Die Änderung des EU-Amtshilfegesetzes setzt die vom Europäischen Rat am 8.12.2015 beschlossene Änderung der EU-Amtshilferichtlinie[1] in das nationale Recht um. Hintergrund sind die Bemühungen um verstärkte Transparenz; danach sollen innerhalb der Europäischen Union sog. Rulings (Vorbescheide und Vorabverständigungen) zwischen den Finanzverwaltungen ausgetauscht werden.

Die Regelungen waren bereits im Vorfeld der Abstimmung auf EU-Ebene strittig, da die EU-Kommission ursprünglich eine Rückwirkung auf alle Rulings vorgesehen hatte, die ab 2005 erteilt wurden. Im Rahmen eines politischen Kompromisses konnte Deutschland erreichen, dass nur ab 1.1.2012 erteilte Rulings der EU-Kommission bzw. den anderen Staaten mitgeteilt werden müssen.

Der Bundesrat hatte in der 915. Sitzung des Finanzausschusses auch noch hinsichtlich der vorgesehenen Übermittlung der Informationen an alle anderen Mitgliedstaaten sowie die Europäische Kommission erhebliche Bedenken erhoben (Beschluss Nr. 4). Denn ein Informationsbedarf besteht nur für Mitgliedstaaten, die von der Auskunft zumindest mittelbar betroffen sind und nur für Zwecke des Steuerverfahrens. Dies konnte von Deutschland aber nicht durchgesetzt werden.

Neben den uneingeschränkten Meldeverpflichtungen auf EU-Ebene gibt es auch eingeschränkte Meldeverpflichtungen gegenüber anderen Staaten aufgrund der BEPS-Umsetzung. Rechtsgrundlage ist hierbei die jeweilige Amtshilfeklausel im DBA. Einzelheiten ergeben sich aus dem Merkblatt des BMF.[2]

 
Praxis-Tipp

Einholung einer verbindlichen Auskunft

Angesichts der breiten Streuung von verbindlichen Auskünften in den nachfolgend beschriebenen grenzüberschreitenden Fällen stellt sich in der Praxis die Frage, ob die Einholung einer verbindlichen Auskunft noch zweckmäßig ist. Es bestehen erhebliche Zweifel, ob in allen Fällen deutscher Datenschutzstandard bzw. Steuergeheimnisgrundsätze gewahrt bleiben können. Dies ist im jeweiligen Einzelfall abzuwägen.

[1] Richtlinie (EU) 2015/2376 v. 8.12.2015 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU bezüglich der Verpflichtung zum automatischen Austausch von Informationen im Bereich der Besteuerung

2.3.1 Auskunftsaustausch nach BEPS Action 5

Ausgangspunkt des Abschlussberichts der OECD (S. 45 ff.) sind die Arbeiten des Forum on Harmful Tax Practices (FHTP). Dieses schlägt einen spontaner Informationsaustausch nicht nur für individuelle Rulings, sondern auch für Advanced Pricing Agreements (APA), ex-post-Auskünfte und sonstige Verständigungen vor. Adressaten sollen die jeweiligen Ansässigkeitsstaaten sowohl der betreffenden Einzelgesellschaften als auch der Muttergesellschaft sein. Aus dem Merkblatt des BMF vom 28.7.2016[1] lassen sich folgende Eckwerte entnehmen:

a) Zeitlicher Anwendungsbereich

Dies sind zum einen sog. "Alte Rulings" (d. h. Rulings, die ab 1.1.2010 bis 31.12.2013 erteilt, geändert oder erneuert wurden und am 1.1.2014 noch gültig waren) sowie Rulings, die ab dem 1.1.2014 bis 31.3.2016 erteilt, geändert oder erneuert wurden (unabhängig von ihrer Gültigkeit). Ein am 1.1.2014 gültiges Ruling liegt vor, wenn sich der Steuerpflichtige am oder nach dem 1.1.2014 darauf berufen kann und die Finanzverwaltung an das Ruling rechtlich gebunden ist.

Zum anderen betrifft die Mitteilungspflicht alle neuen Rulings, d. h. Rulings, die ab dem 1.4.2016 erteilt, geändert oder erneuert werden, unabhängig von ihrer Gültigkeit.

b) Rechtsgrundlagen: DBA und multilaterales Übereinkommen

Für die Praxis wichtig ist, dass Alt-DBA mit nur kleiner Auskunftsklausel nicht betroffen sind, d. h. z. B. nach dem bis 31.12.2016 gültigen DBA mit China keine Auskünfte erteilt werden können. Das BMF-Anwendungsschreiben enthält eine umfassende Länderliste.

c) Sachlicher Anwendungsbereich

Eine Austauschverpflichtung besteht nur für folgende Fallgruppen:

  1. Rulings zu Präferenzregimen (Vorzugsbesteuerung) i. S. d. OECD-Forums für schädlichen Steuerwettbewerb: In Deutschland betrifft dies gegenwärtig nur die Tonnagebesteuerung (§ 5a EStG).
  2. Unilaterale Vorabzusagen über Verrechnungspreise (unilaterale Advance Pricing Agreements (APAs) zwischen international verbundenen Unternehmen.
  3. Unilaterale Rulings, die zu einer einseitigen Minderung des zu versteuernden Gewinns in Deutschland führen.
  4. Rulings, die sich auf das (Nicht-)Vorhandensein von Betriebsstätten bzw. die Gewinnabgrenzung bei Betriebsstätten mit grenzüberschreitender Auswirkung beziehen.
  5. Rulings, die sich auf Gestaltungen beziehen, bei denen Zahlungen von in Deutschland ansässigen Durchleitungsgesellschaften direkt oder indirekt in einen anderen Staat gelangen.

Nach dem BEPS-Aktionspunkt 5 sind Rulings „alle Empfehlungen, Auskünfte oder Zusicherungen einer Steuerbehörde gegenüber einem bestimmten Steuerpflichtigen oder einer Gruppe von Steuerpflichtigen in Bezug auf dessen bzw. deren Steuersituation...

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