Rz. 4

Neben den Anschaffungs- oder Herstellungskosten, ggf. vermindert um die Absetzung für die Abnutzung ("Absetzungswert"), ist der Teilwert der wichtigste steuerliche Bewertungsbegriff. Im Handelsrecht kommt er nicht vor. Handelsrechtlich entspricht der steuerrechtlichen Teilwertabschreibung (zusammen mit der AfaA) die Abschreibung auf den beizulegenden niedrigeren Wert nach § 253 Abs. 3 und 4 HGB. Dieser Wert unterscheidet sich vom Teilwert aber u. a. dadurch, dass er keinen Zuschlag für den Unternehmergewinn enthält (vgl. Rz. 25).

Der Teilwert hat eine bedeutsame Rolle für die Steuerbilanz (§ 6 Abs. 1 EStG). Bei den dort in Nrn. 1 und 2 genannten Wirtschaftsgütern kann von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder vom Absetzungswert auf den (niedrigeren) Teilwert übergegangen werden. Außerdem hat er Bedeutung bei der Bewertung von Wirtschaftsgütern, die einem Unternehmen dienen (§ 10 BewG, der den Teilwert in Übereinstimmung mit § 6 EStG definiert).

Güter des Anlagevermögens, die der Abnutzung unterliegen, sind gem. § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG mit den "Anschaffungs- oder Herstellungskosten (...) vermindert um die Absetzungen für Abnutzung (...) anzusetzen". D. h., dass in diesen Fällen die AfA gem. § 7 EStG (inkl. der AfaA nach § 7 Abs. 1 Satz 7 EStG) Vorrang vor einer Teilwertabschreibung hat. Vor der Vornahme einer Teilwertabschreibung ist deshalb zunächst das Erfordernis einer AfaA zu prüfen; erst nach einer ggf. erforderlichen AfaA kann es dann evtl. noch zu einer Teilwertabschreibung kommen. Regelmäßig wird der Absetzungswert (aufgrund einer AfaA) niedriger sein als der Teilwert, sodass es in diesen Fällen zu keiner – zusätzlichen – Teilwertabschreibung kommt.

 
Praxis-Beispiel

Eine zu Beginn des Jahres 01 mit AK von 120.000 EUR erworbene Maschine wird auf 10 Jahre linear abgeschrieben. Die Maschine steht deshalb Anfang des Jahres 06 noch mit einem AB von 60.000 EUR in der Anlagenbuchhaltung. Zum Ende des November 05 erleidet die Maschine einen erheblichen Schaden, sodass ein Sachverständiger nur noch einen Schrottwert von 10.000 EUR feststellt. Da die Maschine jedoch noch in einigen, in diesem Unternehmen benötigten Funktionen arbeitsfähig ist, wird der Teilwert auf 30.000 EUR geschätzt.

Es ist für das Jahr 05 zunächst die reguläre AfA für 11 Monate zu berechnen, die mit 11.000 EUR ermittelt wird. Danach wird der verbleibende Buchwert von 49.000 EUR (60.000 – 11.000) mit einer AfaA (= außerplanmäßigen Abschreibung) von 39.000 EUR auf den Schrottwert von 10.000 EUR herabgesetzt. Für eine Teilwertabschreibung bleibt deshalb kein Raum.

 

Rz. 4a

In den meisten steuerbilanziellen Bewertungsfällen wird der Teilwert als Zielwert aufgrund einer Wertminderung benötigt. In bestimmten Fällen kann der Teilwert jedoch auch als Zugangs- oder Erstansatzwert heranzuziehen sein. Zu den gesetzlichen Anwendungsfällen gehören hier insbesondere die Bewertung von

Hier ist der Teilwert zugleich Ausgangswert für die planmäßige Abschreibung.

Aber auch jenseits eines Eigentumsübergangs kann ein Teilwertansatz notwendig werden. So sind nach dem Wechsel von der Gewinnermittlung nach der Tonnage zum Betriebsvermögensvergleich die Wirtschaftsgüter, die unmittelbar dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr dienen, mit dem Teilwert anzusetzen (§ 5a Abs. 6 EStG) und auf der Grundlage dieses Betrags für die Zeit ihrer betriebsgewöhnlichen Restnutzungsdauer abzuschreiben.[1]

 

Rz. 4b

Der Teilwert gehört zu den schwierigsten und umstrittensten Werten im Steuerrecht. Dies beruht insbesondere auf der Schwierigkeit einer eindeutigen und nachprüfbaren Ermittlung, seiner Streitanfälligkeit und der Parallelität mit ähnlichen Wertgrößen (Teilwert vs. gemeiner Wert, Teilwertabschreibung vs. AfaA). In der Literatur wird deshalb dieser Wert immer wieder kritisch hinterfragt.[2]

[2] So z. B. Kußmaul/Meyering, StB 2007, S. 462 ff.; Wissenschaftlicher Beirat des Fachbereichs Steuer der Ernst & Young Wirtschaftsprüfungsgesellschaft: Stellungnahme zur Abschaffung des Teilwerts, BB 2004, S. 1.

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