Leitsatz

1. Art. 21 Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-RL ist dahin auszulegen, dass nach dieser Bestimmung die Mehrwertsteuer in dem Mitgliedstaat geschuldet wird, dessen Mehrwertsteuer in einer Rechnung oder einem ähnlichen Dokument ausgewiesen ist, selbst wenn der fragliche Vorgang in diesem Mitgliedstaat nicht steuerpflichtig war. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände zu prüfen, der Mehrwertsteuer welchen Mitgliedstaats die in der fraglichen Rechnung ausgewiesene Mehrwertsteuer entspricht. Insoweit können u.a. der ausgewiesene Mehrwertsteuersatz, die Währung des angegebenen Rechnungsbetrags, die Sprache, in der die Rechnung ausgestellt ist, der Inhalt und der Kontext der fraglichen Rechnung, die Orte, an denen der Aussteller der Rechnung und der Empfänger der Dienstleistung niedergelassen sind, sowie deren Verhalten maßgeblich sein.

2. Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität schließt es grundsätzlich nicht aus, dass ein Mitgliedstaat die Berichtigung der Mehrwertsteuer, die in diesem Mitgliedstaat allein deshalb geschuldet wird, weil sie irrtümlich in der versandten Rechnung ausgewiesen wurde, davon abhängig macht, dass der Steuerpflichtige dem Empfänger der Dienstleistungen eine berichtigte Rechnung zugesandt hat, in der die Mehrwertsteuer nicht ausgewiesen ist, wenn dieser Steuerpflichtige die Gefährdung des Steueraufkommens nicht rechtzeitig und vollständig beseitigt hat.

 

Normenkette

Art. 21 Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-RL (§ 14c Abs. 2 UStG)

 

Sachverhalt

Stadeco ist ein Unternehmen mit Sitz in den Niederlanden. Tätigkeit: Vermietung sowie Auf- und Abbau von Messe- und Ausstellungsständen. Sie erbrachte Leistungen an eine Körperschaft des öffentlichen Rechts in einem anderen Mitgliedstaat und entrichtete die irrtümlich  in Rechnung gestellte USt für die im Inland nicht steuerbaren Leistungen, die die Empfänger vollständig – d.h. einschließlich der berechneten USt – bezahlt hatten. Stadeco wollte die USt zurück, ohne die Rechnung zu berichtigen.

 

Entscheidung

Die Grundsätze ergeben sich aus den Praxis-Hinweisen. Rechnungsberichtigung und Erstattung der vom Leistungsempfänger bezahlten, zu Unrecht in Rechnung gestellten, bei ihm nicht abziehbaren USt sind die entscheidenden Koordinaten für die Rückzahlung der abgeführten USt.

 

Hinweis

Art. 21 Abs. 1 Buchst. c der 6.EG-RL bestimmt, dass "jede Person, die die Mehrwertsteuer in einer Rechnung oder einem ähnlichen Dokument ausweist", die Mehrwertsteuer schuldet (§ 14c Abs. 2 UStG). Die Besprechungsentscheidung betrifft die Frage, ob die Berichtigung der Steuerschuld von der Berichtigung der fraglichen Rechnung abhängig gemacht werden kann, auch wenn der Leistungs- und Rechnungsempfänger nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.

1. Mit der Regelung in Art. 21 Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-RL (vgl.§ 14c Abs. 2 UStG), wonach die zu Unrecht in einer Rechnung ausgewiesene Mehrwertsteuer geschuldet wird, soll der Gefährdung des Steueraufkommens entgegengewirkt werden, die sich aus dem Recht zum Vorsteuerabzug ergeben kann. Selbst wenn dieses Abzugsrecht nur für diejenigen Steuern besteht, die mit einem mehrwertsteuerpflichtigen Umsatz in Zusammenhang stehen, ist die Gefährdung des Steueraufkommens grundsätzlich nicht vollständig beseitigt, solange der Adressat einer Rechnung, in der die Mehrwertsteuer zu Unrecht ausgewiesen ist, diese noch dazu nutzen kann, das Abzugsrecht geltend zu machen, weil nicht auszuschließen ist, dass die Finanzverwaltung andere Erwägungen, die einer Ausübung des Vorsteuerabzugsrechts entgegenstehen, aufgrund komplexer Umstände und Rechtsbeziehungen nicht rechtzeitig feststellen kann.

2. Da die Gefährdung des Steueraufkommens, die sich daraus ergeben könnte, dass der Adressat der Rechnung das Recht auf Vorsteuerabzug ausübt, in dem Mitgliedstaat besteht, dessen Mehrwertsteuer in der fraglichen Rechnung ausgewiesen ist, wird die Mehrwertsteuer gem. Art. 21 Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-RL in diesem Mitgliedstaat geschuldet. Insoweit können u.a. der ausgewiesene Mehrwertsteuersatz, die Währung des angegebenen Rechnungsbetrags, die Sprache, in der die Rechnung ausgestellt ist, der Inhalt und der Kontext der fraglichen Rechnung, die Orte, an denen der Aussteller der Rechnung und der Empfänger der Dienstleistung niedergelassen sind, sowie deren Verhalten maßgeblich sein.

3. Der Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer verlangt zwar, dass bei rechtzeitiger und vollständiger Beseitigung der Gefährdung des Steueraufkommens die zu Unrecht in Rechnung gestellte Mehrwertsteuer berichtigt werden kann, ohne dass die Mitgliedstaaten eine solche Berichtigung vom guten Glauben des Rechnungsausstellers abhängig machen dürfen. Gleichwohl ist es wegen des Risikos, dass die Verwaltung die fehlende Berechtigung zum Vorsteuerabzug nicht rechtzeitig aufdeckt, gemeinschaftsrechtlich zulässig, die Berichtigung der zu Unrecht in einer Rechnung ausgewiesenen Mehrwertsteuer davon abhängig zu machen, dass diese Rechnung berichtigt wird. ...

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