Ermittelt der Unternehmer seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG durch eine sog. Überschussrechnung, ist er nach § 20 UStG i. d. R. auch berechtigt, seine Umsätze nach vereinnahmten Entgelten[1] zu besteuern. Dies bedeutet, dass er nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b UStG die Umsatzsteuer erst dann gegenüber dem Finanzamt anmelden und abführen muss, wenn er die Gegenleistungen (i. d. R. die Bezahlung) vereinnahmt hat. Stimmen insoweit die ertragsteuerlichen Gewinnermittlungsvorschriften mit den Vorschriften zur Ermittlung der Entstehung der Umsatzsteuer überein, ergeben sich im Regelfall für die Verprobung der Umsatzsteuer keine Probleme. Die im jeweiligen Betrachtungszeitraum zugeflossenen Einnahmen führen sowohl zu einer ertragsteuerlichen wie auch zu einer umsatzsteuerlichen Erfassung im Zeitraum der Vereinnahmung. Jahresübergreifende Leistungen und Zahlungen führen somit ertragsteuerlich wie auch umsatzsteuerlich zu gleichen Ergebnissen. Die Verprobung der Umsatzsteuer kann daher vollständig auf die in der Buchhaltung (oder einer bei der Überschussrechnung zulässigen anderweitigen Zusammenstellung der Einnahmen) erfassten Zuflüsse abgestellt werden. Ertragsteuerrecht und Umsatzsteuerrecht hängen somit wie folgt zusammen:

 
Vorgang ertragsteuerliche Erfassung umsatzsteuerliche Erfassung Abweichung

Leistung ausgeführt in 2023

Zahlungszufluss in 2024
2024 2024 nein

Leistung ausgeführt in 2024

Zahlungszufluss in 2024
2024 2024 nein

Leistung ausgeführt in 2024

Zahlungszufluss in 2025
2025 2025 nein

Leistung ausgeführt in 2025

Zahlungszufluss in 2024
2024 2024 nein
 
Wichtig

Wertstellung ist für Vereinnahmung unbeachtlich

Für die Erfassung eines Umsatzes bei Istversteuerung ist die tatsächliche Gutschrift auf dem Konto des leistenden Unternehmers zu beachten. Sollte aus banktechnischen Gründen eine rückwirkende Wertstellung vorgenommen werden (z. B. tatsächliche Gutschrift am 2.1., Wertstellung 31.12.) kommt es für die Vereinnahmung auf die tatsächliche Gutschrift an.[2]

Eine Abweichung kann sich lediglich dann ergeben, wenn ertragsteuerlich wiederkehrende Zahlungen innerhalb eines kurzen Zeitraums um den Jahreswechsel nach § 11 EStG der Periode zugerechnet werden, zu der sie wirtschaftlich gehören, da es umsatzsteuerlich keine vergleichbare Regelung gibt.

 
Praxis-Beispiel

Mietvorauszahlung für Folgejahr

Der Vermieter V erhält per Überweisung am 28.12.2023 eine Mietzahlung seines Mieters M für den Januar 2024, für die er zulässigerweise zur Umsatzsteuer optiert hat. Die Miete gehört wirtschaftlich in den Januar 2024. Da die Zahlung auch innerhalb eines Zeitraums von 10 Tagen[3] vor Fälligkeit und Jahreswechsel geleistet wurde, ist diese Miete ertragsteuerlich erst in 2024 anzusetzen. Umsatzsteuerlich liegt jedoch eine dem § 11 EStG vergleichbare Regelung nicht vor, sodass der Zufluss der Miete umsatzsteuerlich in 2023 zu erfassen ist.

Die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten nach § 20 UStG bezieht sich allerdings nur auf die Besteuerung der Ausgangsumsätze. Eine korrespondierende Regelung für die Vorsteuer ist im Umsatzsteuergesetz nicht enthalten. Im Ergebnis bedeutet dies, dass die Vorsteuer immer nach der Grundregelung des § 16 Abs. 2 UStG abzuziehen ist, also erst – und nur – dann, wenn die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug gemeinsam erstmals vorliegen.

Eine Vorsteuer ist damit – unabhängig von den Vorschriften über die Besteuerung der Ausgangsleistungen – dann abzugsfähig, wenn

  • die Leistung an den Unternehmer ausgeführt worden ist und eine ordnungsgemäße Rechnung nach § 14 UStG vorliegt[4] oder
  • eine Leistung noch nicht an den Unternehmer ausgeführt worden ist, er aber eine Anzahlung geleistet hat und eine ordnungsgemäße Rechnung nach § 14 UStG vorliegt.[5]
 
Wichtig

Zeitpunkt des Vorsteuerabzugsrechts nicht unionsrechtskonform

Der Vorsteuerabzug ist national unabhängig davon möglich, ob die Umsatzsteuer bei dem leistenden Unternehmer schon entstanden ist oder nicht (dies hängt davon ab, ob der leistende Unternehmer seine Umsätze nach vereinnahmten oder vereinbarten Entgelten versteuert). Nach der Rechtsprechung des EuGH[6] kann aber bei dem Leistungsempfänger – unabhängig von seinem Besteuerungsverfahren – die Vorsteuer erst abgezogen werden, wenn sie beim leistenden Unternehmer entstanden ist. Solange in Deutschland noch keine gesetzliche Anpassung vorgenommen worden ist, sind diese Grundsätze aber noch nicht in der Buchhaltung zu berücksichtigen.

Damit können sich bei der Vorsteuerverprobung erhebliche Unterschiede zwischen der ertragsteuerlichen und der umsatzsteuerlichen Erfassung ergeben. Die Zusammenhänge verdeutlicht die nachfolgende Übersicht:

 
Vorgang ertragsteuerliche Erfassung umsatzsteuerliche Erfassung Abweichung

Leistung und Rechnung erhalten in 2023

Zahlungsabfluss in 2024
2024 2023 ja

Leistung und Rechnung erhalten in 2024

Zahlungsabfluss in 2024
2024 2024 nein

Leistung und Rechnung erhalten in 2024

Zahlungsabfluss in 2025
2025 2024 ja

Leistung und Rechnung erhalten in 2025

Zahlungsabfluss in 2024
2024 2025 ja

Leis...

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