Leitsatz

Geht ein Unternehmer wegen der vorgetäuschten Identität seines Geschäftspartners davon aus, dass er eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung erbringt, kann er die Steuerfreiheit über die Vertrauensschutzregelung des § 6a Abs. 4 EStG herleiten - sofern er seine Sorgfaltspflichten erfüllt hat.

 

Sachverhalt

Ein deutscher Gebrauchtwagenhändler veräußerte gegen Barzahlung 2 PKW und ging irrtümlicherweise davon aus, dass der Abnehmer eine luxemburgische GmbH war. Infolgedessen nahm er an, dass er eine innergemeinschaftliche Lieferung erbringt und beließ den Umsatz entsprechend steuerfrei. Zu seinen Unterlagen nahm er u. a. ein Schreiben mit dem Briefkopf der luxemburgischen Firma samt einer (gefälschten) Ausweiskopie des vermeintlichen Geschäftsführers, einen Handels- und Gesellschaftsregisterauszug, eine Vollmacht für den Abholer der PKW sowie dessen (gefälschte) Ausweiskopie. Zudem ließ sich der Händler die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer der GmbH über eine einfache Bestätigungsanfrage vom (damaligen) Bundesamt für Finanzen bestätigen. Nachdem die Steuerfahndung aufgedeckt hatte, dass die luxemburgische Firma bereits vor Jahren aufgelöst worden war und die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer nur noch wegen der andauernden Liquidation gültig war, wandte das Finanzamt auf die Lieferung die Regelbesteuerung an. Die wahre Identität der auftretenden Personen konnte nicht geklärt werden.

 

Entscheidung

Das FG urteilte, dass die Lieferung nach der Vertrauensschutzregelung des § 6a Abs. 4 UStG steuerfrei bleibt. Denn die damalige Inanspruchnahme der Steuerbefreiung beruhte auf unrichtigen Angaben des Abnehmers, der Gebrauchtwagenhändler konnte diese Täuschung auch bei Beachtung seiner Sorgfaltspflichten nicht erkennen und hatte zudem alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen, um eine Steuerhinterziehung auszuschließen. Er hatte sich über den Namen und die Anschrift des Geschäftsführers und des Abholers vergewissert, da er sich Ausweiskopien vorlegen ließ. Es kann nicht von ihm erwartet werden - wie das Finanzamt meinte -, dass er die Fälschung der Ausweise wegen des unplausiblen Gültigkeitszeitraums (10 Jahre und einen Tag) hätte erkennen können. Auch die leicht variierenden Unterschriften auf der Korrespondenz und der Ausweise musste der Unternehmer nicht zum Anlass nehmen, die Identität des Abnehmers in Frage zu stellen. Der Händler war insbesondere nicht verpflichtet, noch weitere Erkundigungen über seinen Geschäftspartner einzuholen. Er konnte auch nicht ahnen, dass der Kontakt zu seinem Geschäftspartner über das Faxgerät eines Internetcafés und ein (anonymes) Prepaid-Handy zustande kam.

 

Hinweis

Der Urteilsfall zeigt, dass die Anforderungen an den Vertrauensschutz nicht überspannt werden dürfen. Das FG reduziert die Anforderungen an die Sorgfaltspflichten des Unternehmers auf ein erträgliches Maß und nimmt damit eine unternehmerfreundliche Position ein.

Die Revision ist beim BFH unter dem Az. V R 28/11 anhängig.

 

Link zur Entscheidung

FG Düsseldorf, Urteil vom 17.06.2011, 1 K 3069/09 U

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