Leitsatz

Nach § 6 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 EStG in seiner seit dem Veranlagungszeitraum 2001 gültigen Fassung scheidet die Aufdeckung der stillen Reserven im unentgeltlich übertragenen Mitunternehmeranteil auch dann aus, wenn ein funktional wesentliches Betriebsgrundstück des Sonderbetriebsvermögens vorher bzw. zeitgleich zum Buchwert nach § 6 Abs. 5 EStG übertragen worden ist.

 

Normenkette

§ 6 Abs. 3, Abs. 5 EStG, § 7g EStG a.F.

 

Sachverhalt

Der Gesellschafter einer Ein-Mann-GmbH & Co. KG, die eine Spedition betrieb, hatte der KG das in seinem Eigentum stehende Betriebsgrundstück vermietet. Mit Wirkung zum 1.10.2002 übertrug er seine Anteile an der KG und der GmbH im Wege vorweggenommener Erbfolge auf seine Tochter. Von den Kommanditanteilen sollte die Tochter allerdings zunächst 20 % treuhänderisch für den Vater halten. Dieser gründete unterdessen eine zweite GmbH & Co. KG (I-KG), auf die er nach deren Eintragung im Handelsregister am 19.12.2002 das Betriebsgrundstück zum Buchwert übertrug. Zeitgleich wurde auch das Treuhandverhältnis über die KG-Anteile beendet.

Nach einer Außenprüfung war das FA der Ansicht, wegen der Buchwertübertragung des Grundstücks habe die Übertragung der KG-Anteile nicht zum Buchwert vorgenommen werden dürfen. Das FA erhöhte den Gewinn des Jahres 2002 um einen Firmenwert von 100.000 EUR und berücksichtigte in den Folgejahren Abschreibungen darauf.

Zugleich erhöhte das FA aber den Gewinn um in den Folgejahren gebildete Ansparabschreibungen. Unter Einbeziehung von Ergänzungs- und Sonderbilanz der Tochter sei die Betriebsgrößengrenze des § 7g EStG a.F. überschritten.

 

Entscheidung

Nach erfolgloser Klage beim FG (FG Rheinland-Pfalz vom 23.9.2009, 2 K 2493/08, Haufe-Index 2754130, EFG 2011, 2142) hatte die Revision teilweise Erfolg. Der BFH erkannte die Übertragung der Kommanditanteile zum Buchwert an, teilte aber die Auffassung von FA und FG, dass die Betriebsgrößengrenze für Ansparabschreibungen überschritten sei.

 

Hinweis

1. Wie aus dem Leitsatz ersichtlich ist das Urteil eine Grundsatzentscheidung zur unentgeltlichen Übertragung von Mitunternehmeranteilen nach § 6 Abs. 3 EStG (nachstehend unter 2.) sowie zu der Frage, in welchem Verhältnis dazu Buchwertüber­tragungen von Einzelwirtschaftsgütern nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG stehen (hierzu unter 3.). Außerdem betrifft das Urteil die Bemessung der Betriebsgröße nach dem Betriebsvermögen gem. § 7g EStG a.F. bei Personengesellschaften (nachstehend unter 4.).

2. Nach § 6 Abs. 3 EStG finden unentgeltliche Übertragungen von bestimmten Sachgesamtheiten zum Buchwert statt. Neben den schon immer ­genannten Betrieben, Teilbetrieben und (ganzen) Mitunternehmeranteilen sind seit 2001 auch die Aufnahme eines Gesellschafters in ein bisheriges Einzelunternehmen und die Übertragung von Teilmitunternehmeranteilen ausdrücklich begünstigt.

Ein ganzer Mitunternehmeranteil besteht aus dem gesamten Gesellschaftsanteil und dem gesamten funktional wesentlichen Sonderbetriebsvermögen; alle Bestandteile müssen für eine Buchwertfortführung grundsätzlich an denselben Empfänger übertragen werden.

Danach stellt sich die Frage, ob auch bei Übertragung eines Teilmitunternehmeranteils neben dem Teil am Gesellschaftsvermögen ein entsprechender Teil des Sonderbetriebsvermögens mit übertragen werden muss. Nach alter Rechtslage war dies vom BFH gefordert worden. Aus dem heutigen § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG ergibt sich aber, dass Sonderbetriebsvermögen nicht mit übertragen werden muss, allerdings dann die Folge eintritt, dass eine Behaltefrist für den Übertragungsempfänger läuft. Dies bestätigt der BFH in dem hiesigen Urteil. Zugleich klärt er, wie viel Sonderbetriebsvermögen mit übertragen werden muss, um die Behaltefrist zu vermeiden: nämlich prozentual so viel, wie Anteile der Beteiligung am Gesellschaftsvermögen übertragen werden. Dabei ist es nach Meinung des BFH nicht erforderlich, von jedem Wirtschaftsgut einen entsprechenden Anteil zu übertragen; es reicht eine wertmäßig anteilige Übertragung (a.A. BMF, Schreiben vom 3.3.2005, BStBl I 2005, 458, Rz. 9).

Hier war wertmäßig zu wenig Sonderbetriebsvermögen übertragen worden. Deshalb wurde die Behaltefrist in Lauf gesetzt. Wie der BFH aber zugleich entschieden hat, endete die Frist kurze Zeit später, nämlich mit der Übertragung der restlichen Gesellschaftsanteile. Denn die Frist betrifft nur den Fall der Teilanteilsübertragung, hat also nach Vollübertragung auf denselben Empfänger keine Funktion mehr.

Die Mitübertragung des Sonderbetriebsvermögens geschieht ebenfalls zum Buchwert. Dies ergibt sich nach Meinung des BFH unmittelbar aus § 6 Abs. 3 EStG. Es bedarf auch bei überquotal übertragenem Sonderbetriebsvermögen keines Rückgriffs auf § 6 Abs. 5 EStG (a.A. BMF, Schreiben vom 3.3.2005, a.a.O. Rz. 16). Deshalb kann durch die Übertragung des Sonderbetriebsvermögens nicht die Behaltefrist des § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG ausgelöst werden.

3. Nach bisheriger Rechtslage war die Ausgliederung von Sonderbetriebsvermögen im Zusammenhang mit der Antei...

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