"Das deutsche Steuerrecht mit seinen vielen Ausnahmen und Sonderregeln gilt als eines der kompliziertesten der Welt."[1] Dieses Zitat spiegelt wohl eine sehr weit verbreitete Meinung über das deutsche Steuersystem wider. Doch was genau macht das deutsche Steuersystem so kompliziert und für viele undurchsichtig? Zum einen wäre da die Tatsache, dass es in Deutschland eine große Zahl bekannter aber auch wenig bekannter Steuerarten gibt[2]. Die zugehörigen maßgebenden Vorschriften unterliegen einem stetigen und ständigen Wandel durch den Gesetzgeber. Zum anderen bürdet das Steuerrecht dem Steuerpflichtigen zahlreiche Pflichten auf, die abhängig von der Steuerart und der Person des Steuerpflichtigen allgemein sehr komplex und spezifisch sein können. Wie relevant diese Pflichten vor allem im unternehmerischen Alltag sind, wird deutlich, wenn man sich vor Augen führt, dass ein durchschnittliches deutsches Unternehmen jährlich mehr als 30 steuerrechtlich relevante Erklärungen abgibt.[3] Nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass deutsche Unternehmen zunehmend auch international tätig sind und deshalb zusätzlich an teilweise nicht weniger komplexe Steuergesetze ausländischer Staaten in der unternehmerischen Tätigkeit gebunden sind, besteht trotz großem Pflichtbewusstsein des Erklärenden auf diesem Gebiet eine relativ hohe Fehleranfälligkeit. Da mit solchen Fehlern nicht nur finanzielle Risiken verbunden sind, sondern sich möglicherweise auch strafrechtliche Folgen anschließen und dem Unternehmen bei Bekanntwerden des Fehlers bzw. der Bestrafungen hohe Reputationsverluste drohen, ist die Diskussion über Systeme, die dazu beitragen solche Fehler zu vermeiden, aktuell wie nie.

Jedes Unternehmen muss sich daher die Frage stellen, wie sichergestellt werden kann, dass es trotz der gegebenen Komplexität sowohl die deutschen als auch alle anderen von dem Unternehmen zu beachtenden internationalen steuerrechtlichen Pflichten materiell richtig und fristgerecht erfüllt. Vor diesem Hintergrund wird im Folgenden die Zielsetzung und der Aufbau eines unternehmensinternen Tax Compliance Management Systems erläutert.

Da sich viele Unternehmen aufgrund der Komplexität des Steuersystems der Hilfe eines externen Beraters in Form eines Steuerberaters bedienen, wird zudem dargestellt, welche Pflichten den Steuerberater allgemein und im Rahmen des Tax Compliance Management Systems treffen und wie der Steuerberater bestmöglich in ein Tax Compliance Management System integriert werden kann.[4]

[1] Gotthold/Eckert unter welt.de: "Millionen Deutsche schenken dem Fiskus Geld" (Abruf 12.03.2017).
[2] Für einen Überblick inklusive Aufkommen aus den Steuerarten siehe Monatsbericht des BMF Januar 2022 (Abruf 02.01.2023).
[3] Kromer, in: BB 2013 S. 2903, 2905.

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