3.1 Grundlegendes

 

Rz. 12

Das UmwStG ist als Ergänzung zu den bestehenden Ertragssteuervorschriften (EStG, GewStG und KStG) zu verstehen und nimmt auf diese Bezug. Es zieht keine eigenständige Restrukturierungssteuer nach sich.[1] Im Gegenteil bietet es Umwandlungsmöglichkeiten an, bei denen die Aufdeckung der stillen Reserven zeitlich verschoben wird und es so zu einer Steuerstundung kommt. Dadurch sollen wirtschaftlich gewünschte und zivilrechtlich mögliche Umstrukturierungen nicht durch die ertragsteuerlichen Folgen behindert werden,[2] bzw. diese sollen nicht prohibitiv wirken.[3]

 

Rz. 13

Mit Art. 3 des Gesetzes über steuerliche und weitere Begleitregelungen zum Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union – Brexit Steuerbegleitgesetz (Brexit-StBG)[4] wurden notwendige Regelungen zur Begleitung des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der EU getroffen und sollen verhindert, dass der Brexit als steuerlich schädliches Ereignis fungiert, z. B. Auslösung eines Einbringungsgewinns in Fällen, in denen Anteile vor dem Brexit unter dem gemeinen Wert eingebracht wurden.

[1] Vgl. Hörtnagl, in Schmitt/Hörtnagl, UmwG, UmwStG, 9. Aufl. 2020, Einf. UmwStG Rz. 23.
[2] Vgl. BT-Drucks. 12/6885 S. 14.
[4] Gesetz v. 25.3.2019, BGBl 2019 I S. 357.

3.2 Anwendungsbereich

 

Rz. 14

Der Anwendungsbereich des UmwStG umfasst Umwandlungen von Personengesellschaften und Körperschaften i. S. d. UmwG, der SE- und der SCE-Verordnung sowie weiterer analoger ausländischer Umwandlungsvorschriften – allerdings nicht in Gänze und nicht abschließend. So sind insbesondere Umwandlungen von Körperschaften i. S. d. § 1 Abs. 1 UmwStG – nun aufgrund der Streichung des § 1 Abs. 2 UmwStG durch das KöMoG[1] – partiell auch in Drittstaatenfällen möglich.[2] Über das UmwStG hinausgehende Regelungen mit steuerneutralem Charakter, z. B. § 6 Abs. 3 EStG, sind nicht von einer Anwendung ausgeschlossen.[3] Abb. 2 veranschaulicht die tangierten Umwandlungsarten und Rechtsträger.

 
Vermögensübergang auf eine Personengesellschaft oder eine natürliche Person
Verschmelzung oder Vermögensübertragung auf eine andere Körperschaft
Formwechsel einer Kapitalgesellschaft und einer eG in eine Personengesellschaft
Aufspaltung, Abspaltung und Vermögensübertragung (Teilübertragung)

Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils in eine Kapitalgesellschaft

  • Verschmelzung/Formwechsel von Personengesellschaft auf/in eine Kapitalgesellschaft
  • Aufspaltung/Abspaltung einer Personengesellschaft auf Kapitalgesellschaft
  • Ausgliederung auf eine Kapitalgesellschaft
  • Übertragung auf Kapitalgesellschaft durch Einzelrechtsnachfolge

Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils in eine Personengesellschaft

  • Verschmelzung von Personengesellschaft auf eine Personengesellschaft
  • Aufspaltung/Abspaltung einer Personengesellschaft auf Personengesellschaft
  • Ausgliederung auf eine Personengesellschaft
  • Übertragung auf Personengesellschaft durch Einzelrechtsnachfolge
Formwechsel einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft

Abb. 2: Vom UmwStG erfasste Umwandlungsarten und Rechtsträger

[1] Gesetz v. 30.6.2021, BGBl 2021 I S. 2050.
[2] Vgl. zum KöMoG allgemein Lüdicke, BB 2021, S. 1439 ff.; zur Kritik der nur partiellen Globalisierung des UmwStG, Jacobsen, DStZ 2021, S. 490 ff.
[3] Vgl. Schumacher, in Lutter, UmwG, 7. Aufl. 2024, Einl. II Rz. 21–22 mit Beispielen.

3.3 Steuerkonzept und Verknüpfung mit den Ertragsteuervorschriften

 

Rz. 15

Umwandlungen stellen i. d. R. auf der Ebene des übertragenden Rechtsträgers einen Veräußerungsvorgang und auf Ebene des übernehmenden Rechtsträgers einen Anschaffungsvorgang dar.[1] Die im Zuge einer Umwandlung i. S. d. UmwStG übergehenden Wirtschaftsgüter sind daher grundsätzlich in der Übertragungsbilanz des übertragenden Rechtsträgers mit ihrem "gemeinen Wert" anzusetzen, der sich gem. § 9 Abs. 2 BewG durch den Preis bestimmt, der sich bei einer Veräußerung im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsguts ergibt, wobei sämtliche preisbeeinflussenden Faktoren Berücksichtigung finden müssen. Daraus ergibt sich grundsätzlich eine Gewinnrealisierung bzw. Besteuerung der stillen Reserven.[2] 03.07 UmwStE spezifiziert diesbezüglich, dass die Ermittlung des gemeinen Werts anhand eines allgemein anerkannten ertragswert- oder zahlungsstromorientierten Verfahrens erfolgen kann (welches ein gedachter Erwerber des Betriebs der übertragenden Körperschaft bei der Bemessung des Kaufpreises zu Grunde legen würde), sofern der gemeine Wert des übertragenden Rechtsträgers nicht aus Verkäufen abgeleitet werden kann. Abweichungen von einem Ansatz mit dem gemeinen Wert sind nur unter bestimmten Voraussetzungen und in Ausnahmefällen sowie erst nach Antrag zulässig (Wertansatzwahlrecht). Werden Ausnahmefälle tangiert, kann sich ein Ansatz mit dem Buchwert oder einem Zwischenwert ergeben. § 11 UmwStG sieht – unter Einschränkungen[3] – für den Ansatz in der steuerlichen Schlussbilanz für das letzte Wirtschaft...

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