Bereits 2005 hat der BFH viel beachtet entschieden, dass die Zustimmung zur vorzeitigen Auflösung eines Beratervertrags gegen "Schadensersatz" eine sonstige Leistung sein kann.[1] Im Streitfall hatte eine Anwaltssozietät mit einer ärztlichen Gemeinschaftspraxis einen Beratungsvertrag für die Dauer von mehr als 5 Jahren geschlossen und ein jährliches Pauschalhonorar von 250.000 DM vereinbart. Da sich die Gemeinschaftspraxis wegen Differenzen zwischen ihren Gesellschaftern auflösen wollte, kam es nach schwierigen Verhandlungen zur vorzeitigen Beendigung des Beratungsvertrags gegen Zahlung eines Einmalbetrags i. H. v. 450.000 DM. Entgegen der Auffassung der Anwaltssozietät unterwarf das Finanzamt diesen Vorgang der Umsatzsteuer und forderte aus den 450.000 DM Umsatzsteuer zuzüglich Zinsen. Nach dem die Klage vor dem Finanzgericht zunächst erfolgreich war, bestätigte der BFH die Auffassung des Finanzamtes.

In der Folgezeit hat er mehrfach entschieden, dass die Leistung "Verzicht auf die weitere Durchführung eines Vertrags gegen Entschädigungszahlung" der Umsatzsteuer unterliegen kann. Danach liegt z. B. ein steuerbarer Verzicht auch vor, wenn der Vermieter der Auflösung des Mietvertrags gegen Abfindungszahlung zustimmt und damit auf die weitere Durchführung des Mietvertrags verzichtet.[2] Nach einem Urteil des FG München ist allerdings von nicht steuerbarem Schadensersatz auszugehen, wenn der Mieter vertragswidrig Mietzahlungen einstellt, der Vermieter deswegen den Mietvertrag mit sofortiger Wirkung außerordentlich fristlos gekündigt hat, anschließend vom neuen Mieter eine niedrigere Miete erhalten und als Ausgleich für diesen Mietverlust die Mietkaution des alten Mieters als Schadensersatz einbehalten hat.[3]

 
Praxis-Tipp

Vorsteuer abziehbar

Zur "Vorsteueraufteilung" hat das FG München[4] zugunsten des Unternehmers entschieden, dass Kosten für die vorzeitige Aufhebung eines Pachtvertrags ihren ausschließlichen Entstehungsgrund in der steuerpflichtigen Verpachtungstätigkeit haben. Gegenüber dem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang der vom Verpächter bezogenen Verzichtsleistungen zu seiner Verpachtungstätigkeit trete der lediglich mittelbare Zusammenhang zu einer beabsichtigten Grundstücksveräußerung zurück. Der BFH hat diese Sichtweise bestätigt[5], wenn die vorzeitige Auflösung zu einem Zeitpunkt erfolgt, in dem das Pachtverhältnis noch besteht und eine beabsichtigte (steuerfreie) Veräußerung noch nicht festgestellt werden kann.

In seinem Urteil vom 16.1.2014[6] hat der BFH klargestellt, dass die Voraussetzungen für einen entgeltlichen Leistungsaustausch vorliegen, wenn ein Steuerpflichtiger auf eine ihm, sei es auf gesetzlicher Grundlage oder vertraglicher Grundlage zustehende Rechtsposition gegen Entgelt verzichtet. In diesem Streitfall hatten sich die Beteiligten im Rahmen eines Vergleichs auf eine vorzeitige Vertragsaufhebung gegen Entschädigungszahlung geeinigt. Nach Ansicht des BFH stellt der Vergleich als vertragliche Vereinbarung einen unmittelbaren Zusammenhang der Leistung mit dem empfangenen Gegenwert her, was wiederum für die Annahme eines Leistungsaustauschs genüge.[7]

 
Wichtig

Ausgleich für entgangenen Gewinn

Die klare und recht eindeutige Tendenz der Rechtsprechung des BFH, "Verzichtsleistungen" grundsätzlich der Umsatzsteuer zu unterwerfen, wurde im Schrifttum bereits massiv kritisiert.[8] Denn anders als der BFH offenbar meint, komme es für das Vorliegen eines zu besteuernden verbrauchbaren Vorteils nicht auf die Perspektive des Leistenden (ob dieser auf irgendetwas verzichtet), sondern allein auf die Perspektive des Leistungsempfängers an, der das Geld aufwendet. Dieser zahle in vielen Fällen nämlich nicht für den Verzicht auf ein Tun des Vertragspartners oder gar für die Erlangung von Rechtssicherheit oder "Rechtsfrieden" (was ohnehin kein Privater verschaffen kann), sondern gleicht häufig "lediglich" einen entgangenen Gewinn des Vertragspartners aus, weil der Vertrag vorzeitig – ohne weitere Leistungserbringung – beendet wurde.[9]

Dieser Kritik ist der BFH allerdings ausdrücklich entgegengetreten.[10]

Da eine Kehrtwende des BFH momentan nicht in Sicht ist, muss sich die Beratungspraxis bis auf Weiteres mit dem Gedanken anfreunden, dass der "Verzicht auf die weitere Durchführung eines Vertrags gegen Entschädigungsleistung" zumindest nach nationaler Sichtweise mehrheitlich als umsatzsteuerbarer Vorgang zu werten ist, sofern der vorzeitig aufgehobene Vertrag für einen solchen Fall keine eindeutige Regelung bzw. Entschädigungszahlung vorsieht.

 
Praxis-Tipp

Steuerfreiheit möglich

Sofern ein Verzicht auf die weitere Durchführung einer Leistung gegen Entgelt umsatzsteuerbar ist, bedeutet das nicht zwangsläufig, dass auch Umsatzsteuerpflicht gegeben ist. So hat der EuGH bereits frühzeitig entschieden, dass der Verzicht auf Rechte aus dem Mietvertrag gegen eine Abstandszahlung der Vermietung des Grundstücks gleichzusetzen ist.[11] Soll heißen: Wurde bei dem ursprünglichen Mietvertrag nicht zur Umsatzsteue...

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