Die steuerliche Anerkennung der Tantiemevereinbarung erfordert weiterhin, dass die Vereinbarung auch tatsächlich durchgeführt, d. h. nach den vertraglichen Abmachungen verfahren wird. Dies gilt insbesondere für die Auszahlung der Tantieme. Sofern keine abweichende Vereinbarung getroffen wurde, ist die Tantieme mit Feststellung des Jahresabschlusses fällig und sollte unmittelbar ausgezahlt werden, denn aus Unregelmäßigkeiten bei der Auszahlung kann wiederum auf eine verdeckte Gewinnausschüttung geschlossen werden. Enthält die Tantiemevereinbarung dagegen eine abweichende Fälligkeitsregelung, etwa die Auszahlung binnen 3 Monaten nach Bilanzerstellung, ist diese Regelung auch bei einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer steuerrechtlich zu berücksichtigen, da sich auch ein Fremdgeschäftsführer hierauf einlassen würde.[1]

Zu unterscheiden ist, ob eine Auszahlung

  • lediglich mit zeitlicher Verzögerung erfolgt,
  • gänzlich entfällt, der Tantiemeanspruch allerdings in ein Darlehen umgewandelt wird,
  • unterbleibt, weil der Gesellschafter-Geschäftsführer auf den Tantiemeanspruch verzichtet.

Allein eine Verzögerung der Auszahlung – selbst bis zu 12 Monaten nach dem Fälligkeitszeitpunkt – spricht nach Auffassung des BFH[2] noch nicht gegen die tatsächliche Durchführung der Vereinbarung. Allerdings steht und fällt die Ernsthaftigkeit der Tantiemevereinbarung mit der Dauer der Nichtgeltendmachung des Zahlungsanspruchs. Zudem müssen betriebliche Gründe für die Verzögerung der Auszahlung bestehen, und es muss eine entsprechende Verbindlichkeit passiviert werden. Einen bestimmten Zeitraum, innerhalb dessen die verspätete Auszahlung einer Tantieme unschädlich ist, gibt es nicht; es kommt insoweit auf die Umstände des Einzelfalls an.[3] Die jahrelange Nichtauszahlung der Tantieme spricht gegen die Ernsthaftigkeit der Vereinbarung und führt zu einer verdeckten Gewinnausschüttung.[4]

Kann oder soll die Tantieme, z. B. wegen eines sonst bei der GmbH auftretenden Liquiditätsengpasses, nicht ausgezahlt werden, ist zu empfehlen, den Anspruch in ein Darlehen umzuwandeln. Diese Folge tritt allerdings "automatisch" ein, wenn die GmbH zahlungsfähig ist und der Gesellschafter-Geschäftsführer die fällige Tantieme dennoch stundet.[5] Der in solchen Fällen erforderliche Darlehensvertrag sollte frühzeitig – "im Voraus" – abgeschlossen werden und insbesondere Regelungen zur Verzinsung, Laufzeit und ggf. auch Besicherung enthalten; andernfalls droht eine verdeckte Gewinnausschüttung.[6] Die Umwandlung des Tantiemeanspruchs in ein Darlehen führt zwar zur Annahme des Zuflusses beim Gesellschafter-Geschäftsführer und löst entsprechend Lohnsteuer aus, verhindert jedoch eine verdeckte Gewinnausschüttung. Wird zu einem späteren Zeitpunkt rechtswirksam auf das Darlehen verzichtet, führt dieser Verzicht zu einer verdeckten Einlage.[7]

Weniger eindeutig ist die Rechtslage, wenn unmittelbar auf die Tantiemezahlung verzichtet wird. Erfolgt der Verzicht vor Fälligkeit der Tantieme, lässt sich die Auffassung vertreten, dass überhaupt kein Tantiemeanspruch entsteht, folglich keinerlei steuerliche Konsequenzen auftreten. Andererseits hat das FG Saarland im Fall eines im November ausgesprochenen Verzichts auf eine im Dezember fällige Weihnachtsgratifikation entschieden, dass im Umfang des rückwirkenden Verzichts eine verdeckte Einlage vorliege.[8] Der BFH hat dagegen aus einem zeitweisen, ertragsbedingten Verzicht eines beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers auf künftige Gehaltszahlungen auf mangelnde Ernsthaftigkeit der Vereinbarung geschlossen und die Vereinbarung aus diesem Grund nicht anerkannt.[9]

 
Hinweis

Tantiemezufluss beim beherrschenden Gesellschafter-­Geschäftsführer

Dagegen führt der Verzicht eines beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers – anders als der eines Fremdgeschäftsführers[10] – auf eine fällige, aber noch nicht ausgezahlte Tantieme grundsätzlich zu einem entsprechenden Zufluss beim Geschäftsführer[11], was zur Folge hat, dass er die Tantieme im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit versteuern muss[12] und letztlich eine verdeckte Einlage vorliegt. Etwas anderes kann nur gelten, wenn es der GmbH nicht möglich ist, die Tantieme auszuzahlen. Sprechen wirtschaftliche Gründe für den Verzicht auf die fällige Tantieme oder auf einen Teilbetrag der fälligen Tantieme, kann daraus nicht geschlossen werden, dass die Tantiemevereinbarung von Anfang an nicht ernstlich gewollt war; ohne Hinzutreten sonstiger äußerer Umstände kann daher keine verdeckte Gewinnausschüttung angenommen werden.[13]

Selbst wenn der handelsrechtliche Jahresabschluss einer GmbH verspätet festgestellt wurde, fließt dem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer die vertragsgemäß mit Feststellung fällige Gewinntantieme erst in diesem Zeitpunkt, nicht bereits in dem Zeitpunkt zu, in dem die Fälligkeit bei fristgerechter Feststellung des Jahresabschlusses eingetreten wäre. Etwas anderes kann laut BFH[14] nur dann gelten, wenn der Geschäftsführer die ...

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