Leitsatz

Der Betreiber eines Internetportals, über das Gutscheine für Erlebnisleistungen erworben werden, erbringt diese Leistungen als Eigenleistungen. Es liegt keine bloße Vermittlung an den jeweiligen Veranstalter vor.

 

Sachverhalt

Der Kläger betrieb in den Streitjahren 2013 bis 2015 ein Internetportal, auf dem er verschiedene Freizeiterlebnisse präsentierte, die gebucht und in Anspruch genommen werden konnten. Dies setzte jeweils den Erwerb eines Gutscheins voraus. Die Gutscheine wurden vom Kläger im eigenen Namen und für eigene Rechnung über sein Internetportal verkauft. Sofern die Leistungen später in Anspruch genommen wurden, leitete der Kläger den für den jeweiligen Erlebnisgutschein gezahlten Preis abzüglich einer vereinbarten Vermittlungsprovision von (in der Regel) "um die 30 %" an den jeweiligen Erlebnisveranstalter weiter. Diese Vermittlungsprovisionen rechnete er gegenüber den Veranstaltern unter Ausweis von Umsatzsteuer mittels Gutschriften ab. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass der Kläger insgesamt jeweils eine Leistung eigener Art erbrachte hat und deshalb die erhaltenen Gutscheinverkaufspreise umsatzversteuern müsse. Die an den jeweiligen Veranstalter weitergeleiteten Zahlungen beurteilte es als Entgeltminderungen nach § 17 UStG. Dies hatte letztlich zur Folge, dass auch die Zahlungen für diejenigen Gutscheine umsatzversteuert werden mussten, die tatsächlich nie eingelöst worden sind. Dabei handelte es sich offenbar um immerhin rund 40 % aller verkauften Gutscheine.

 

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Nach Ansicht des Finanzgerichts diente der Betrieb des Internetportals nicht allein der Vermittlung der Leistungen der Veranstalter. Denn über den Erwerb der Gutscheine erlangten die Kunden des Klägers überhaupt erst Zugang zu den mit dem Portal des Klägers verbundenen Möglichkeiten, insbesondere zwischen den einzelnen Erlebnissen zu wählen, Termine hierfür zu vereinbaren und die Erlebnisleistung in Anspruch zu nehmen. So sind die aus der Leistungsbeziehung zu den Veranstaltern erzielten Erlöse deutlich geringer als die von den Gutscheinerwerbern insgesamt erlangten Zahlungen. Zwar mindern sich rein wirtschaftlich betrachtet die Erlöse aus dem Geschäft mit den Gutscheinerwerbern, soweit diese die angebotenen Erlebnisse in Anspruch nehmen. Das (erfolgreiche) Geschäftsmodell des Klägers beruhte aber unter anderem darauf, dass seine Kunden zu einem großen Teil, in den Streitjahren ca. 40 %, zwar Gutscheine erwarben, die damit verbundenen Rechte und Möglichkeiten aber gar nicht bzw. nicht in vollem Umfang in Anspruch nahmen. Diese Gutscheinerwerber zahlten die vom Kläger verlangten Preise - zumindest aus ihrer Sicht - nicht für eine vom Kläger an die Veranstalter erbrachte Vertriebs- bzw. nicht für eine erbrachte Vermittlungsleistung, sondern für die eigenen, durch die Tätigkeit des Klägers erlangten Vorteile. Vor diesem Hintergrund spielte es auch keine Rolle, dass der Kläger sich in seinen AGB selbst nur als Vermittler der Erlebnisleistungen bezeichnet hat. Unabhängig davon, ob die AGB vom durchschnittlichen Kunden überhaupt gelesen wurden, ergaben diese hinsichtlich der Frage des leistenden Unternehmers kein eindeutiges Bild. Schließlich hatte er in den AGB auch von "unseren" Preisen und nicht von den Preisen der Veranstalter gesprochen, zudem konnten die Gutscheinerwerber über den Kläger vom Kaufvertrag zurücktreten, sollte die Erlebnisleistung von der Beschreibung auf dem Portal des Klägers erheblich abweichen.

 

Hinweis

Ganz offenbar stand für das Finanzgericht im Vordergrund, dass der Kläger über sein Internetportal seinen Kunden die Möglichkeit verschafft hat, sich ein beliebiges Freizeiterlebnis auszusuchen, zu verschenken und in Anspruch zu nehmen. Dies wurde als generell steuerpflichtige Tätigkeit beurteilt. Es kam daher für das Finanzgericht nicht mehr darauf an, ob vorliegend von sogenannten Einzweckgutscheinen oder Mehrzweckgutscheinen auszugehen war.

Da bei der Veräußerung der Gutscheine offenbar noch nicht feststand, welches Freizeiterlebnis konkret in Anspruch genommen wird, könnte man auch die Auffassung vertreten, dass hier sogenannte Mehrzweckgutscheine vorlagen. Dies hätte für den Kläger die günstige Folge, dass Erlöse aus dem Verkauf derjenigen Gutscheine, die letztendlich nie eingelöst wurden, auch nicht der Umsatzsteuer unterliegen.

Abschließend muss nun der BFH entscheiden, Az beim BFH V R 35/20. Der BFH wird insbesondere beurteilen müssen, ob die weiteren Leistungen des Klägers im Rahmen des Betreibens der Internetplattform dazu führen, die "eigentliche Leistung" der Gutscheinausgabe in eine Gesamtleistung eigener Art umzuqualifizieren.

 

Link zur Entscheidung

FG Münster, Urteil v. 17.09.2020, 5 K 1404/18 U

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