Leitsatz

Überlässt der Unternehmer einem Geschäftsführer unentgeltlich einen Wohn-Pavillon einschließlich Einrichtung, liegt dies auch dann nicht im überwiegend unternehmerischen Interesse, wenn einkommensteuerrechtlich die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung gegeben wären.

 

Normenkette

§ 3 Abs. 9a Nr. 2, § 15 UStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH, betrieb einen Möbeleinzelhandel. Die Gesellschafter-Geschäftsführer wohnen über 500 km vom Geschäftssitz entfernt. Die Klägerin mietete in der Nähe ihres Geschäftssitzes drei Pavillons mit Schlafbereich, Küche und Wohnzimmer und einer Gesamtgröße von 209 qm an und stellte die Pavillons unentgeltlich ihren Gesellschafter-Geschäftsführern zur Verfügung. Die Klägerin hatte die Pavillons mit Inventar ausgestattet und die Energiekosten übernommen. Das Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug aus den Inventarkosten, da die Wohnungsüberlassung nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfrei sei. Demgegenüber gab das Finanzgericht (Niedersächsisches FG, Urteil vom 22.8.2013, 16 K 313/11) der Klage teilweise statt. Es liege zwar keine steuerfreie Vermietung vor, die den Vorsteuerabzug ausschließe. Die Klägerin habe aber eine unentgeltliche Wertabgabe zu versteuern.

 

Entscheidung

Der BFH hob die Entscheidung der Vorinstanz auf und wies der Klage ab. Die Entnahmebesteuerung, die vorzunehmen sei, stehe dem Vorsteuerabzug entgegen. Nach den Feststellungen des FG war zudem die Möglichkeit einer entgeltlichen Überlassung im Rahmen eines tauschähnlichen Verhältnisses im Zusammenhang mit der Arbeitsleistung auszuschließen.

 

Hinweis

1. Der Vorsteuerabzug setzt voraus, dass der Unternehmer die Leistung für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet. Zwischen Eingangs- und Ausgangsleistung muss ein unmittelbarer und direkter Zusammenhang bestehen.

2. Bezieht der Unternehmer eine Leistung, bei der er bereits von vornherein beabsichtigt, diese nicht für seine wirtschaftliche Tätigkeit, sondern für eine unentgeltliche Wertabgabe (Entnahme) i.S.d. § 3 Abs. 9a UStG zu verwenden, steht die Leistung nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit seiner wirtschaftlichen Tätigkeit. Dabei ist wie folgt zu unterscheiden:

a) Der Unternehmer ist zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn er als Arbeitgeber anlässlich einer Dienstreise oder einer sonstigen Auswärtstätigkeit seine Arbeitnehmer z.B. in Hotels unterbringt. Da die Übernachtung im überwiegenden betrieblichen Interesse des Arbeitgebers erfolgt und es sich um die Befriedigung eines durch die unternehmerische Tätigkeit veranlassten zusätzlichen Wohnbedarfs handelt, wird das private Wohnbedürfnis durch unternehmensbezogene Gründe überlagert, sodass keine Entnahme aus unternehmensfremden Gründen vorliegt. Dies entspricht der Rechtsprechung des EuGH zur Sammelbeförderung von Arbeitnehmern zum Arbeitsplatz (EuGH-Urteil vom 16.10.1997, C‐258/95, Fillibeck, Slg. 1997, I‐5577). Danach dient die unentgeltliche Beförderung von Arbeitnehmern von der Wohnung zur Arbeitsstätte durch den Arbeitgeber grundsätzlich dem privaten Bedarf der Arbeitnehmer und damit unternehmensfremden Zwecken. Anders ist es aber, wenn besondere Umstände wie z.B. wechselnde Arbeitsstätten vorliegen.
b) Bezieht der Unternehmer dagegen Leistungen von vornherein zum Zwecke einer unentgeltlichen Wertabgabe, die nicht (wie bei einer Dienstreise oder Einsatzwechseltätigkeit) durch überwiegend unternehmerische Zwecke bedingt ist, besteht kein Recht auf Vorsteuerabzug. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn der Unternehmer für einen Geschäftsführer oder anderen Arbeitnehmer langfristig eine Wohnung bereit hält und damit das private Wohnbedürfnis deckt. Ob es sich dabei für den Unternehmer einkommensteuerrechtlich um eine doppelte Haushaltsführung handelt, ist unerheblich. Anders ist allenfalls dann, wenn sich die Wohnung innerhalb eines Betriebsgebäudes befindet und der Unternehmer das gesamte Gebäude einschließlich der Privaträume dem Unternehmen zuordnen kann.
 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 8.10.2014 – V R 56/13

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