Leitsatz

Freiwillige → Trinkgelder sind → Arbeitslohn i. S. d. § 19 EStG, der bis zu einem Freibetrag von 2400 DM je Kalenderjahr steuerfrei bleibt. Die Besteuerung darüber hinausgehender freiwilliger Trinkgelder ist nicht verfassungswidrig. Eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung ergibt sich auch nicht daraus, dass freiwillige Trinkgelder im Wesentlichen im Hotel- und Gaststättengewerbe von den Finanzämtern der Besteuerung unterzogen werden, während bei Trinkgeldempfängern anderer Branchen dies nicht der Fall ist. Unterschiedliche Vollzugsdefizite bei der Erfassung von Trinkgeldern sowohl innerhalb der Gruppe der Beschäftigten des Hotel- und Gaststättengewerbes, als auch gegenüber bzw. innerhalb der Gruppe der Beschäftigten anderer Branchen kann allein zu keiner verfassungswidrigen Verletzung des Gebots der Besteuerungsgleichheit führen. Maßgebend ist vielmehr, ob sich eine Erhebungsregelung der Verwaltung gegenüber dem Besteuerungstatbestand in der Weise strukturell gegenläufig auswirkt, daß der Besteuerungstatbestand weitgehend nicht mehr durchgeführt werden kann (vgl. „Zins-Urteil” des BVerfG v. 27. 6. 1991, BStBl 1991 II S. 654).

Solche die Erhebung von Steuern auf Trinkgelder beeinträchtigenden Regelungen bestehen nicht. Insbesondere sind keine Maßnahmen oder Bestimmungen vorgesehen, die speziell bei Trinkgeldern die Überprüfung der Angaben des Steuerzahlers behindern oder das der Verwaltung zur Verfügung stehende Ermittlungsinstrument einschränken würden. Es trifft auch nicht zu, dass freiwillige Trinkgelder nur innerhalb des Hotel- und Gaststättengewerbes erfaßt werden, außerhalb jedoch aus tatsächlichen Gründen nicht. Ungewißheiten im Einzelfall ist im Wege der Schätzung Rechnung zu tragen. Auf fehlende Rechtstreue des Steuerschuldners beruhende Schwierigkeiten beim praktischen Vollzug einer Vorschrift sind allein noch kein Grund, Trinkgelder generell von der Besteuerung freizustellen. Würden Steuern auf freiwillig gewährte Trinkgelder nicht erhoben, würde dies andererseits den Anspruch auf Gleichbehandlung derjenigen Arbeitnehmer berühren, die bei gleicher wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit ihren Arbeitslohn in vollem Umfang zu versteuern haben.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 19.02.1999, VI R 43/95

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