Leitsatz

Die an Kassenpatienten von einer Internet-Apotheke gezahlten "Aufwandsentschädigungen" für die Mitwirkung dieser Patienten an ihrer von der Apotheke berufsrechtlich geschuldeten Beratung mindert nicht die Bemessungsgrundlage der steuerpflichtigen Versandhandelsumsätze gegenüber den Privatpatienten.

 

Normenkette

§ 17 UStG

 

Sachverhalt

Die Antragstellerin betreibt in den Niederlanden eine Internet-Apotheke. Sie versendet Medikamente in das Inland an Kunden, die entweder privat oder bei einer gesetzlichen Krankenkasse versichert sind. Sie sagte den Patienten für die Beantwortung von Fragen zu ihrer Erkrankung und für die Übersendung eines Rezeptes eine "Aufwandsentschädigung" in Höhe bis zu 15 EUR und von 1 EUR pro Rezeptübersendung zu.

Die Antragstellerin ging davon aus, dass ihre Lieferungen an privat krankenversicherten Personen (Privatpatienten) gemäß § 3c UStG im Inland steuerpflichtig waren und dass es sich bei den als Aufwandsentschädigung geleisteten Zahlungen um Entgeltminderung nach § 17 UStG handelte.

Bei den von gesetzlich krankenversicherten Personen (Kassenpatienten) veranlassten Medikamentenlieferungen handelte es sich demgegenüber entsprechend dem Sachleistungsprinzip des § 2 Abs. 2 SGB V um in den Niederlanden steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen an gesetzliche Krankenkassen. Da sie insoweit keine im Inland steuerpflichtigen Leistungen erbrachte, ging sie davon aus, dass sie die an die Kassenpatienten gezahlten Aufwandsentschädigungen als Entgeltminderung bei den Lieferungen an die Privatpatienten behandeln könne. Dem folgten zunächst das Finanzamt und das Finanz­gericht (FG Düsseldorf, Urteil vom 3.11.2014, 1 V 2937/14 A[U]) nicht.

 

Entscheidung

Nach dem Beschluss des BFH ist es nicht ernstlich zweifelhaft, dass der Klägerin kein Minderungsanspruch zusteht, sodass der Antrag auf Vollziehungsaussetzung ohne Erfolg blieb.

 

Hinweis

1. Ändert sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz, hat der leistende Unternehmer nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG den dafür geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen. Für eine derartige Entgeltänderung muss es zu einer Änderung der Aufwendungen kommen, die der Leistungsempfänger tätigt, um die Leistung zu erhalten (vgl. § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG).

2. Liefert ein Apotheker ein Medikament an einen Privatpatienten und gewährt er ihm im Zusammenhang mit dieser Lieferung einen Rabatt, handelt es sich um eine Entgeltminderung i.S.v. § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG.

3. Liefert der Apotheker entsprechend dem sozialversicherungsrechtlichen Sachleistungsprinzip des § 2 Abs. 2 SGB V ein Medikament an eine gesetzliche Krankenkasse, kann eine dem Kassenpatienten gewährte Vergünstigung nur zu einer Minderung des Entgelts für die Lieferung an die gesetzliche Krankenkasse führen. Eine Entgeltminderung für andere Lieferungen, wie etwa Lieferungen an Privatpatienten, kann sich hieraus nicht ergeben.

4. Bei grenzüberschreitenden Lieferungen zeigt sich dies besonders deutlich.

a) Liefert die Apotheke aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet an Privatpatienten im Inland, liegen unter den Bedingungen des § 3c UStG im Inland steuerpflichtige Versandhandelsumsätze vor. Die Regelungen für innergemeinschaftliche Lieferungen gelten nicht.

b) Liefert die Apotheke an die gesetzlichen Krankenkassen, sind die Lieferungen im Abgangsmitgliedstaat als innergemeinschaftliche Lieferungen steuerfrei, während die gesetzliche Krankenkasse zur Erwerbsbesteuerung nach § 1a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b UStG verpflichtet ist. Es besteht keine Möglichkeit, eine Rabattgewährung an den Kassenpatienten als Entgeltminderung bei einem im Inland steuerpflichtigen Umsatz zu berücksichtigen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 24.2.2015 – V B 147/14

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