BMF, 10.12.2020, III C 1 - S 7050/19/10001 :002

Bezug: BMF-Schreiben vom 25.11.2020 – III C 1 – S 7050/19/10001:002 (2020/1227942) –

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Am 31. Januar 2020 ist das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland (im Folgenden: „Vereinigtes Königreich”) aus der Europäischen Union ausgetreten. Nach den Regelungen des Abkommens über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft (ABl EU Nr. L 29 vom 31. Januar 2020 S. 7; im Folgenden: „Austrittsabkommen”) schloss sich ein Übergangszeitraum an, in dem u. a. das Mehrwertsteuerrecht der Union für das Vereinigte Königreich weiterhin Anwendung findet. Dieser Übergangszeitraum wird mit Ablauf des 31. Dezember 2020, UTC+1 (24.00 Uhr Brüsseler Zeit) enden.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt hierzu Folgendes:

 

1. Künftiger umsatzsteuerrechtlicher Status von Großbritannien und Nordirland

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Grundsätzlich ist das Vereinigte Königreich, mithin Großbritannien und Nordirland, für umsatzsteuerrechtliche Zwecke nach dem 31. Dezember 2020 als Drittlandsgebiet im Sinne des § 1 Abs. 2a Satz 3 UStG anzusehen.

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Eine Ausnahme gilt für Nordirland, für das im „Protokoll zu Irland / Nordirland” zum Austrittsabkommen ein besonderer Status vereinbart wurde. Nach Artikel 8 Abs. 1 i. V. m. Anhang 3 dieses Protokolls gelten für Nordirland folgende Bestimmungen fort, soweit sie die Umsatzbesteuerung des Warenverkehrs betreffen:

  • Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem,
  • Richtlinie 2008/9/EG des Rates vom 12. Februar 2008 zur Regelung der Erstattung der Mehrwertsteuer gemäß der Richtlinie 2006/112/EG an nicht im Mitgliedstaat der Erstattung, sondern in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Steuerpflichtige,
  • Verordnung (EU) Nr. 904 /2010 des Rates vom 7. Oktober 2010 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und die Betrugsbekämpfung auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer,
  • Richtlinie 2010/24/EU des Rates vom 16. März 2010 über die Amtshilfe bei der Beitreibung von Forderungen in Bezug auf bestimmte Steuern, Abgaben und sonstige Maßnahmen,
  • Dreizehnte Richtlinie 86/560/EWG des Rates vom 17. November 1986 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Verfahren der Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Gebiet der Gemeinschaft ansässige Steuerpflichtige,
  • Richtlinie 2007/74/EG des Rates vom 20. Dezember 2007 über die Befreiung der von aus Drittländern kommenden Reisenden eingeführten Waren von der Mehrwertsteuer und den Verbrauchsteuern,
  • Richtlinie 2009/132/EG des Rates vom 19. Oktober 2009 zur Festlegung des Anwendungsbereichs von Artikel 143 Buchst. b und c der Richtlinie 2006/112/EG hinsichtlich der Mehrwertsteuerbefreiung bestimmter endgültiger Einfuhren von Gegenständen,
  • Richtlinie 2006/79/EG des Rates vom 5. Oktober 2006 über die Steuerbefreiungen bei der Einfuhr von Waren in Kleinsendungen nichtkommerzieller Art mit Herkunft aus Drittländern,
  • Verpflichtungen aus der Übereinkunft zwischen der Europäischen Union und dem Königreich Norwegen über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden, die Betrugsbekämpfung und die Beitreibung von Forderungen auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer und
  • Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits zur Bekämpfung von Betrug und sonstigen rechtswidrigen Handlungen, die ihre finanziellen Interessen beeinträchtigen.

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Im Ergebnis ist bei der Umsatzbesteuerung des Warenverkehrs mit dem Vereinigten Königreich zwischen Großbritannien und Nordirland zu unterscheiden. Während Großbritannien auch insoweit als Drittlandsgebiet zu behandeln ist, wird Nordirland für die Umsatzbesteuerung des Warenverkehrs auch nach dem 31. Dezember 2020 als zum Gemeinschaftsgebiet gehörig behandelt. Innerhalb des Vereinigten Königreichs sind dessen Behörden für die Anwendung und Durchführung der für Nordirland weiter geltenden Vorschriften des Mehrwertsteuerrechts der Union zuständig. Für nordirische Umsatzsteuer-Identifikationsnummern findet das Präfix „XI” Anwendung. Entsprechende Umsatzsteuer-Identifikationsnummern gelten als von einem anderen Mitgliedstaat erteilt.

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Zusammengefasst unterliegen nach dem 31. Dezember 2020 ausgeführte Umsätze vorbehaltlich etwaiger Übergangsregelungen

  • im Waren- und Dienstleistungsverkehr mit Großbritannien sowie im Dienstleistungsverkehr mit Nordirland den für das Drittlandsgebiet bzw.
  • im Warenverkehr mit Nordirland den für den innergemeinschaftlichen Handel

geltenden Vorschriften zur Umsatzsteuer.

 

2. Behandlung von Lieferungen vor dem 1. Januar 2021, bei denen der gelieferte Gegenstand nach dem 31. Dezember 2020 nach Großbritannien oder von dort in das Inland gelangt

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Nach dem 31. Dezember 2020 unterliegt der Warenverkehr mit Großbritannien zollrechtlichen Förmlichkeite...

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