Rz. 39

Wie bereits erwähnt, erfolgt eine Erfassung in der Bilanz des Treugebers dann, wenn ihm das wirtschaftliche Eigentum zugerechnet wird, da er neben der Verfügungsmacht über das Treugut auch das Recht auf Aussonderung und Widerspruchsklage besitzt und ggf. auch weiterhin rechtlicher Eigentümer bleibt. Somit werden grundsätzlich Ermächtigungstreuhandverhältnisse in der Bilanz des Treugebers berücksichtigt,[1] jedoch auch Vollrechtstreuhandverhältnisse, die in Form einer Sicherungs- oder Verwaltungstreuhand vorliegen und dem Treugeber die Rechte auf Aussonderung und Widerspruchsklage zugestehen.[2]

 

Rz. 40

Nach umstrittener Ansicht sollen diese Rechte dem Treugeber allerdings nur dann zustehen, wenn ein Treuhandverhältnis im Rechtssinne gegeben ist. Damit verbunden ist jedoch die Frage, wann ein solches Treuhandverhältnis überhaupt vorliegt.[3] So verkündete bspw. das RG vom 10.10.1917, dass nur dann ein Treuhandverhältnis besteht, wenn das Treugut dem Treuhänder direkt durch den Treugeber übergeben wird (sog. Unmittelbarkeitstheorie).[4] Ein Erwerb des Treuguts durch den Treuhänder von einem Dritten für Rechnung des Treugebers könnte dementsprechend nicht als ein solches Treuhandverhältnis klassifiziert werden, wodurch dem Treugeber nicht die Rechte auf Aussonderung und Widerspruchsklage hinsichtlich des Treuguts zustünden, was wiederum auch zum Verlust des wirtschaftlichen Eigentums führen würde.[5] In diesem Fall (sog. Vereinbarungstreuhand) wäre das Treugut in der Bilanz des Treuhänders zu erfassen.[6] Dennoch hätte der Treugeber seinen schuldrechtlichen Anspruch auf Herausgabe gegen den Treuhänder zu aktivieren.[7] Nach dieser Auffassung käme zudem § 251 HGB zur Anwendung, der für Unternehmen aller Rechtsformen explizit eine Berichtspflicht kodifiziert, gem. der Haftungsverhältnisse aus der Bestellung von Sicherheiten für fremde Verbindlichkeiten unter der Bilanz zu vermerken sind, sofern keine entsprechenden Angaben in der Bilanz enthalten sind. Der Bezug der Verwaltungstreuhand zur "Begebung von Sicherheiten für fremde Verbindlichkeiten" ist dabei so zu begründen, dass durch den Ausschluss der Rechte seitens des Treugebers das Treugut zum haftenden Vermögen des Treuhänders zählt.[8]

 

Rz. 41

Insbesondere im Hinblick auf den Herausgabeanspruch gegen den Treuhänder ist jedoch nach h. M. der Ausweis des Treuguts in der Bilanz des Treugebers geboten, da die eben beschriebene Bilanzierungsweise durch Verletzung der Generalnorm die Aussagekraft der Bilanz einschränken würde.[9] Zudem wird die Meinung vertreten, dass es insbesondere bei Offenkundigkeit des Treuhandverhältnisses keinen entscheidenden Unterschied macht, ob der Treuhänder das Treugut unmittelbar vom Treugeber erhalten hat oder nicht,[10] sodass die Argumentation der Möglichkeit des Ausschlusses der genannten Rechte nicht weiter zu vertreten ist.

[1] Vgl. Förschle, Gerhart/Kroner, Matthias: § 246 HGB, in: Ellrott, Helmut u. a.: Beck’scher Bilanz-Kommentar, 7. Aufl., München 2010, Anm. 15.
[2] Hinsichtlich der Sicherungstreuhand ist auf die Angabepflicht gem. § 285 Nr. 1 Buchst. b HGB im Anhang für die Bestellung von Sicherheiten an eigenem Vermögen für eigene Verbindlichkeiten hinzuweisen.
[3] Vgl. Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e. V.: WP-Handbuch, Bd. II, 13. Aufl., Düsseldorf 2008, Rn. H62 f.
[4] Vgl. RG, Urteil v. 10.10.1917, V 159/17, RGZ 91, S. 14. Vgl. auch RG, Urteil v. 9.6.1931, VII 501/30, RGZ 133, S. 87 und Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e. V.: WP-Handbuch, Bd. II, 13. Aufl., Düsseldorf 2008, Rn. H63.
[5] Vgl. RG, Urteil v. 10.10.1917, V 159/17, RGZ 91, S. 14.
[6] Vgl. Rz. 35 ff. Hierbei wird das Treugut jedoch nicht aus der Bilanz des Treugebers ausgesondert, sondern geht unmittelbar in das Vermögen des Treuhänders über bzw. ist bereits dort enthalten. Vgl. Adler, Hans/Düring, Walther/Schmaltz, Kurt (Hrsg.): § 246 HGB, in: Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl., Stuttgart 1995, Rn. 282.
[7] Vgl. Adler, Hans/Düring, Walther/Schmaltz, Kurt (Hrsg.): § 246 HGB, in: Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl., Stuttgart 1995, Rn. 282.
[8] Ergänzungen resultieren insbesondere aus § 268 Abs. 7 HGB für Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften i. S. v. § 264a HGB, wonach die in § 251 HGB bezeichneten Haftungsverhältnisse jeweils gesondert unter der Bilanz oder im Anhang unter Angabe der gewährten Sicherheiten anzugeben sind.
[9] Vgl. Adler, Hans/Düring, Walther/Schmaltz, Kurt (Hrsg.): § 246 HGB, in: Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl., Stuttgart 1995, Rn. 282 und Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V.: WP-Handbuch, Bd. I, 13. Aufl., Düsseldorf 2006, Rn. E39.
[10] Vgl. Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e. V.: WP-Handbuch, Bd. II, 13. Aufl., Düsseldorf 2008, Rn. H83.

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