Zusammenfassung

 
Begriff

Ein Tax Compliance Management System (TCMS) dient der Sicherstellung gesetzeskonformen Verhaltens im Steuerbereich. Es dient außerdem der Minimierung bzw. Vermeidung sowohl finanzieller (in Form von Säumnis- oder Verspätungszuschlägen) als auch strafrechtlicher und reputativer Risiken, die sich aus etwaigen Gesetzesverstößen ergeben könnten.

Einer der Auslöser für die Relevanz der Diskussion um die Erforderlichkeit und Nützlichkeit eines Tax Compliance Management Systems ist die nach Abschaffung der sog. Teilselbstanzeige beobachtete Zunahme der Weiterleitung von Steuererklärungsberichtigungen zur strafrechtlichen Würdigung an die Straf- und Bußgeldstelle bzw. die Staatsanwaltschaft.

In der jüngsten Zeit hat das Thema erneut Relevanz erhalten, da die Finanzverwaltung zunächst im Rahmen eines Pilotverfahrens Unternehmen Erleichterungen im Rahmen der Betriebsprüfung gewähren kann. Voraussetzung dafür ist ein funktionsfähiges TCMS.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

§ 153 AO

§ 153 AEAO zur Berichtigung von Steuererklärungen (eingefügt durch BMF, Schreiben v. 23.5.2016, BStBl 2016 I S. 490).

Art. 97 § 38 EGAO

IDW Praxishinweis 1/2016 vom 31. Mai 2017

Den rechtlichen Rahmen für die Tätigkeit des Steuerberaters im Rahmen der Tax Compliance bildet das Steuerberatungsgesetz (StBerG)

1 Hintergrund

"Das deutsche Steuerrecht mit seinen vielen Ausnahmen und Sonderregeln gilt als eines der kompliziertesten der Welt."[1] Dieses Zitat spiegelt wohl eine sehr weit verbreitete Meinung über das deutsche Steuersystem wider. Doch was genau macht das deutsche Steuersystem so kompliziert und für viele undurchsichtig? Zum einen wäre da die Tatsache, dass es in Deutschland eine große Zahl bekannter aber auch wenig bekannter Steuerarten gibt[2]. Die zugehörigen maßgebenden Vorschriften unterliegen einem stetigen und ständigen Wandel durch den Gesetzgeber. Zum anderen bürdet das Steuerrecht dem Steuerpflichtigen zahlreiche Pflichten auf, die abhängig von der Steuerart und der Person des Steuerpflichtigen allgemein sehr komplex und spezifisch sein können. Wie relevant diese Pflichten vor allem im unternehmerischen Alltag sind, wird deutlich, wenn man sich vor Augen führt, dass ein durchschnittliches deutsches Unternehmen jährlich mehr als 30 steuerrechtlich relevante Erklärungen abgibt.[3] Nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass deutsche Unternehmen zunehmend auch international tätig sind und deshalb zusätzlich an teilweise nicht weniger komplexe Steuergesetze ausländischer Staaten in der unternehmerischen Tätigkeit gebunden sind, besteht trotz großem Pflichtbewusstsein des Erklärenden auf diesem Gebiet eine relativ hohe Fehleranfälligkeit. Da mit solchen Fehlern nicht nur finanzielle Risiken verbunden sind, sondern sich möglicherweise auch strafrechtliche Folgen anschließen und dem Unternehmen bei Bekanntwerden des Fehlers bzw. der Bestrafungen hohe Reputationsverluste drohen, ist die Diskussion über Systeme, die dazu beitragen solche Fehler zu vermeiden, aktuell wie nie.

Jedes Unternehmen muss sich daher die Frage stellen, wie sichergestellt werden kann, dass es trotz der gegebenen Komplexität sowohl die deutschen als auch alle anderen von dem Unternehmen zu beachtenden internationalen steuerrechtlichen Pflichten materiell richtig und fristgerecht erfüllt. Vor diesem Hintergrund wird im Folgenden die Zielsetzung und der Aufbau eines unternehmensinternen Tax Compliance Management Systems erläutert.

Da sich viele Unternehmen aufgrund der Komplexität des Steuersystems der Hilfe eines externen Beraters in Form eines Steuerberaters bedienen, wird zudem dargestellt, welche Pflichten den Steuerberater allgemein und im Rahmen des Tax Compliance Management Systems treffen und wie der Steuerberater bestmöglich in ein Tax Compliance Management System integriert werden kann.[4]

[1] Gotthold/Eckert unter welt.de: "Millionen Deutsche schenken dem Fiskus Geld" (Abruf 12.03.2017).
[2] Für einen Überblick inklusive Aufkommen aus den Steuerarten siehe Monatsbericht des BMF Januar 2022 (Abruf 02.01.2023).
[3] Kromer, in: BB 2013 S. 2903, 2905.

2 Ziele des Tax Compliance Management Systems

Das IDW definiert im "IDW Praxishinweis 1/2016" vom 31. Mai 2017 ein Tax Compliance Management System wie folgt: "Ein Tax Compliance Management System (Tax CMS) ist ein abgegrenzter Teilbereich eines CMS (…), dessen Zweck die vollständige und zeitgerechte Erfüllung steuerlicher Pflichten ist."[1]

Zunächst soll also durch die Implementierung eines funktionsfähigen Tax Compliance Management Systems sichergestellt werden, dass alle relevanten Steuergesetze eingehalten und alle steuerlichen Pflichten, wie die fristgerechte und korrekte Abgabe von Voranmeldungen und Erklärungen, erfüllt werden. Dabei ist zu beachten, dass hier nicht immer dieselben Vorschriften und Pflichten einschlägig sind. Diese ergeben sich vielmehr in Abhängigkeit des Landes der unternehmerischen Aktivität, der Rechtsform, der Organisation etc. und können daher sehr stark variieren.[2] Teil der Zielsetzung kann und sollte aus betriebswirts...

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