und ausschließlich der Finanzierung von Anschaffungskosten, wenn ein Teil dieser Kosten vor Eingang der Darlehensvaluta auf dem Konto des Steuerpflichtigen aus anderen Mitteln bezahlt wird, der Steuerpflichtige aber bei Veranlassung dieser Zahlung berechtigt von einer Gutschrift der Darlehensvaluta spätestens im Zeitpunkt der Zahlung ausgehen kann (Abgrenzung zu den BFH-Urteilen vom 13.07.2004, VIII R 61/03, BFH/NV 2005, 184 und vom 04.07.2007, VIII R 46/06, BFH/NV 2007, 2400, BFH/PR 2008, 9 sowie vom 23.11.2004, IX R 2/04, BFH/NV 2005, 694, vom 01.03.2005, IX R 58/03, BFH/NV 2005, 1185, BFH/PR 2005, 284 vom 07.07.2005, IX R 20/04, BFH/NV 2006, 264).

 

Normenkette

§ 20 Abs. 1 Nr. 6, § 10 Abs. 2 S. 2 Buchst. a EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin erwarb eine später fremdvermietete Eigentumswohnung. Zur Finanzierung des Kaufpreises nahm sie zwei Darlehen auf, die durch Abtretung der Ansprüche aus einem Versicherungsvertrag besichert wurden. Nachdem der größte Teil der Darlehenssumme auf das Konto der Klägerin geflossen und von dort an die Verkäuferin der Eigentumswohnung weitergeleitet worden war, bezahlte die Klägerin von ihrem Konto die für die erworbene Eigentumswohnung fällig gewordener GrESt. Vier Tage später ging der Rest der Darlehenssumme auf ihrem Konto ein.

Das FA nahm eine steuerschädliche Verwendung des Darlehens an und stellte die Steuerpflicht der Zinsen aus den in den Versicherungsbeiträgen enthaltenen Sparanteilen der Lebensversicherung fest.

Das FG (FG Düsseldorf, Urteil vom 19.04.2007, 16 K 2686/04 F, Haufe-Index 1763078) gab der Klage im Wesentlichen mit der Begründung statt, die von der Finanzverwaltung zugrunde gelegte Grenze von 30 Tagen könne nicht gelten, wenn die verzögerte Begleichung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten nicht in der Einflusssphäre des Steuerpflichtigen liege.

 

Entscheidung

Auf die Revision des FA hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.

Nach den bisherigen tatsächlichen Feststellungen könne nicht abschließend beurteilt werden, ob die Klägerin im Zeitpunkt, in dem sie die GrESt-Zahlung veranlasst habe, berechtigt von einem rechtzeitigen Eingang der Restdarlehensvaluta aus dem Policendarlehen habe ausgehen können.

Die Spruchreife sei nicht schon deshalb zu bejahen, weil die Darlehensbeträge mehr als 30 Tage nach Gutschrift auf dem Konto der Klägerin weitergeleitet worden seien. Eine mehr als 30 Tage nach Gutschrift erfolgende Weiterleitung von Darlehensvaluta habe jedenfalls dann keine Auswirkung auf die Steuerfreiheit der Zinsen, wenn wie hier im Zeitraum zwischen Gutschrift und Weiterleitung der Darlehensmittel über den Betrag keine schädlichen Dispositionen i.S. d. Rechtsprechung getroffen worden seien.

 

Hinweis

1. Zinsen aus in den Beiträgen zur Lebensversicherung enthaltenen Sparanteilen (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG) sind grundsätzlich steuerpflichtig. Nicht steuerpflichtig sind diese Zinsen allerdings nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 2 EStG, wenn sie aus Versicherungen i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG herrühren, die mit (als Sonderausgaben abziehbaren) Beiträgen verrechnet oder im Versicherungsfall oder im Fall des Rückkaufs des Vertrags nach Ablauf von zwölf Jahren seit dem Vertragsabschluss ausgezahlt werden.

2. Für diesen Fall sieht § 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 3 EStG i.d.F. des Steueränderungsgesetzes 1992 – nachfolgend bis Veranlagungszeitraum 31.12.2004: § 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 4 EStG – die Steuerbefreiung vor, wenn die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 2 S. 2 Buchst. a oder b EStG erfüllt sind oder soweit bei Versicherungsverträgen Zinsen in Veranlagungszeiträumen gutgeschrieben werden, in denen Beiträge nach § 10 Abs. 2 S. 2 Buchst. c EStG abgezogen werden können.

3. Die auf eine solche Versicherung aufgenommenen Policendarlehen stehen dem Abzug der Versicherungsaufwendungen als Sonderausgaben dann entgegen, wenn die Ansprüche aus den Versicherungsverträgen nicht – wie von § 10 Abs. 2 S. 2 Buchst. a EStG vorausgesetzt – der Sicherung von Darlehen dienen, die selbst "unmittelbar und ausschließlich der Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines (zur Einkünfteerzielung bestimmten) Wirtschaftsguts dienen". Diese Voraussetzung ist grundsätzlich nicht erfüllt, wenn der Steuerpflichtige die Anschaffungskosten für das Wirtschaftsgut bereits vor Eingang der Darlehensvaluta aus Eigenmitteln zahlt. Denn dann dient die später eingehende Darlehensvaluta denkgesetzlich nicht mehr unmittelbar der Finanzierung der Anschaffungskosten, sondern füllt die für die Anschaffungskosten vorab verwendeten anderweitigen Mittel wieder auf.

4. Nach den vorstehenden, sehr eng gefassten Maßstäben könnte es schon steuerschädlich sein, wenn noch vor Auszahlung des Darlehens ein Betrag für fällige GrESt vom Konto des Steuerpflichtigen aus Eigenmitteln gezahlt wird. Allerdings ist der BFH angesichts des begrenzten Zwecks der Regelung, besti...

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