Abfindungszahlungen aus Anlass der Auflösung des Arbeitsverhältnisses können grundsätzlich keiner bestimmten Tätigkeit zugeordnet werden. Sie dienen vielmehr dem Ausgleich der wegfallenden Einkunftsquelle. DBA-rechtlich obliegt das Besteuerungsrecht daher dem Ansässigkeitsstaat im Zeitpunkt der Auszahlung[1].

Unabhängig hiervon wurden mit vielen Staaten Konsultationsvereinbarungen zur Behandlung von Abfindungen geschlossen. So haben z. B. Deutschland und die Schweiz abweichend vom Grundsatz der Ansässigkeitsbesteuerung in Artikel 24 Abs. 1 Satz 2 KonsVerCHEV vereinbart, dass solche Zahlungen im ehemaligen Tätigkeitsstaat zu besteuern sind.

Mit Urteil vom 10.6.2015[2] hat der BFH entschieden, dass die Besteuerung einer solchen Abfindungszahlung von Deutschland als ehemaligem Tätigkeitsstaat nach Wegzug des Steuerpflichtigen in die Schweiz nicht auf Artikel 24 Abs. 1 Satz 2 KonsVerCHEV gestützt werden kann. Nach Auffassung des BFH verstößt diese Regelung gegen Artikel 15 Abs. 1 DBA-Schweiz. D. h. § 2 Abs. 2 AO genügt nicht dem Bestimmtheitsgebot des Art. 80 Abs. 1 GG und kann außerdem eine Konsultationsvereinbarung nicht auf vor dem Zeitpunkt ihres tatsächlichen Inkrafttretens verwirklichte Sachverhalte anwendbar machen.

Durch die Veröffentlichung dieses BFH-Urteils im BStBl ist es über den Einzelfall hinaus auch auf alle übrigen Konsultationsvereinbarungen mit vergleichbarer Regelung anzuwenden, d. h. die mit dem jeweils anderen Staat getroffene Regelung zur Besteuerung von Abfindungszahlungen durch den ehemaligen Tätigkeitsstaat greift nicht.

Deutsche Besteuerungsrechte in Bezug auf Abfindungszahlungen aus Anlass der Auflösung des Arbeitsverhältnisses sind somit faktisch in keiner Konstellation mehr gegeben – und dies im Verhältnis zu grundsätzlich allen Staaten, ob mit Konsultationsvereinbarung oder ohne. Ist Deutschland der frühere Tätigkeitsstaat, könnte zwar nach den Konsultationsvereinbarungen bzw. dem OECD-MK 2014 in Deutschland besteuert werden, jedoch ist eine Besteuerung durch die BFH-Rechtsprechung gehindert. Ist Deutschland der Ansässigkeitsstaat, dürfte zwar nach BFH-Rechtsprechung besteuert werden, jedoch ist eine Besteuerung durch die Konsultationsvereinbarungen bzw. den OECD-MK 2014 gehindert.

Durch eine Neuregelung in § 50d Abs. 12 EStG erfolgt nunmehr entsprechend der Praxis anderer OECD-Staaten die Besteuerung von Abfindungen grundsätzlich im früheren Tätigkeitsstaat. Die Änderung ist am 1.1.2017 in Kraft getreten. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten vgl. den gesonderten Beitrag zur grenzüberschreitenden Arbeitnehmertätigkeit (HI1326744, Teil 5.1 – HI1329460).

[1] vgl. z. B. Art. 15 Abs. 1 DBA-Schweiz

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