Leitsatz

Umsätze aus dem Verkauf von Listen mit persönlichen Angaben von kontaktsuchenden Personen (sog. Kontaktlisten), die für eine unbestimmte Anzahl von Interessenten hergestellt werden, unterliegen als Lieferungen von Druckerzeugnissen dem ermäßigten Steuersatz.

 

Normenkette

§ 12 Abs. 1 und 2 Nr. 1 UStG 1993 i.V.m. Nr. 49 Buchst. a der Anlage zum UStG, § 3 Abs. 1 und 9 UStG 1993

 

Sachverhalt

Die Klägerin bot interessierten Damen eine kostenlose Partnervermittlung an. Die Damen trugen in einen Aufnahmebogen ihre persönlichen Daten (Adresse, Telefonnummer, Alter, Größe, Figur, Haarfarbe, Familienstand, Kinder) sowie ihre Wünsche hinsichtlich des gesuchten Partners ein.

Die Klägerin erstellte daraus sog. Kontaktlisten. Sie bot die Listen unter Angabe ihrer Telefonnummer in Zeitschriften zum Verkauf an (Preis im Streitjahr 1997: 385 DM). Die Listen wurden regelmäßig aktualisiert.

Die Klägerin beantragte für die aus dem Verkauf der Listen erzielten Umsätze den ermäßigten Steuersatz von 7 % gem. § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Nr. 49a der Anlage zum UStG. Das FA lehnte dies ab.

Das FG wies die Klage mit der Begründung ab, dass nicht die Lieferung des Druckerzeugnisses, sondern die Verschaffung von Kontaktmöglichkeiten mit heiratswilligen Partnerinnen den wirtschaftlichen Gehalt ihrer Leistung ausmache (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 24.07.2007, 12 K 50/06, Haufe-Index 1917620, EFG 2008, 652).

 

Entscheidung

Die Revision der Klägerin hatte Erfolg. Der BFH nahm aus den Gründen, die sich aus den Praxis-Hinweisen ergeben, die Lieferung eines Druckerzeugnisses an.

 

Hinweis

1. Gem. § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1993 ermäßigt sich die Steuer u.a. für Lieferungen der in der Anlage zum UStG bezeichneten Gegenstände auf 7 %.

Nach Nr. 49 der Anlage gehören dazu Bücher, Zeitungen und andere Erzeugnisse des grafischen Gewerbes, und zwar a) Bücher, Broschüren und ähnliche Drucke, auch in losen Bogen oder Blättern (ausgenommen kartonierte, gebundene oder als Sammelbände zusammengefasste periodische Druckschriften, die überwiegend Werbung enthalten).

2. Mit der Übersendung der im Besprechungsfall zu beurteilenden sog. Kontaktliste wird eine einheitliche Leistung erbracht, die sowohl Lieferelemente als auch Elemente einer sonstigen Leistung enthält. Der Erwerber erhält die Verfügungsmacht über die Liste (§ 3 Abs. 1 UStG), die die von der Klägerin ermittelten Daten heiratswilliger Damen enthält, die sich mit einer Kontaktaufnahme einverstanden erklärt haben. Der Erstellung der Liste sind damit Dienstleistungen der Klägerin (§ 3 Abs. 9 S. 1 UStG) vorangegangen.

Welches der Elemente bei einer einheitlichen Leistung qualitativ überwiegt, beurteilt sich aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers. Danach überwiegt bei Druckerzeugnissen das Dienstleistungselement, wenn darin eine auf die individuellen Wünsche und Bedürfnisse des Erwerbers zugeschnittene Dienstleistung verkörpert wird. Dementsprechend hat der BFH ein ausgedrucktes Computerhoroskop aufgrund der persönlichen Lebensdaten des Bestellers als sonstige Leistung beurteilt (BFH, Urteil vom 23.08.1990, V R 28/85, BFH/NV 1993, 63).

Dagegen dominiert das Lieferelement, wenn es sich um ein für eine unbestimmte Anzahl von Interessenten bestimmtes "fertiges" Produkt handelt. Dies trifft z.B. für Zeitschriften oder Bücher zu.

3. Ein Druckerzeugnis kann auch als unselbstständige Nebenleistung zu einer Dienstleistung anzusehen sein. Dies hat der V. Senat des BFH für eine Seminarbroschüre angenommen (BFH, Urteil vom 17.04.2009, V R 39/05, BFH/NV 2008, 1712).

4. Die im Besprechungsfall verkauften Kontaktlisten waren nicht gem. den individuellen Wünschen der jeweiligen Erwerber, sondern für eine unbestimmte Anzahl kontaktsuchender Herren erstellt worden. Sie unterschieden sich insoweit nicht von Adress- oder Telefonbüchern, die nach allgemeiner Ansicht Druckerzeugnisse i.S.d. Nr. 49 Buchst. a der Anlage zum UStG sind. Die Listen waren auch keine unselbstständige Nebenleistung zu einer sonstigen Dienstleistung. Denn der einzige Kontakt der Klägerin zu den Erwerbern der Kontaktlisten bestand in dem Telefonat, in dem nähere Angaben zum Inhalt der Kontaktliste, deren Preis und den Zahlungsmodalitäten gemacht wurde.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 13.05.2009 – XI R 75/07

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