Kleinunternehmerregelung: Ermittlung des Grenzwerts bei der Differenzbesteuerung

Bei Differenzgeschäften zahlt der Unternehmer die Umsatzsteuer nur auf die Differenz zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis. Bei der Ermittlung des Gesamtumsatzes ist nach Auffassung der Finanzverwaltung aber nicht nur die Differenz, sondern das gesamte Entgelt zu erfassen, also auch der Teil, der nicht der Umsatzsteuer unterliegt.

Bis zum 31.12.2009 wurde bei der Ermittlung des Gesamtumsatzes nur die Differenz zwischen Ein- und Verkaufspreis einbezogen. Seit dem 1.1.2010 ist bei Differenzgeschäften und der Margenbesteuerung von Reiseleistungen immer das gesamte Entgelt einzubeziehen.

 
Praxis-Beispiel

Differenzbesteuerung bei Gebrauchtwarenhändler

Ein Unternehmer handelt mit gebrauchten Gegenständen, bei denen er die Differenzbesteuerung anwenden kann. Seine Umsätze sehen wie folgt aus:

 
Einnahmen aus dem Verkauf gebrauchter Wirtschaftsgüter 27.000 EUR 27.000 EUR
abzüglich Wareneinkauf 11.000 EUR
Differenz = steuerpflichtiger Umsatz 16.000 EUR

Maßgebend sind nach Auffassung der Finanzverwaltung die Einnahmen aus dem Verkauf in Höhe von 27.000 EUR, nicht aber die Differenz von 16.000 EUR. Somit überschreitet der Gesamtumsatz den Grenzwert von 22.000 EUR (bis einschließlich 2019: 17.500 EUR), sodass die Kleinunternehmer-Regelung nicht angewendet werden darf.

Nach Europarecht werden bei Anwendung der Kleinbetragsregelung Umsätze nur insoweit herangezogen werden, wie sie auch tatsächlich der Besteuerung unterlägen. Mit Urteil vom 23.10.2019 hat der BFH entschieden, dass im Rahmen der Ermittlung des Gesamtumsatzes nach der Kleinunternehmerregelung bei einem der Differenzbesteuerung unterliegenden Unternehmer auf die Gesamteinnahmen abzustellen ist.[1] Damit wendet sich der BFH in seinem Urteil gegen die Anwendung der Handelsspanne als zu betrachtendem Wert für die Beurteilung, ob die Umsatzgrenzen für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung überschritten sind oder nicht.

Als Gesamtumsatz, so führt es der BFH in seinem Urteil aus, ist nach § 19 Abs. 3 Satz 1 UStG die Summe der vom Unternehmer ausgeführten steuerbaren Umsätze gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG abzüglich der steuerfreien Umsätze. § 19 Abs. 1 Satz 2 UStG war im Urteilsfall nicht dahingehend auszulegen, dass bei der Ermittlung der Umsatzgrößen auf die Summe der Differenzbeträge gem. § 25a Abs. 3 UStG, sondern auf die vereinnahmten Entgelte abzustellen ist. Diese Betrachtungsweise ist auch unionsrechtlich entsprechend auszulegen, sodass die vereinnahmten Umsätze abzüglich steuerfreier Umsätze sowie Umsätzen von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens maßgebend sind.

Bei Kleinunternehmern wird die Umsatzsteuer von inländischen Unternehmern nicht erhoben, wenn der nach vereinnahmten Entgelten bemessene Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr 22.000 EUR nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50.000 EUR voraussichtlich nicht übersteigen wird.

Nach EU-Recht – nunmehr für nicht anwendbar erklärt durch das Urteil des BFH vom 23.10.2019 – ist bei der Steuerbemessungsgrundlage für Umsätze, die der Differenzbesteuerung unterliegen, auf die Differenz (Handelsspanne) zu begrenzen. D. h., dass das über die Differenz hinausgehende Entgelt bei der Ermittlung des Gesamtumsatzes unberücksichtigt zu lassen ist.

Nach rein nationalem Recht wäre die Klage unbegründet, weil der Gesamtumsatz im Urteilsfall die Grenze von 22.000 EUR überstiegen hat.

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