Dieses Kapitel greift typische Fragen aus der Praxis auf, die die Autoren nachfolgend aus Sicht der deutschen VP-Dokumentationsregelungen beantworten. Sofern es relevante Unterschiede gibt, wird jeweils eine Differenzierung für den Vor- sowie Nach-BEPS-Zeitraum vorgenommen.

Welche Aufzeichnungen sind für die Erstellung der VP-Dokumentation eines deutschen Unternehmens im Vor-BEPS-Zeitraum gesetzlich vorgeschrieben?

Die VP-Dokumentation für Wirtschaftsjahre beginnend ab 1.1.2003 und vor 1.1.2017 (Vor-BEPS-Zeitraum) hat aus einer landesspezifischen, unternehmensbezogenen Dokumentation zu bestehen. Auch wenn der Begriff "Local File" erst im Rahmen der BEPS-Initiative durch die OECD populär wurde, kann die VP-Dokumentation im Vor-BEPS-Zeitraum auch bereits als Local File bezeichnet werden. In den folgenden Ausführungen wird daher, falls nötig, zwischen dem Local File im Vor-BEPS- sowie Nach-BEPS-Zeitraum unterschieden.

Die generelle Aufzeichnungspflicht für das Local File im Vor-BEPS-Zeitraum im Sinne des § 90 Abs. 3 AO a. F. fordert

  • bei Geschäftsbeziehungen
  • mit ausländischen
  • "nahestehenden" Personen[542],
  • über Art und Inhalt der Geschäftsbeziehungen,
  • inkl. wirtschaftlicher und rechtlicher Grundlagen,
  • zur Dokumentation der Einhaltung des Fremdvergleichsgrundsatzes,

eine VP-Dokumentation zu erstellen. Die konkreten Inhalte des Local Files im Vor-BEPS-Zeitraum sind in der GAufzV 2003 geregelt und werden in Anlage 6 am Ende des Buchs dargestellt.[543]

Welche Auswirkung hat das BEPS-Umsetzungsgesetz auf gesetzliche Regelungen zur Erstellung einer VP-Dokumentation für ein deutsches Unternehmen (Nach-BEPS-Zeitraum)?

Für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2016 beginnen, wird nun in § 90 Abs. 3 AO n. F. zusätzlich geregelt, dass das Local File aus einer Sacherhalts- und Angemessenheitsdokumentation zu bestehen hat.[544] Außerdem wird im Gesetz ergänzt, dass der Zeitpunkt der VP-Bestimmung in dem Local File anzugeben ist.[545] Sofern der Steuerpflichtige ein Local File für ein Unternehmen zu erstellen hat, das Teil einer multinationalen Unternehmensgruppe (Konzern) ist und dieses Unternehmen im vorangegangenen Wirtschaftsjahr mehr als 100 Mio. EUR (unkonsolidierte) Umsatzerlöse erzielt, muss für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2016 beginnen, zusätzlich eine sog. Stammdokumentation ("Master File") erstellt werden.[546]

Während das Local File die relevanten konzerninternen, grenzüberschreitenden Geschäftsvorfälle einer Konzerngesellschaft dokumentiert, ist im Master File ein Überblick über die Art der weltweiten Geschäftstätigkeit sowie die Systematik der Verrechnungspreisbestimmung der Unternehmensgruppe darzulegen. Mit der Aktualisierung der gesetzlichen Norm zu Local und Master File wurde zudem die korrespondierende Gewinnabgrenzungsaufzeichnungsverordnung[547] angepasst. Die GAufzV 2017 regelt somit jeweils die konkreten Inhalte für das Local und Master File im Nach-BEPS-Zeitraum. Insgesamt sollen damit die deutschen VP-Dokumentationsvorschriften an die OECD-Anforderungen angepasst werden.

Bei großen internationalen Konzernen wurde jedoch auch schon im Vor-BEPS-Zeitraum eine Core- bzw. Masterdokumentation für die Gruppe erstellt, auch wenn dies in Deutschland noch nicht gesetzlich vorgeschrieben (aber eben auch nicht verboten) war. Dadurch konnten allgemeine Informationen zum Konzern, die für alle internationalen Unternehmensmitglieder relevant waren, effizient "vor die Klammer" gezogen werden, anstatt dass in jedem Local File die Konzernbeschreibungen vorgenommen und aktualisiert werden.

Konzerne, deren konsolidierte Umsatzerlöse im vorangegangenen Wirtschaftsjahr mindestens 750 Mio. EUR betragen, haben gemäß § 138a AO einen länderbezogenen Bericht ("Country-by-Country Reporting, CbCR") zu erstellen. Das CbCR ist in Deutschland erstmals für Wirtschaftsjahre beginnend ab 1.1.2016 zu erstellen und spätestens innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Wirtschaftsjahres an das Bundeszentralamt für Steuern (wenn die Konzernmuttergesellschaft in Deutschland sitzt) zu übermitteln. Die erstmalige Abgabe des CbCR für 2016 hatte somit in Deutschland bis zum 31.12.2017 zu erfolgen. Auch wenn das CbCR nicht in § 90 Abs. 3 AO n. F., sondern separat in § 138a AO gesetzlich geregelt ist, sollte der Steuerpflichtige das CbCR praktisch als Teil der dreistufigen VP-Dokumentation sehen.

Welche gesetzlichen Fristen sieht der Gesetzgeber zur Erstellung und Abgabe des Local Files im Vor-BEPS-Zeitraum sowie auch des Local und Master Files im Nach-BEPS-Zeitraum vor?

Mit Ausnahme von sogenannten "außergewöhnlichen Geschäftsvorfällen" (siehe unten) besteht in Deutschland für das Local File im Vor-BEPS-Zeitraum wie auch für das Local und Master File im Nach-BEPS-Zeitraum keine Erstellungsfrist. Aber sowohl das Local File im Vor-BEPS-Zeitraum als auch das Local und Master File im Nach-BEPS-Zeitraum sind nach Aufforderung der Finanzverwaltung innerhalb von 60 Tagen der Betriebsprüfung zu übergeben.[548]

Die relativ kurze Lieferfrist von 60 Tagen zeigt s...

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