Rz. 2

Die Abgrenzung des Umlaufvermögens vom Anlagevermögen ist aus mehreren Gründen von Bedeutung:

  • für beide Vermögenskategorien gelten verschiedene Ansatz- und Bewertungsvorschriften;
  • die Ergebnisse einer finanz- oder liquiditätsorientierten Bilanzanalyse werden entscheidend von den Größen Anlage- und Umlaufvermögen beeinflusst, da Anlagevermögen regelmäßig als langfristig gebundenes Vermögen angesehen wird, während das Umlaufvermögen – ganz oder in Teilen – in das Working Capital eingeht;
  • in der Steuerbilanz sind steuerliche Subventionen wie Sonderabschreibungen, Investitionszulagen und steuerfreie Rücklagen meist nur für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens gewährt und
  • Gewinne aus der Veräußerung von Umlaufvermögen im Zusammenhang mit einer Betriebsaufgabe rechnen u. U. nicht zum steuerbegünstigten Veräußerungsgewinn.[1]

2.1 Beurteilungszeitpunkt

 

Rz. 3

Ob ein Vermögensgegenstand dem Umlauf- oder Anlagevermögen zuzurechnen ist, ist aufgrund des Stichtagsprinzips erstmals zum Bilanzstichtag des Zugangsjahrs unter Berücksichtigung ansatz- und wertaufhellender Umstände zu prüfen.[1] Damit ist jedoch keine endgültige Zuordnung getroffen, vielmehr ist diese Prüfung an jedem folgenden Bilanzstichtag zu wiederholen, da es möglich ist, dass sich die Zweckbestimmung eines Gegenstands ändert. Beispielsweise kann eine ursprünglich dem Anlagevermögen zugerechnete Maschine infolge Stilllegung eines Fertigungsbereichs im Vorratsvermögen zum Verkauf angeboten werden, umgekehrt ein ursprünglich zur Veräußerung hergestellter und als Umlaufvermögen bilanzierter Gegenstand im Betrieb eingesetzt und somit dauerhaft genutzt werden. Gleiches gilt im Falle der Vermietung ursprünglich zum Verkauf bestimmter Waren, die im Zeitpunkt der Vermietung vom Umlauf- ins Anlagevermögen wechseln.[2]

2.2 Abgrenzung zum Sachanlagevermögen

 

Rz. 4

Zur Abgrenzung zwischen Umlauf- und Anlagevermögen ist auf die vorstehende Definition des § 247 Abs. 2 HGB abzustellen. Maßgebendes Abgrenzungskriterium ist die Zweckbestimmung eines Vermögensgegenstands, die sich zum einen aus der Art und Verwendung eines Gegenstands und zum anderen aus dem Willen des Bilanzierenden ableiten lässt.

Zunächst spricht die Zugehörigkeit eines Vermögensgegenstands zu einer der im Bilanzgliederungsschema des § 266 Abs. 2 HGB aufgeführten Vermögenskategorien für seine Zuordnung zum Anlage- oder Umlaufvermögen.[1] Kann danach keine eindeutige Zuordnung getroffen werden, entscheidet die betriebliche Funktion des Gegenstands über seine Zugehörigkeit zum Anlage- oder Umlaufvermögen. In Anlehnung an die steuerliche Rechtsprechung[2] kann zwischen Gebrauchsgütern und Verbrauchsgütern unterschieden werden. Erstere rechnen zum Anlagevermögen, Zweitere dagegen zum Umlaufvermögen. Gebrauchsgüter sind Nutzungs- und Abnutzungsgüter, deren Existenz die Aufrechterhaltung der Produktionsbereitschaft sichert. Im Gegensatz dazu stehen Verbrauchsgüter lediglich einmal für einen Nutzungsvorgang zur Verfügung. Diese zunächst recht eindeutig erscheinende Abgrenzung kann im konkreten Fall dann doch schwierig sein, etwa bei Formen, Werkzeugen, Modellen und anderen Vorrichtungen, die bei der Durchführung eines Kundenauftrags innerhalb kurzer Zeit technisch oder wirtschaftlich verbraucht werden.[3] Die betriebliche Funktion eines Gegenstands ergibt sich einerseits aus seiner tatsächlichen Verwendung im Betrieb, andererseits aus dem Unternehmenszweck. Sowohl Verwendung als auch Unternehmenszweck werden letztlich vom Willen des Bilanzierenden bestimmt. Insoweit handelt es sich um objektive Kriterien, die von einer subjektiven Entscheidung abhängig sind.[4]

Deutlich wird die Bedeutung dieser Kriterien anhand des folgenden Beispiels:

 
Praxis-Beispiel

Zuordnung bebauter Grundstücke

Bebaute Grundstücke zählen nach § 266 Abs. 2 HGB grundsätzlich zum Sachanlagevermögen. Ist Unternehmenszweck jedoch die Errichtung und Veräußerung von Immobilien, rechnen Grund, Boden und Gebäude, die zur Veräußerung bestimmt sind, zum Umlaufvermögen. Sowohl der Unternehmenszweck als auch die Veräußerungsabsicht beruhen auf einer Entscheidung des Bilanzierenden, der sich andererseits aber auch dazu entschließen kann, ein selbst erstelltes Gebäude – etwa als Bürogebäude – betrieblich zu nutzen und dem Anlagevermögen zuzuordnen.

 

Rz. 5

Auch wenn in der Definition des Anlagevermögens darauf abgestellt wird, dass ein Gegenstand dem Betrieb "dauernd" dient, kann nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass eine nur kurzfristige Verwendung automatisch eine Zuordnung zum Umlaufvermögen nach sich zieht. Das Kriterium "dauernd" enthält keinen konkreten Zeitbegriff, etwa dergestalt, dass Vermögensgegenstände mit einer (Rest-)Nutzungsdauer von weniger als einem Jahr zum Umlaufvermögen zählen. Kurzlebige oder gebraucht erworbene Vermögensgegenstände mit einer derar...

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