Leitsatz

Überträgt eine AG ihr operatives Geschäft im Wege der Ausgliederung nach § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG auf eine KG, so geht ein gewerbesteuerlicher Verlustvortrag der AG jedenfalls dann nicht auf die KG über, wenn sich die AG fortan nicht nur auf die Verwaltung der Mitunternehmerstellung bei der KG beschränkt.

 

Normenkette

§ 10a Satz 10, § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Abs. 5 GewStG, § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG, § 1 Abs. 1 Satz 1, § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG, § 176 Abs. 2 AO

 

Sachverhalt

Die im Jahr 2000 gegründete A-AG befasste sich mit der Entwicklung von Hard- und Software. 2009 wurde die A GmbH & Co. KG (KG) gegründet. Die AG war deren alleinige Kommanditistin und Alleingesellschafterin der am Vermögen der KG nicht beteiligten Komplementär-GmbH.

Durch Vertrag vom 30.12.2009 wurde der Geschäftsbetrieb der AG mit Wirkung zum 29.12.2009 (24:00 Uhr) gemäß § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG auf die KG ausgegliedert. Die Ausgliederung, die bis auf die von der AG gehaltenen Beteiligungen alle Aktiva und Passiva umfasste, wurde gemäß § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG zu Buchwerten vorgenommen. Im Betriebsvermögen der AG verblieben die Anteile an drei ausländischen Tochter‐Kapitalgesellschaften, an der KG sowie an der Komplementär-GmbH. Unternehmensgegenstand war nunmehr die Leitung von Unternehmen und die Verwaltung von Beteiligungen. Im Jahr 2011 wurde die AG formwechselnd in die Klägerin umgewandelt, im Jahr 2013 wurde die Komplementär-GmbH auf die Klägerin verschmolzen.

Für das Jahr 2009 (Streitjahr) begehrte die KG die Feststellung eines vortragsfähigen Gewerbeverlustes zum 31.12.2009 von 9.048.896 EUR. Das FA stellte den Gewerbeverlust zum 31.12.2009 zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung in der beantragten Höhe fest. Darin enthalten war ein Betrag von 9.039.441 EUR als "übernommener Gewerbeverlust". Nach einer Außenprüfung erließ es einen geänderten Feststellungsbescheid, durch den es den vortragsfähigen Gewerbeverlust auf nur noch 9.455 EUR feststellte. Einen Antrag auf abweichende Verlustfeststellung aus Billigkeitsgründen (§ 163 AO) lehnte es ab.

Die Klage hatte Erfolg (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 30.1.2017, 10 K 3703/14, Haufe-Index 11200641, EFG 2017, 1604).

 

Entscheidung

Die Revision des FA führte hinsichtlich der Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2009 zur Klageabweisung. Hinsichtlich des Antrags auf abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen verwies der BFH die Streitsache an das FG zurück, weil das FG darüber nicht entschieden hatte.

 

Hinweis

Die Kürzung des Gewerbeertrags um Fehlbeträge vorangegangener Erhebungszeiträume nach § 10a Satz 1 GewStG setzt sowohl die Unternehmensidentität als auch die Unternehmeridentität voraus.

1. Unternehmensidentität besagt, dass der im Kürzungsjahr bestehende Gewerbebetrieb identisch sein muss mit dem Gewerbebetrieb, der im Verlust­entstehungsjahr bestanden hat. Wegen des Objektsteuercharakters der Gewerbesteuer ist es ausgeschlossen, dass Verluste des einen Gewerbebetriebs bei einem anderen Gewerbebetrieb berücksichtigt werden.

Bei einer Personengesellschaft ist darauf abzustellen, ob die tatsächlich ausgeübte gewerbliche Betätigung gleichgeblieben ist.

Bei einer Kapitalgesellschaft, die eine betriebliche Einheit auf einen anderen Rechtsträger überträgt, stellt sich das Problem der Unternehmensidentität nicht, weil deren Tätigkeit nach § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb gilt. Eine Änderung ihrer wirtschaftlichen Betätigung berührt die Unternehmensidentität deshalb nicht.

2. Der Gewerbetreibende muss den Verlust außerdem in eigener Person erlitten haben (Unternehmer­identität). Bei einem Unternehmerwechsel entfällt der Verlustabzug (§ 10a Satz 8 GewStG i.V.m. § 2 Abs. 5 GewStG).

Bei Personengesellschaften hängt die Unternehmeridentität von der Identität der Gesellschafter ab, so beim Gesellschafterwechsel.

Bei einer Kapitalgesellschaft ist die Unternehmer­identität gewahrt, wenn sie trotz eines Umwandlungsvorgangs ihre rechtliche Identität bewahrt hat.

3. Diese allgemeinen Grundsätze trafen hier auf eine gesellschaftsrechtliche Umstrukturierung: Der Verlust war bei einer AG angefallen, die den Geschäftsbetrieb per 29.12.2009 zu Buchwerten auf eine KG ausgegliedert und lediglich verschiedene Beteiligungen zurückbehalten hatte. War dieser Verlust, wie die Klägerin meinte, auf die operativ tätige KG übergegangen oder bei der AG verblieben?

a) Nach § 18 Abs. 1 Satz 2 UmwStG kann der maßgebende Gewerbeertrag der übernehmenden Personengesellschaft nicht um Fehlbeträge der übertragenden Körperschaft i.S.d. § 10a GewStG gekürzt werden. Dieser Ausschluss gilt jedoch nur bei einem Vermögensübergang durch Verschmelzung, Auf- oder Abspaltung sowie den Formwechsel von einer Körperschaft auf eine Personengesellschaft oder natürliche Person. Im Fall der Abspaltung auf eine Personengesellschaft (§ 123 Abs. 2 UmwG) mindern sich verbleibende Verlustvorträge der übertragenden Körperschaft in dem Verhältnis, in dem bei Zugrundelegung des geme...

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