§ 2b Abs. 3 UStG enthält eine Sonderregelung für Kooperationen zwischen jPdöR, sog. (bisher nicht steuerbare) Beistandsleistungen.

Auch hier gilt wieder: Voraussetzung ist, dass zunächst eine Tätigkeit im Rahmen der öffentlichen Gewalt vorliegt (s. o.). Bei Kooperationen auf privatrechtlicher Grundlage greift also Absatz 3 erst gar nicht.[1]

Hintergrund der Regelung des Absatzes 3 ist es laut Gesetzesbegründung, die Kooperationen von jPdöR nicht mit Umsatzsteuer zu belasten. So sollen eine Verteuerung öffentlicher Leistungen und eine unerwünschte Belastung des Bürgers vermieden werden. Der Gesetzgeber geht typisierend davon aus, dass die in Absatz 3 genannten Tätigkeiten nicht marktorientiert erfolgen. Auch wenn die Regelung Kooperationen aller jPdöR untereinander erfasst, hat der Gesetzgeber vor allem die interkommunale Zusammenarbeit im Blick, auf welche die Regelung zugeschnitten ist. Aber auch die Zusammenarbeit der Kirchen oder der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten soll nach der Gesetzesbegründung ausdrücklich erfasst sein.

 
Praxis-Beispiel

Geschäftsführungsleistungen der Kreishandwerkerschaften für Innungen

Kreishandwerkerschaften übernehmen oftmals gegen Kostenerstattung die Geschäftsführung für Handwerkerinnungen.

Die Kreishandwerkerschaften gelten mit diesen Beistandsleistungen nach § 2b UStG jedoch nicht als Unternehmer i. S. d. § 2 UStG.[2]

Gem. § 2b Abs. 3 UStG liegen insbesondere (nicht abschließend) in 2 Fällen der Beistandsleistungen keine größeren Wettbewerbsverzerrungen vor:

Bei der Wahrnehmung von Vorbehaltsaufgaben[3] und wenn die Zusammenarbeit durch gemeinsame spezifische öffentliche Interessen bestimmt wird.[4]

Den jPdöR vorbehaltene Leistungen (Vorbehaltsaufgaben)

§ 2b Abs. 3 Nr. 1 UStG nimmt Leistungen von der Besteuerung aus, wenn gesetzliche Bestimmungen in dem jeweiligen Bundesland oder im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland die Durchführung der Leistung auf Rechtsträger des öffentlichen Rechts beschränken.

 
Achtung

Keine Vorbehaltsaufgabe

Nicht ausreichend für die Annahme einer Vorbehaltsaufgabe ist z. B. die gesetzliche Regelung eines allgemein gehaltenen Kooperationsgebots, das im Nachgang durch untergesetzliche Regelungen, vertragliche Vereinbarungen oder die tatsächliche Verwaltungspraxis ausgefüllt wird.[5]

 
Praxis-Beispiel

Vorbehaltsaufgaben

Mögliche Anwendungsfälle für Vorbehaltsaufgaben sind z. B.:

  • gemeinsame Standes- und Ordnungsämter
  • Abnahme von Berufsabschlussprüfungen durch eine IHK für eine andere
  • Vertragliche Überlassung der Trägerschaft eines Friedhofs durch eine kirchliche jPdöR an eine Kommune, soweit der Betrieb eines Friedhofs aufgrund landesgesetzlicher Regelungen nur durch jPdöR erfolgen kann.[6]
 
Hinweis

Keine vorbehaltenen Leistungen

  • Bestimmungen, die von einer mit Satzungsautonomie ausgestatteten jPdöR für ihren Bereich erlassen werden (z. B. Sparkassensatzung), gelten nicht als gesetzliche Bestimmung i. S. d. § 2b Abs. 3 Nr. 1 UStG.
  • Leistungen, die eine jPdöR mangels einer entgegenstehenden gesetzlichen Bestimmung auf dem freien Markt beschaffen kann und darf (z. B. Gehaltsabrechnungen, Fuhrparkmanagement), gelten ebenfalls nicht als vorbehaltene Leistungen.

Gemeinsame spezifische öffentliche Interessen

In § 2b Abs. 3 Nr. 2 Buchst. ad UStG werden beispielhaft ("regelmäßig") Fälle genannt, in denen von einem gemeinsamen spezifisch-öffentlichen Interesse ausgegangen wird. Diese Kriterien wurden der Rechtsprechung zum Vergaberecht entnommen[7] und müssen kumulativ vorliegen.

a) Leistungen, die auf langfristigen öffentlich-rechtlichen Vereinbarungen beruhen

Öffentlich-rechtliche Vereinbarungen sind insbesondere der öffentlich-rechtliche Vertrag, Verwaltungsabkommen und -vereinbarungen sowie Staatsverträge.

Von Langfristigkeit ist auszugehen, wenn die Vereinbarung auf unbestimmte Zeit oder für einen Zeitraum von mindestens 5 Jahren geschlossen wird. Kürzere Zeiträume sind allerdings möglich, wenn dies nach der Art der Tätigkeit üblich ist.[8]

b) Leistungen, die dem Erhalt der öffentlichen Infrastruktur und der Wahrnehmung einer allen Beteiligten obliegenden öffentlichen Aufgabe dienen

Die öffentliche Infrastruktur umfasst alle Einrichtungen, die für die Ausübung öffentlicher Gewalt notwendig sind. Bei kirchlichen jPdöR sind dies insbesondere die Verkündigung und Seelsorge sowie die dafür genutzten öffentlichen Sachen, z. B. Kirchen und Kapellen, auf Kirchengrundstücken befindliche Pfarrgebäude (Pastorat) und Gemeindehäuser.

Unter der Wahrnehmung einer allen Beteiligten obliegenden öffentlichen Aufgabe ist die Zusammenarbeit zur Erfüllung einer oder mehrerer gemeinsamer Aufgaben im Interesse der Allgemeinheit zu verstehen. Dies liegt auch dann vor, wenn die Aufgabe komplett auf eine jPdöR übertragen wird.[9]

 
Praxis-Beispiel

Übertragung einer Aufgabe

Gemeinde A übernimmt auf Grundlage einer langfristigen öffentlich-rechtlichen Vereinbarung in Gänze die Aufgaben, die bisher vom Bauhof der Gemeinde B wahrgenommen wurden.

c) Leistungen, die ausschließlich gegen Kostenerstattung er...

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